Zusammenfassung
Die Verfechter der mechanistischen Weltauffassung sind bei ihren Versuchen, den Mechanismus mit den Tatsachen der Erfahrung in Einklang zu bringen, auf verschiedene Hindernisse gestoßen. Nach der mechanistischen Annahme müssen alle Erscheinungen reversibel sein, während die Erfahrung zeigt, daß viele Erscheinungen irreversibel sind. Es ist vorgeschlagen worden, die anscheinende Irreversibilität der Naturerscheinungen lediglich auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Moleküle für unsere groben Sinne zu klein und zu zahlreich sind, um mit ihnen umgehen zu können, wenn auch ein „Maxwellscher Dämon“so verfahren könnte und daher in der Lage wäre, die Irreversibilität zu verhindern.
Die kinetische Gastheorie stellt bis jetzt den ernsthaftesten Versuch dar, mechanistische Weltauffassung und Erfahrung miteinander zu versöhnen, sie sieht sich aber noch der Schwierigkeit gegenüber, daß ein mechanisches System nicht einem permanenten Endzustand zustreben kann, sondern immer wieder gelegentlich zu einem sehr nahe bei seinem Anfangszustand gelegenen Zustand zurückkehren muß (Arbeit 5). Diese Schwierigkeit kann nur überwunden werden, wenn man die Annahme zuläßt, daß das Weltall nicht irreversibel gegen einen Endzustand strebt, wie es durch die Erfahrung nahegelegt zu werden scheint, sondern sich von Zeit zu Zeit selbst erneuert und den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik umkehrt.
Ursprünglich veröffentlicht unter dem Titel „Le mécanisme et l’expérience“in: Rev. Métaphys. Morale 1 (1893) 534–537.
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© 1970 Friedr. Vieweg + Sohn GmbH, Verlag, Braunschweig
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Poincaré, H. (1970). Mechanistische Weltauffassung und Erfahrung. In: Kinetische Theorie II. WTB Wissenschaftliche Taschenbücher, vol 67. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-84986-1_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-84986-1_7
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-528-06067-1
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