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Was ist und zu welchem Ende studieren wir Internationale Politik?

Kritik der Internationalen Politik als Rationalisierung der Unvernunft

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Was heißt und zu welchem Ende betreiben wir Politikwissenschaft?
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Zusammenfassung

Nicht nur im Kanon der systematischen, also der philosophischen und wissenschaftlichen Klärung des Politischen, deren Spätgeburt die Politikwissenschaft als akademisch verschulte Disziplin ist, sondern auch innerhalb dieser Disziplin selbst ist das systematische Studium von Staatsverhältnissen erst spät auf den Plan getreten oder gerufen worden. Die Politikwissenschaft, deren Gegenstand die Entstehungsbedingungen und der Gebrauch der Macht von Menschen über Menschen ist, kann, in Europa jedenfalls, auf eine Tradition zurückblicken, die zumindest bis in die griechische Antike zurückreicht; die Internationale Politik, deren Gegenstand Machtverhältnisse und Machtbeziehungen zwischen organisierten Kollektiven ist, hat eine unvergleichlich kürzere Ahnenreihe von nur wenigen hundert Jahren: als institutionalisierte Teildisziplin besteht sie erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts und akademisch voll anerkannt ist sie z.B. in der Bundesrepublik sogar erst seit Mitte der 60er Jahre. Nicht, daß es nicht schon in der Antike „internationale Beziehungen“, Außenpolitiken der Stadt-Staaten oder der Großreiche gegeben hätte — aber sie wurden wahrgenommen und praktiziert als Politik von jeweiligen Mächtigen, von Königen und Dynastien (oder Oligarchien unter- bzw. gegeneinander, nicht jedoch als Konfrontation von organisierten Kollektiven. Die Völker waren da immer austauschbares Fußvolk. Erst mit der Konsolidierung, Verrechtlichung und Bürokratisierung der Macht von Menschen über Menschen im Modernen Staat, also erst seit der (europäischen) Neuzeit des 16. und 17. Jahrhunderts gibt es die Internationalen Beziehungen als strukturierte Machtbeziehungen zwischen organisierten Kollektiven. Als Gegenstand systematischer Forschung und Lehre traten die Internationalen Beziehungen auf den Plan unter dem Namen „Völkerrecht“ als Reaktion auf den „30-jähriger-Krieg“ genannten Völkermord, um nach dem nächsten katastrophalen Zusammenbruch der europäischen Staatenpolitik, dem Großen Krieg von 1914–1918 dann als sozialwissenschaftliche Disziplin auf breiterer Basis rekonstruiert zu werden. Es bedurfte jedoch noch einer weiteren Politik-Katastrophe, des Zweiten Weltkriegs, um der Disziplin auch akademisch zum Durchbruch und zu universitärer Anerkennung zu verhelfen. Das Interesse an einer Aufhellung, einer Klärung des so offensichtlich gefährdeten und gefährlichen Feldes der Staatenbeziehungen kam dabei immer von „oben“, von den Machtträgern, den Herrschenden, und ihr Erkenntnisinteresse war das der Rationalisierung, der Kontrolle, der besseren Instrumentalisierung verfügbarer Gewaltpotentiale. — In dieser äußerst verkürzten Synopse der Genesis der Internationalen Beziehungen als Wissenschaft ist bereits die Antwort enthalten auf die Frage: „Was ist — und zu welchem Zweck studieren wir — Internationale Politik“, oder doch jedenfalls die Antwort auf die ihr vorgelagerte, institutionell vorgegebene Frage: „Warum besteht ein öffentliches, ein staatliches Interesse am Studium der internationalen Politik und zu welchem Zwecke soll sie gelehrt und studiert werden“?

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© 1989 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Krippendorff, E. (1989). Was ist und zu welchem Ende studieren wir Internationale Politik?. In: Albrecht, U., Altvater, E., Krippendorff, E. (eds) Was heißt und zu welchem Ende betreiben wir Politikwissenschaft?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-84139-1_11

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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