Zusammenfassung
Die mikroelektronische Revolution ist von epochaler Bedeutung. So scheint es jedenfalls in den Massenmedien und in den Untersuchungen und Voraussagen der Wissenschaft. Die bisher unlösbaren Probleme der Menschheit sollen überwunden und die menschliche Lebensweise von Grund auf umgewandelt werden.1 Wie urteilt die Philosophie über diesen letzten Abschnitt der modernen Technik? Es überrascht vielleicht, wenn ich behaupte, daß die Philosophie in der Begegnung mit der modernen Technik eher die Rolle des Angeklagten als die des Richters spielt. In den Vereinigten Staaten jedenfalls hat die vorherrschende Strömung in der Philosophie so gut wie nichts über die Technik zu sagen.2 Das ist natürlich nicht die Folge eines einfachen Versehens. Es hängt vielmehr mit der eigentümlichen Weise zusammen, in der die Technik sowohl offensichtlich wie auch verborgen ist; und es hängt weiterhin zusammen mit der Annahme der gängigen Philosophie, daß die Technik ein abgeleitetes Phänomen sei und sich von selbst erkläre, sobald die fundamentalen philosophischen Probleme bereinigt seien. Diese Annahme steht selber, so scheint es mir, unter der Herrschaft der Technik. Aber diesen Vermutungen kann ich hier nicht nachgehen. Stattdessen nehme ich für die vorliegenden Betrachtungen folgendes an: Die mikroelektronische Revolution hat tiefe Unruhe gestiftet und enorme Aufmerk-samkeit auf sich gelenkt, während die Philosophie im öffentlichen und nationalen Gespräch der Vereinigten Staaten kaum zu hören ist. Das kann vielleicht als Anstoß dazu genügen, die mikroelektronische Revolution eigens zu bedenken.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Siehe z.B. die Titelgeschichten in Newsweek, 30. Juni 19S0, und Time, 8. Dezember 1980. Ein signifikantes Anzeichen war die Entscheidung von Time, für 1982 nicht einen Mann, sondern eine “Maschine des Jahres”, nämlich den Computer, zu feiern. Siehe die Ausgabe vom 3. Januar 1983.
Bemerkenswerte Ausnahmen hinsichtlich der Computertechnik sind Hubert L. Dreyfus, What Computers Can’t Do, 2. Aufl. (New York, 1979) und Daniel C. Dennett, Brainstorms (Montgomery, Vt., 1978 ). Eine Anzeige dafür, wie die Philosophie die Technik im allgemeinen übersieht, ist der Mangel jeden Hinweises auf die Technik in Richard T. DeGeorge, The Philosopher’s Guide to Sources, Research Tools, Professional Life, and Related Fields ( Lawrence, Kans., 1980 ).
Siehe Daniel Bell, “The Social Framework of the Information Society”, in The Microelectronics Revolution, hg. von Tom Forester ( Cambridge, Mass., 1981 ), S. 509.
Siehe Otto von Simpson, The Gothic Cathedral ( Princeton, N. J., 1974 ).
Vgl. Alvin Tofflers Darstellung davon, wie schnell und leicht er einen kleinen Computer, den er als Wortprozessor gebrauchte, zu meistern lernte, in The Third Wave (New York, 1981), S. 189.
Siehe Time, 8. Dezember 1980, S. 83; vgl. Newsweek, S. 51 und 56 und Toffler, S. 155–67, 380–91 und passim.
Siehe Business Week, 9. Juni 1980, S. 63, und Time, S. 78.
Siehe Francis Bacon, The New Organon and Related Writings, hg. von Fulton H. Anderson (Indianapolis, 1960), S. 16, und René Descartes, Discourse on Method übers, von Laurence J. Lafleur (Indianapolis, 1956), S. 40.
Historische Darstellungen sind zu finden bei Hugo A. Meier, “Technology and Democracy, 1800–1860”, Mississippi Valley Historical Review, XLIII (1957), 618–40, und Eugene Ferguson, “The American-ness of American Technology”, Technology and Culture, XX (1979), 3-24. Ein klassisches Beispiel aus der Gegenwart steht im Wall Street Journal, 13. April 1976, S. 11, wo Jerome B. Wiesner in einer Reklame von U. S. Steel die Verheißung der Technik proklamiert.
Siehe Harry Braverman, Labor and Monopoly Capital (New York, 1974) und Louis E. Davis und Albert B. Cherns, The Quality of Working Life, 2 Bde. ( New York, 1975 ).
Siehe John P. Robinson, How Americans Use Time (New York, 1977), S. 102 und 107.
Siehe Daniel Yankelovich, New Rules (Toronto, 1982), S. 18.
Siehe Information Please Almanac, hg. von Ann Golenpaul (New York, 1975), S. 80 und 87.
Siehe Bernard Gendron und Nancy Holmstrom, “Marx, Machinery, and Alienation”, Research in Philosophy and Technology, II (1979), S. 120.
Ebenda, S. 63; siehe auch Colin Norman, Microelectronics at Work (Washington, D.C., 1980), S. 29–40, und F. Byrnes “Mikroelektronik und Arbeiterrechte” in diesem Band.
Siehe Part 2 in The New York Times Magazine vom 27. September 1981, der dem “Wohnen mit der Elektronik” gewidmet war, und Tofflers Buch, das in Anm. 5 zitiert ist.
Vgl. Joe Weizenbaum, “Once More, the Computer Revolution”, in Forester, S. 550–70.
Siehe Tony Schwartz, “The TV Pornography Boom”, The New York Times Magazin, 13. September 1981, S. 44, 120–22, 127, 129, 131–32, 136.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1986 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig
About this chapter
Cite this chapter
Borgmann, A. (1986). Philosophische Betrachtungen zur mikroelektronischen Revolution. In: Huning, A., Mitcham, C. (eds) Technikphilosophie im Zeitalter der Informationstechnik. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-84054-7_10
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-84054-7_10
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
Print ISBN: 978-3-528-08545-2
Online ISBN: 978-3-322-84054-7
eBook Packages: Springer Book Archive