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Zur Metapsychologie und Metatheorie der Psychoanalyse

„Körper“ und „Sinne“ als antinomische Grundkategorien der Psychoanalyse - Die soziale Konstituierung des Triebs

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Soziale Codierung des Körpers
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Zusammenfassung

Worum geht es in diesem zweiten Teil der Untersuchung? Was „soziale Codierung des Körpers“, „Körper und System“ bedeutet, läßt sich nicht mit einer einfachen Formel sagen. Die einfachste Antwort wäre der Verweis auf den hier zu untersuchenden Gegenstandsbereich: dann würde es sich um die Untersuchung des wissenschaftstheoretischen Status der Psychoanalyse handeln (in der Fassung, die Freud ihr gegeben hat), d.h. es wäre eine Untersuchung zur Metatheorie und damit gleichzeitig zur Metapraxis der Psychoanalyse. Bei dieser Bestimmung des Gegenstandsbereichs wäre freilich noch ausge- klammert, aus welcher Perspektive und mit welchem Erkenntnisinteresse diese Untersuchung durchgeführt wird.

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Reference

  1. Wir werden im folgenden abgekürzt von Systemtheorie sprechen, wobei wir uns darüber im klaren sind, daß die Systemtheorie selbstverständlich noch andere Bereiche erfaßt als menschliche Kommunikationssysteme. Darüber hinaus wird sich zeigen (insbesondere etwa im Rahmen des „umweltorientierten“ oder „strukturellen“ Ansatzes von Minu-chin), daß es in der praktischen therapeutischen Anwendung der Systemtheorie Mischformen gibt, die, allgemein formuliert, an der Grenze zwischen systemorientiertem und erlebnisorientiertem Denken liegen.

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  2. Kollektive Strukturen werden von Freud gleichsam ontologisiert, da ihre soziale (und damit auch ihre historische) Konstitution ausgeklammert bleibt.

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  3. Wir stimmen Laplanche/Pontalis zu, daß diese Kategorie einen „Wechsel der Perspektive“ in der Psychoanalyse hervorgerufen hat — sofern „Objektbeziehung“ tatsächlich im entfalteten Sinne dieser Kategorie verwendet wird: „Beziehung ist im umfassenden Sinne zu verstehen; es handelt sich in der Tat um eine wechselseitige Beziehung; d.h. nicht nur, wie das Subjekt seine Objekte konstituiert, sondern auch, wie diese dessen Aktivität gestalten“ (Laplanche/Pontalis 1972, S. 341). Allerdings wird dieser Perspektivwechsel nur von wenigen Autoren nachvollzogen, z.B. von Lacan, Balint, Winnicott und Spitz. Auf Lorenzer und Foulkes werden wir noch ausführlich hinweisen. 3a Auf die notwendige Sinnhaftigkeit subjektiver Strukturen (und der „unbewußten“ Strukturen) haben wir bereits in der „Einleitung“ nachdrücklich hingewiesen.

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  4. Damit wird im Rückblick auf Teil I deutlich, daß wir eine radikal andere methodologische Position vertreten als die Systemtheoretiker: die Regeln und Strukturen von Interaktionssystemen lassen sich nicht quasi-naturwissenschaftlich von außen beobachten. Sie müssen vielmehr in ihrer Sinnhaftigkeit, in ihrer Sinnstruktur erschlossen werden.

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  5. Auffällig ist an dieser Stelle, daß Lorenzer hier von sinnlich-symbolischen Interaktions-formen, durchgängig aber nicht von sinnlich-symbolischen Interaktionsfiguren spricht, d. h. die Analyse von Lorenzer klammert tendenziell die kollektive sinnlich-symbolische Ebene aus.

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  6. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß hier deutlich wird, daß die methodologischen Überlegungen von U. Oevermann in der Tat von erheblicher Bedeutung für die erkenntnislogische Rekonstruktion der Psychoanalyse sind. Aufgrund des von Oevermann angesprochenen „intutiven Regelwissens“ sind wir in der Lage, die „Geltungsbedingungen“ von Äußerungen zu bestimmen und damit zugleich, ob diese Äußerung kontextadäquat ist oder aber im faktisch vorliegenden Kontext gleichsam „deplaziert“ verwendet wird, z.B. aufgrund von psychischen Abwehrmechanismen (vgl. hierzu Oevermann u.a. 1979).

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  7. Ich möchte an dieser Stelle besonders darauf hinweisen, daß Spitz hier nicht nur von Wechselseitigkeit spricht, sondern auch Termini wie „Rückkopplungskreis“, „Kreis-prozeß“ (vgl. S. 71) verwendet, Begriffe also, wie sie in der Systemtheorie als termini technici für derartige Phänomene verwendet werden. Ähnlich stoßen wir z.B. bei Bions Betrachtung von Gruppenphänomenen auf den Terminus der „Kreisförmigkeit“, den Bion an die Stelle einer Reihenfolge von „Ursache und Wirkung“ setzt (Bion 1971, S. 74).

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  8. Damit wird auch der Lorenzersche Begriff der „Szene“ als Bezugspunkt subjektiver Strukturbildung in systemisch-kommunikativer Perspektive differenziert und erweitert.

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  9. Prototyp derartiger transpersonaler Phänomene ist für Foulkes, in Übereinstimmung mit meinen eigenen Überlegungen, Sprache. Sprache ist somit zugleich das fundamentale Medium, durch das die „Identität“ von Soziodynamik und Psychodynamik hergestellt wird.

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  10. Ich werde später — insbes. im Kontext der Abwehrphänomene — zeigen, daß Körperlichkeit im Psychischen zwar nur repräsentiert in Erscheinung tritt, Körperlichkeit (auch in Gestalt der Potentialität anthropologisch verankerter Affekte) aber unverrückbarer Bezugspunkt psychoanalytischer Theorie bleibt. Gerade die Abwehrproblematik zeigt die Grenzen eines rein sprachanalytischen Vorgehens, wie es etwa bei J. Lacan zu finden ist (s.u.).

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  11. Eine in diesem Zusammenhang gerne zitierte Formulierung Freuds erweist sich bei näherem Zusehen als wenig aussagekräftig. Wenn Freud nämlich in „Abriß der Psychoanalyse“ (1938) schreibt, es sei ihm gelungen, die „Psychologie“ (d.h.: die Psychoanalyse) „auf einer ähnlichen Grundlage aufzurichten wie jede andere Naturwissenschaft“ (GW, VXII, S. 126), so bezieht er sich im folgenden eindeutig auf die Berechtigung und Notwendigkeit „intellektueller Hilfskonstruktionen“, deren die Psychologie, Freud zufolge, ebenso bedürfe wie die Physik.

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  12. Es sei hier am Rande vermerkt, daß Freud den Begriff der „Besetzung“ und der „Libido“ in der Regel gleichsetzt. So schreibt er auch in der Arbeit „Die Verdrängung“ (1915): „In der bisherigen Erörterung behandelten wir die Verdrängung einer Triebrepräsentanz und verstanden unter einer solchen eine Vorstellung oder Vorstellungsgruppe, welche vom Trieb her mit einem bestimmten Betrag an psychischer Energie (Libido, Interesse) besetzt ist.“ (GW, X, S. 254 f.) Wir werden weiter unten noch darauf eingehen müssen, was dies für den von uns vorgeschlagenen Definitionsversuch von „Besetzung“ bedeutet.

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  13. „… alle Bemühungen, die Vorstellung in Nervenzellen aufgespeichert zu denken, und die Erregungen auf Nervenfasern wandern zu lassen, sind gründlich gescheitert. Dasselbe Schicksal würde einer Lehre bevorstehen, die etwa den anatomischen Ort des Systems Bw, der bewußten Seelentätigkeit, in der Hirnrinde erkennen und die unbe-wußten Vorgänge in die subkortikalen Hirnpartien versetzen wollte. Es klafft hier eine Lücke, deren Ausfüllung zur Zeit nicht möglich ist, auch nicht zu den Aufgaben der Psychologie gehört. Unsere psychische Topik hat vorläufig nichts mit der Anatomie zu tun; sie bezieht sich auf Regionen des seelischen Apparats, wo immer sie im Körper gelegen sein mögen, und nicht auf anatomische örtlichkeiten“ (GW, X, S. 273/herv. M.C.). Ähnlich argumentiert Freud, wenn er sich darum bemüht, „biologisches Denken“ von der „Psychologie fern zu halten“ (GW, X, S. 144).

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  14. Wir können „Gegenbesetzung“ somit als die zu einer Abwehrstruktur erstarrte und tendenziell unbewußt gewordene „negative Besetzung“ verstehen.

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  15. „Die Entwicklung des Ichs besteht aus einer Entfernung vom primären Narzißmusund erzeugt ein intensives Streben, diesen wieder herzustellen. Diese Entfernung geschieht vermittels der Libidoverschiebung auf ein von außen aufgenötigtes Ichideal, die Befriedigung durch die Erfüllung dieses Ideals. Gleichzeitig hat das Ich die libidinösen Objektbesetzungen ausgeschickt. Es ist zugunsten dieser Besetzungen wie des Ichideals verarmt und bereichert sich wieder durch die Objektbefriedigungen wie durch die Idealerfüllung“ (GW,X, S. 167 f.).

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  16. „Hier macht die Angst die Verdrängung, nicht, wie ich früher gemeint habe, die Verdrängung die Angst“ (St.A., VI, S. 253).

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  17. Zahlreiche Überlegungen zu dieser Problematik finden sich unter anderem bei Rudolf Bilz 1971.

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  18. Freud sucht ein spezifisches „historisches Moment“, ein Erlebnis, das geeignet ist zu erklären, wie und warum die spezifischen „Sensationen“ und „Innervationen der Angst“ in der für die Angst charakteristischen Weise „fest aneinander“ gebunden werden: „Als solches vorbildliches Erlebnis bietet sich uns für den Menschen die Geburt, und darum sind wir geneigt, im Angstzustand eine Reproduktion des Geburtstraumas zu sehen“ (St.A., VI, S. 274). Alle folgenden wichtigen Angstsituationen: die Angst des Säuglings und Kleinkindes vor dem Verlust des geliebten Objekts, die Kastrationsangst, die Überich-Angst etc. sind damit gleichermaßen Reproduktionen wie Erweiterungen der „Urangst“ bei der Geburt (a.a.O., S. 277).

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  19. Allerdings wird in diesem Fall, insbesondere aber bei dem von Freud parallel diskutierten Fall des „Wolfsmannes“ die Situation durch die gleichzeitige Existenz einer „zärtlich, passiven Regung für den Vater“ kompliziert (St.A., VI, S. 250).

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  20. Bei diesen beiden Schritten im Rahmen seiner früheren Theorie der Verdrängung handelt es sich um (a) Verwandlung von Libido in Angst und (b) um Verschiebung durch Angst. Beide Theorien, d.h. die frühere und die späte Theorie der Verdrängung sind jedoch nicht miteinander vergleichbar, da sie auf sehr unterschiedlichen theoretischen und metatheoretischen Annahmen beruhen.

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  21. Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, daß der Freudsche Begriff der „Inhibition“ dem von uns oben geprägten Begriff der Blockierung bzw. des Sperrpotentials gegenüber dem Triebwunsch entspricht.

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  22. Dies gilt unter der von Freud angenommenen Voraussetzung, daß keine realen Erfahrungen zugrunde liegen, die die Angst rechtfertigen würde; d.h. die Angst ist neurotisch.

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  23. „Der Kern des Ubw besteht aus Triebrepräsentanzen, die ihre Besetzung abführen wollen, also aus Wunschregungen. Diese Triebregungen sind einander koordiniert, bestehen unbeeinflußt nebeneinander, widersprechen einander nicht. Wenn zwei Wunschregungen gleichzeitig aktiviert werden, deren Ziele uns unvereinbar erscheinen müssen, so ziehen sich die beiden Regungen nicht etwa voneinander ab oder heben einander auf, sondern sie treten zur Bildung eines mittleren Zieles, eines Kompromisses zusammen“ (GW, X, S. 285/herv. M.C.).

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  24. So könnte man etwa die Überlegung anstellen, ob das Ubw nicht generell durch Relationencharakterisiert ist, d.h. daß lediglich die Beziehung zwischen verschiedenen bewuß-

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Clemenz, M. (1986). Zur Metapsychologie und Metatheorie der Psychoanalyse. In: Soziale Codierung des Körpers. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83934-3_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83934-3_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-322-83934-3

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