Zusammenfassung
Man kann die Entstehung der naturrechtlichen Universalien als Reaktion gegen Machtanballung ansehen, als bürgerliche Gegenwehr gegen staatlichen Despotismus, und das ist das Naheliegende und Richtige. Wir sahen aber schon im vorigen Kapitel, daß Naturrecht auch das Gegenteil bedeutet: Die Forderung nach Schaffung eines Staates. Diese Ambivalenz durchzieht die ganze Problemlage. Sie wirkt sich für die folgenden Betrachtungen so aus, daß man den Universalismus nicht nur als Abwehr, sondern gleichzeitig als beabsichtigte Folge von Überlagerung, von gewaltsamer Überschichtung also, verstehen kann; als deren günstige Seite insofern, als Fremdherrschaft durch ihre Indifferenz gegenüber allen Besonderheiten das Allgemeine durchsetzt. So kann man einerseits feststellen, daß die spät-stoischen Universalideen durch den Verlust der persönlichen Freiheit im schrankenlosen Despotismus der kaiserlichen Gewalt als Reaktion hervorgerufen wurden; der Freie und der Sklave, der Römer wie der Nichtrömer waren in gleicher Weise unterdrückt.1 Andererseits aber ist die Idee der Allgemeinheit nicht erst eine Reaktion auf Unterdrückung, sondern auch deren Element. Auch wenn wir keine Sympathien für Überlagerung haben, müssen wir zugestehen, daß sie sich historisch kosmopolitisierend auswirkt. Der griechische Tyrann, defttie Ähren eines Kornfeldes mit einem Schlag seines Schwertes auf die gleiche Höhe herunterschlug, um seine Regierungsweise anschaulich zu machen, hat das deutlich gemacht.
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© 1995 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Tönnies, S. (1995). Universalismus als Oktroy. In: Der westliche Universalismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83919-0_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83919-0_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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Online ISBN: 978-3-322-83919-0
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