Zusammenfassung
Gegenstand des Forschungsprogramms war eine europäische Entwicklungsregion, die sich vor genau 15 Jahren aus kolonialer Abhängigkeit gelöst hat und heute als neue Nation ihr Schicksal selbst zu gestalten versucht. Es handelt sich um die insulare Zwerg-Gesellschaft Malta, die 1974 Republik wurde und seit 1. April 1979 auch keine Militärbasis mehr ist. Damit wurde der letzte formelle Schritt zur Unabhängigkeit vollzogen. Für den neuen Staat beinhaltet dieses Datum eine Neukonstellation, die wichtige Konsequenzen für seine externen Beziehungen und seine interne Struktur haben wird. Ziel des Forschungsprojektes war die Untersuchung der Transformationsprozesse der Insel in der ersten postkolonialen Phase, und zwar sowohl im Hinblick auf die strukturellen Veränderungen in den relevanten gesellschaftlichen Sektoren (Politik, Wirtschaft, Bildung) als auch auf die positionellen Verschiebungen im Netzwerk des internationalen (politischen und wirtschaftlichen) Systems. Bei der Generierung einer Forschungskonzeption für die Analyse der Viabilität Maltas, also der besonderen Entwicklungsbedingungen, ergab sich zwangsläufig eine Auseinandersetzung mit den vorhandenen entwicklungssoziologischen theoretischen Modellen, insbesondere mit den sogenannten „Modernisierungstheorien“, die hinsichtlich der Entwicklungsperspektive in modifizierter Form auch für die Abhängigkeitstheorien relevant sind („kritische Modernisierungstheorien“). Im allgemeinen wird der Begriff Modernisierung1 auf den historischen Typ sozialen Wandels bezogen, der durch die industrielle Revolution in England und die Französische Revolution initiiert wurde. Die Entstehung der Soziologie ist selbst mit diesen Wandlungsprozessen verbunden. Der Ethnozentrismus-Vorwurf ist in dieser Hinsicht berechtigt; diese Kritik betrifft insbesondere die Generalisierung eines historisch einmaligen Vorgangs, daraus erklären sich auch die Systematisierungsprobleme der Modernisierungsforschung
Altes maltesisches Sprichwort: „Malta qatt ma tbarrix qamh“, Quelle:Joseph Aquilina, A Comparative Dictionary of Maltese Proverbs, Malta 1972, S. 353.
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Anmerkungen
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Reimann, H. (1981). „Malta Wies Niemals Korn Zurück“. In: von Alemann, H., Thurn, H.P. (eds) Soziologie in weltbürgerlicher Absicht. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83850-6_12
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