Zusammenfassung
Nachdem die zentralen methodologischen Grundpositionen abgesteckt sind, werde ich in diesem Kapitel die Grundlagen einer Mehrebenensystem-Modellbildung ausarbeiten. Das Ziel ist die Entwicklung und Konzeptualisierung eines methodischen Apparates, der sowohl den Rahmen für eine präzise ausformulierbare, begrifflich eindeutige Theoriekonstruktion wie für den eher formalen, auf empirische Bearbeitung hinweisenden Modellbau bieten soll. Das Grundprinzip der Mehrebenenbeziehung soll auf ein einfaches, auch formal „modellfähiges“ und inhaltlich relevantes Konstrukt zurückgeführt werden.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Notes
Eine der bekanntesten dürfte die Definition von HALL und FAGEN sein: „A system is a set of objects together with relationships between the objects and between their attributes.“ (HALL/FAGEN 1974, S. 127) Sie entwickeln eine Reihe weiterer Begriffe, die aber relativ wenig operational ausformuliert sind. Siehe dagegen auf der anderen Seite MESAROVIC: „The starting point is provided by the notion of a general system as a relation on abstract sets x, where X denotes the Cartesian product, while I is the index set. … The components of the relation, V, are referred to as (the systems) objects. “(MESAROVIC 1972, S. 254) Weitere Beispiele lassen sich in beliebiger Zahl hinzufügen. Zur Literatur siehe Teil 1.2, Fußnote 2. Die Unterschiede in den Definitionsansätzen lassen sich auch an vielen Kriterien, wie dem Formalisierungsgrad, der Operationalität, der disziplinären Orientierung oder auch einer sonstigen paradigmatischen Orientierung, festmachen, die ich hier mit einer im Zusammenhang dieser Arbeit bedeutsamen Ausnahme nicht weiter diskutiere.
Zu den hier schon verwendeten, in Anführungszeichen gesetzten Begriffen wird später noch eine Präzisierung zu liefern sein. Speziell zum Begriff des „Systemverhaltens“ siehe in diesem Zusammenhang zum Beispiel HÄNDLE/JENSEN 1974, S. 26: „Weiterhin wird angenommen, daß das System aufgrund seiner inneren Funktionsgesetze sowie aufgrund der Interaktionsgesetze mit der Umwelt einen bestimmten Prozeß durchläuft. Dies wird als Verhalten des Systems bezeichnet.“ Siehe auch JENSEN 1983, S. 35ff.
Dieser Ansatz ist begrifflich in unterschiedlicher Weise repräsentierbar. Dazu gehört das Konzept der “black box”, mit dem sich zum Beispiel ASHBY in seinem Einführungsbuch in die Kybernetik ausführlich befaßt (ASHBY 1974). Zum anderen ist das Verständnis und die formale Darstellung von Systemen als Input-Output-Relation auf der Linie des funktionalen Systemverständnisses. Dazu siehe insbesondere MESAROVIC 1972, MESAROVIC/TAKAHARA 1974.
Man unterscheidet auch Aufbau-und Ablaufstruktur in der Literatur (VOGT 1983, ROPOHL 1979). Ich nehme diese Begriffe aber nicht explizit auf.
Siehe KLIR 1969, aber auch ORCHARD 1972, HALL/FAGEN 1974. In dem Sinne der Notwendigkeit einer Auswahl von unterschiedlichen Systemkonzepten äußert sich auch PICHLER 1984. Wenn ein solcher Ansatz hier nicht aufgegriffen wird, bedeutet das nicht, daß nicht unter Umständen die schwerpunktmäßige Orientierung auf einen der dargestellten Aspekte in bestimmten Modellzusammenhängen sinnvoll sein könnte.
ROPOHL stellt als ein weiteres eigenständiges Systemkonzept das “Hierarchie-Konzept” heraus und sieht damit eine dreifache Differenzierung von Ansätzen der Systemdefinition. Ich werde versuchen, die unterschiedlichen Aspekte des “strukturellen” und des “funktionalen” Konzepts bezogen auf hierarchische Systeme integrativ einzubinden, ohne zu behaupten, daß jedes System(-Modell) hierarchisch sein muß (ROPOHL 1979, S. 56).
Ich versuche hier, bewußt zwischen den Ausdrücken der “Aggregation” und der “Integration” begrifflich zu differenzieren. Unglücklich erscheint daher zum Beispiel die Argumentation bei ROPOHL 1979, S. 157ff, in der allein von “Aggregation” im Zusammenhang mit Integrationsphänomenen die Rede ist.
Zur Verdeutlichung der Differenz zwischen Aggregation und Integration könnte vielleicht ein Vergleich der charakteristischen Strukturmerkmale mono-segmentärer und funktional differenzierter oder arbeitsteiliger Gesellschaften dienen, wenn auch empirisch segmentäre Gesellschaften nicht dem reinen Typ der Aggregation entsprechen (DURKHEIM 1976, S. 170ff, LUHMANN 1974). In anderen Zusammenhängen wird als Prototyp einer integrierten Beziehungsstruktur auch der Organismus angeführt, wie es in den Sozialwissenschaften in klassischer Weise bei SPENCER geschehen ist (SPENCER 1897, 1971).
Siehe auch ZELENY 1981.
Damit wird die Definition eines Systembegriffs implizit.
Siehe ebenfalls die zitierte systemtheoretische Literatur. Die Problematik gilt insbesondere für soziale Systeme.
Siehe dagegen LUHMANN 1974 oder auch PARSONS 1964, wo die Eindeutigkeit dieses Verständnisses nicht mitgetragen wird.
Siehe zu einem neueren Beitrag z.B. BAILEY 1985.
Siehe zum Begriff des “offenen” (versus “geschlossenen” bzw. “abgeschlossenen” oder “isolierten”) Systems die zitierte systemtheoretische Literatur. FUCHS charakterisiert. “ — Offene (absolut offene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt Energie und Materie aus. — Geschlossene (relativ geschlossene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt nur Energie aus. — Isolierte (abgeschlossene, absolut geschlossene) Systeme; sie tauschen mit der Umwelt weder Energie noch Materie aus.”(FUCHS 1973, S. 65) Besonders beschäftigen sich mit der Problematik der “offenen” Systeme aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zum Beispiel FUCHS 1973, V. WEIZSÄCKER 1974, KORNWACHS 1984.
Man könnte differenzierter von Materie, Energie und Information sprechen, auch wenn man alle Austauschtransfers informationeller Art als Transfers bestimmter Formen von Energie fassen könnte (FUCHS 1973, S. 63). Siehe zum Beispiel auch VOGT 1983, S. 54, der an der Differenzierung insbesondere von Materie und Energie einerseits und Information andererseits systematisch festhält.
Das ist eine echte Einschränkung von möglichen Systemverständnissen. Natürlich kann man in einem bestimmten Sinne von Kalkülen oder mathematischen Theorien als Systemen sprechen. Doch dieser Aspekt bleibt unter anderen belanglos für die hier diskutierten Bereiche.
Siehe zur Prozeßstruktur im einzelnen 2.1.3 und 2.2. Ein Hinweis zur Unterscheidung der unterschiedlichen Strukturbegriffe könnte vielleicht die Beziehung zu unterschiedlichen Ansätzen mathematischer Modellierung bieten. Während die Beziehungsstruktur stärker durch graphentheoretische (netzwerktheoretische, kombinatorische) Ansätze behandelt werden müßte, wären für die Beschreibung der Prozeßstruktur zum Beispiel diskrete und kontinuierliche Zeitfunktionen adäquat.
Der Organisationsbegriff in der MATURANAschen Tradition zielt damit auf eine abstrakte Spezifikation von Klassen von Systemen ab, denen eine bestimmte systemtypisierende Beziehungs-und Prozeßstruktur-Ordnung gemeinsam ist, ohne daß damit eine spezifische beziehungsstrukturelle Form eindeutig festgelegt wäre.
ASHBY charakterisiert im Kern sein Organisationskonzept über die Existenz von “conditionalty” von prozessualen Beziehungen. Er operationalisiert es allein über die Abbildung von Systeminputs und-zuständen in die Systemzustände, also in meinem Sinne als Teil der Prozeßstruktur (ASHBY 1962).
Siehe zum Beispiel CZAYA 1974, S. 37.
Siehe hierzu zum Beispiel ROPOHL 1979, S. 61.
Das schon erwähnte Input-Output-Konzept des Systemansatzes hebt gerade auf den Aspekt des Systems als Transformationseinheit von Inputs in Outputs ab. (MESAROVIC 1972, ASHBY 1974).
Siehe ausführlicher zu diesen Begriffen zum Beispiel auch BUCKLEY 1967, S. 58ff. Zur Einführung der Begriffe im Zusammenhang mit der Diskussion zur Mehrebenenanalyse siehe auch BAUMGARTNER et aL 1976a, 1977.
Siehe dazu insbesondere die Ausführungen PRIGOGINEs zur Interdependenz von Funktion, Raum und Struktur, wie sie noch erläutert werden. Als überholt müssen dagegen zum Beispiel die Ausführungen von CORTES et al. 1974, S. IXf und 48ff angesehen werden. Sie behaupten ebenfalls auf der Basis eines eigenartigen Verständnisses von Struktur und Funktion eine klare Determiniertheit von Funktion durch Struktur, ein Ansatz, der oben schon einmal kurz erwähnt wurde.
Damit ist die Literatur zu hierarchischen Systemen so groß wie zur Systemtheorie überhaupt. Hier seien nur ein paar Überblicksbände genannt, die sich zentral damit befassen: WHYTE 1969; WEISS 1971; PATTEE 1973; KOEST-LER/SMYTHIES 1970. Als weitere grundlegende und richtungsweisende Arbeiten wären an dieser Stelle zu nennen: KOESTLER 1967; MESAROVIC et al. 1970; DI-RICKX/JENNERGEN 1979; ALLEN und STARR 1982. Zur Geschichte des Hierarchiebegriffs siehe z.B. WHYTE 1969, S. 3 ff.
Eine zweistellige Relation auf einer Menge von Elementen wird im mathematischen Sinne eine Halbordnung genannt, wenn diese Relation reflexiv, antisymmetrisch und transitiv ist und nicht alle möglichen Paare von Elementen in der Paarmenge dieser Relation enthalten sein müssen. Ist letzteres der Fall, spricht man auch von einer Ordnungsrelation. Im ersten Fall nennt man die Menge, auf der die Relation definiert ist, teilweise geordnet, im zweiten Fall nennt man sie total geordnet. Siehe dazu auch 2.1.3.5.
Durch die definitorisch zugewiesene Eigenschaft der Antisymmetrie einer Halbordnungsrelation wird hier in formal-abstrakter Weise und ganz allgemeiner Form ein Hierarchieverständnis spezifiziert, das sich allein auf die irgendwie begründete Form der Asymmetrie, einer als hierarchisch bezeichneten Beziehung, beruft.
Es darf im folgenden nicht der Begriff des Untersystems mit dem des Subsystems verwechselt werden.
Der Begriff der Ebene wird mitunter in völlig verschiedenen Bedeutungen in der Literatur gebraucht. Ich will hier noch nicht auf die unterschiedlichen Charakterisierungen des Ebenenbegriffs eingehen, die mit unterschiedlichen Typen von Hierarchiebeziehungen, wie sie in Teil 2.3. beschrieben werden sollen, einhergehen. Ich möchte hier nur hinweisen auf einen Versuch von BUNGE, der den Begriff der Hierarchie von dem Begriff der Ebene zu trennen versucht (BUNGE 1969). Das führt ihn allerdings zu einem recht spezifischen Ebenenbegriff, dem ich hier nicht folgen möchte. MESAROVIC dagegen reserviert den Begriff der Ebene für einen ganz bestimmten Typ von Hierarchiebeziehungen, auf den ich ebenfalls in Teil 2.4 noch kommen werde (MESAROVIC et al. 1970). Ich verstehe den Ebenenbegriff in meinem Zusammenhang hier allerdings als Oberbegriff über verschiedene Formen der strukturellen Gleichordnung von Subsystemen einer hierarchischen Beziehungsstruktur.
Zur vertikalen und horizontalen Struktur siehe z.B. auch GERARD 1969, S, 220, der dort von horizontaler Interaktion bzw. vertikaler Interaktion von Subsystemen in einem hierarchisch strukturierten System spricht.
Man kann nach dem Verständnis des Umwelt-Begriffs eine solche Hierarchie auch als Ineinanderschachtelung von System-Umwelt-Beziehungen verallgemeinern.
Mit dem hier vertretenen Konzept einer hierarchischen Beziehungsstruktur bzw. einer Hierarchiedimension ist nicht einfach eine “modular-hierarchische” Darstellungsform interner Beziehungsstrukturen von Systemen bezweckt, wie es z.B. eher bei ROPOHL 1979 der Fall ist. Das dort vertretene Hierarchiekonzept ist sehr stark verkürzt. Es wird sicherlich aus dem obigen schon klar geworden sein, daß eine solche hierarchische Struktur als Spezialfall des hier charakterisierten Hierarchie-Konzepts anzusehen ist.
Siehe zu Betrachtungen dazu KOESTLER 1970, S. 202f.
Ich habe oben schon auf die Idee der asymmetrischen Differenzierung von Zeithorizonten bei Systemen unterschiedlichen Ranges hingewiesen.
Andere Formalisierungsansätze, wie sie in der schon an mehreren Stellen zitierten systemtheoretischen Literatur zu finden sind, sind meist auf eine bestimmte Systemsicht ausgerichtet und somit für meine Überlegungen nicht sinnvoll. Das gilt bezogen auf die System-Definition insbesondere auch für den Ansatz von MESAROVIC et al. 1970.
Ai(t), t e R heißt auch Trajektorie der Variablen Ai. Sei A = (A1,…, An(a)). Dann heißt A(t), t ε R, die Trajektorie des Systems S. R bezeichnet die reellen Zahlen.
“⊂” steht hier für die Teilmengenbeziehung.
Ich sehe von dieser Bezeichnung ab, um im mathematischen Sinne Verwirrungen zu vermeiden.
Zum Begriff des Parameters siehe Abschnitt 2.2. Damit ist die Prozeßstruktur selbst auch nicht als konstant anzusehen.
Siehe ALLEN/STARR 1982, S. 18.
Siehe Kapitel 4. Prozeßstruktureller Wandel auf der Ebene der Attributfunk-tionen muß also nicht mit dem Wandel der funktionalen Form der beschreibenden Differentialgleichungen einhergehen.
Theoretisch ließe sich formal jede Systembeziehung zwischen zwei Systemen S′ und S″ als eine Subsystembeziehung interpretieren.
(S,S′) e BH soll heißen, daß S und S′ durch BH in Beziehung zueinander stehen, konkreter bedeutet es, verbal formuliert, daß gemäß der Halbordnung BH das Subsystem S′ dem Subsystem S untergeordnet ist.
Im folgenden wird die Bezeichnung Variable eher für operationalisierte Formen von Systemattributen verwandt. Systemparameter können sowohl Prozeßparameter wie Parameter der Beziehungsstruktur bedeuten.
KLAUS u. LIEBSCHER nennen einen Parameter schlicht eine “charakterisierende Größe” (KLAUS/LIEBSCHER 1971, S. 574). Sie präzisieren diese allgemeine Beschreibung eines Parameters eher unter technischen Gesichtspunkten. Gängig ist der Parameterbegriff natürlich auch im Bereich der mathematischen Statistik. Die dort übliche Interpretation soll durchaus auch in dem hier zu spezifizierenden Verständnis eines Parameters einbegriffen sein.
Ein Beispiel ist die sich ergänzende Differenzierung der Beschreibung von Systemprozessen über Trajektorien (Zeitfunktionen der Attributfunktionen bzw. relationalen Beziehungen), Geschwindigkeits-oder Beschleunigungsgleichungen oder auch Phasenportraits, in denen die Veränderung eines Attributs (einer Variablen) in Abhängigkeit der Veränderung anderer Attribute (Variablen) dargestellt wird und die bislang noch nicht erwähnt wurden. Im Rahmen der Modellspezifikation eines Systems wird im allgemeinen nur eine der o.g. Möglichkeiten zur Prozeßbeschreibung gewählt. Häufig lassen sich allerdings daraus auch Spezifikationen der anderen Beschreibungsalternativen ableiten. So lassen sich z.B. aus Geschwin-digkeits-bzw. Beschleunigungsgleichungen (Differentialgleichungen und Differenzengleichungen) durch Methoden der Integration von Differentialgleichungen bzw. Lösung von Differenzengleichungen Trajektorien von Systemvariablen oder Phasenportraits bestimmen. Gerade in dem noch zentral interessierenden Fall nichtlinearer Differentialgleichungen ist die explizite Lösbarkeit La. nicht gegeben. In diesem Fall lassen sich wiederum nur qualitative Aussagen über die Prozeß-struktur machen, in denen Parameter aber auch eine wichtige Rolle spielen.
Siehe z.B. dagegen CORTES et al. 1974, S. 11: “Systems transform variable inputs into variable states and variable states into variable outputs by invariant transformation rules,”
Ansätze zu einer ähnlichen Modellvorstellung finden sich auch schon bei SIMON (SIMON 1973), wenn auch nicht mit dem entsprechenden interpretativen Hintergrund. Siehe auch ALLEN/STARR 1982, VOORHEES 1983, WUNDERLIN/ HAKEN 1981.
Dazu gehört z.B., daß im Prinzip zwischen der “Fristigkeit” der Veränderung der Systemparameter und der Strukturform selbst weiter zu differenzieren ist.
Man kann sich empirisch schnell davon überzeugen, daß eine solche Modellkonstruktion nicht irrelevant ist und eine große Chance von Kongruenzen mit zu untersuchenden Originalen gerade auch in den Sozialwissenschaften gegeben ist.
ALLEN und STARR benutzen das Konzept unterschiedlicher Zeitskalen direkt zur Differenzierung von Hierarchieebenen für Systeme, wie sie im Endeffekt auch von mir als ein Ergebnis abgeleitet werden wird. Ich komme daher noch ausführlicher auf sie zurück. Bezogen auf die Differenzierung von Zeitskalen gehen ALLEN und STARR von einer “endogenous cycletime” oder “natural frequency” als die “charakteristische Zeit” für das Verhalten von Systemen aus und sie verstehen sie gemäß dem folgenden Zitat: “The endogenous cycletime determines the time taken for a holon to return to its equilibrium behavior after being influenced by an external signal.” (ALLEN/STARR 1982, S. 37). “holon” bezieht sich hier auf den von KOESTLER entwickelten Systembegriff.
Siehe WEIDLICH/HAAG 1983, S. 50; HAKEN 1978, S. 106. Zur synergetischen Vorstellung der Differenzierung von Zeitskalen siehe auch WUNDERLIN/HA-KEN 1981, S. 101.
ALLEN und STARR kennen auch als Systemcharakterisierung den Begriff der “scale”. Er unterscheidet sich von dem hier eingeführten Konzept der “charakteristischen” Zeitskala eines Systems. Er bezieht sich auf mehr als die reine Differenzierung von Zeitskalen. Ich gehe in dem folgenden Abschnitt 2.2.2 noch kurz darauf ein.
Hierin liegt eine epistemologische Grunderkenntnis begründet nach der es uns prinzipiell, unabhängig von der Selbstreferentialität von Erkenntnis, versagt ist, die Chance einer “vollständigen” Erklärung von uns wahrgenommener Gegebenheiten in einem klassisch deterministischen Sinne zu erreichen.
Ein Konzept von drei Geschwindigkeitsniveaus bezogen auf hierarchisch strukturierte Systeme findet sich auch bei SIMON. Er definiert in diesem Zusammenhang den Begriff der “near-decomposability” als Eigenschaft von Systemen, in denen sich Prozesse unterschiedlicher Geschwindigkeit (“high frequency”, “middle range frequency” und “low frequency”) separieren lassen. Auch bei ihm übernimmt “the middle band of frequencies” die Repräsentation der systemcharakterisierenden Geschwindigkeit.
Der Begriff wird in der Literatur (HAKEN 1978, PRIGOGINE 1979) auch häufig ausgedehnt, wenn von einer dissipativen Struktur als einer makroskopischen Fluktuation gesprochen wird. Damit soll auf den stochastischen Charakter des Entstehungszusammenhangs von dissipativen Strukturen hingewiesen werden.
Mit dem Konzept der Fluktuation gelange ich also zu der Betrachtung von Zufallsvariablen als Operatiortalisierung von Systemattributen. Das heißt, im Modell kann ich nur Aussagen zu einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ihrer Ausprägungen treffen. Der “mittlere Pfad” wird demnach über den Erwartungswert-Operator präzisiert.
Hierfür lassen sich zahlreiche Beispiele aus der Physik, speziell aus der Thermodynamik anführen. Ein Stichwort ist das Modell der “Brownschen Bewegung” zur Beschreibung von Elementarteilchen-Trajektorien, das auf EINSTEIN zurückgeht, der ein vehementer Kritiker der Annahme der Abgeschlossenheit auf stochastischen Gesetzen beruhender physikalischer Theorien war, wie der Streit um die Quantenmechanik zeigt.
Zum Begriff “orbital-stationärer” Zustand siehe Kapitel 4 und die dort zitierte Literatur.
Der Kopplungsbegriff bei ASHBY darf nicht mit dem hier verwandten, aber vorherrschenden Begriff verwechselt werden, wie noch zu sehen sein wird.
In der Thermodynamik ist die Annahme einer Analogie thermodynamischer Gleichungen und entsprechender Gleichungen der Informationstheorie, ursprünglich basierend auf Überlegungen von BOLZMANN, prominent. In unserem Zusammenhang ist die Annahme der Äquivalenz nützlich, so daß ich im folgenden in erster Linie vom Ausdruck des Informationstransfers ausgehen werde. Siehe dazu auch FUCHS 1973, S 106 ff.
Siehe zum Beispiel u.a. auch wiederum FUCHS 1973.
Abweichungen von diesem Fall lassen sich über bestimmte Typen von Output-Integratoren konstruieren. So könnte ein System mit langsamerer Zeitskala Zustände über Zufallsprozesse in solche schnellerer Zeitskalen überführen und weitergeben. Wie sich noch zeigen wird, könnte man die einzelnen Klassen τ1, τ2 und τ3 danach differenzieren, ob das Sendersystem die Output-Integration mit einer Veränderung der Zeitskala verbindet oder nicht. Relativ wichtig ist diese Betrachtung bezogen auf τ1 Besonders hier kann das Sendersystem durch Retar-dierungs-oder Beschleunigungseffekte im Output-Integrator langsamere bzw. schnellere Signalveränderungen bewirken, die vom Empfängersystem entsprechend zu verarbeiten sind. Formal geht mit diesen Konzepten auch eine Verallgemeinerung der Definition der Input-und Output-Integratoren für beliebige Systemgrößen, also auch Parameter einher. Ich führe das nicht eigens aus. Die Gleichungen im Teil 2.1.3.1 sind entsprechend zu erweitern.
Es läßt sich auch noch ein anderer gewichtiger Grund für eine alternative Definition angeben, der die formale Identifizierung von “scale” und “filter” bei ALLEN und STARR betrifft, die ich aus der Sicht meines Anliegens für unglücklich halte. In dem Begriff der “scale” bei ALLEN und STARR geht daher nicht nur eine zeitliche Dimension ein, sondern er berücksichtigt gleichzeitig die Spezifik der Filterungsstruktur von Systemen. Diese beiden Aspekte, also den Aspekt der Veränderungsgeschwindigkeit von Variablen und den Aspekt der Filterung von Variablenzusammenhängen bei der Erarbeitung in internen Systemprozessen, werde ich im folgenden voneinander trennen.
Siehe dazu insbesondere den Teil 2.3. In der spezifisch sozialwissenschaftlichen Orientierung meines Ansatzes muß ein weiterer Grund dafür gesehen werden, daß ich nicht dem spezifischen “scale” Konzept von ALLEN und STARR folge.
Die Definitionsgleichung bei ALLEN/STARR lautet x wobei S für die scale steht, N für das Signal und Q für die Gewichtungsfunktion.
Zum Zusammenhang von Signaltransfer und Systemzuständen siehe auch KOESTLER im Rahmen seines Ansatzes der Output-und Input-Hierarchien, wo er die Begriffe des “triggers” und “scanners” prägt: “Triggers release complex outputs by means of a simple coded signal. Scanners function the opposite way: They convert complex inputs into a simple coded signal.” (KOESTLER 1967, S. 83) KOESTLER bezieht dabei auch den Ausdruck des Filters auf die Funktion der Input-Integration (scanner). Mit KOESTLERs Konzept sind also spezifische Strukturtypen der Input-und Output-Integration spezifiziert. Sein Filterbegriff ist dabei viel enger gefaßt.
Siehe ALLEN/STARR 1982, S. 19 f zu ihrem Verständnis des “window”.
Hier deutet sich eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Zeit selbst an, wo in unserem Zusammenhang Begriffe der sozialen Zeit, der subjektiven Zeit u.ä. zu diskutieren sind. JENSEN nennt sie eines “der größten philosophischen Rätsel” (JENSEN 1983, S. 118) und führt in grundlegende Überlegungen ein. Ich kann im Zusammenhang dieser Arbeit auf diese Diskussion nicht ausführlicher eingehen.
Beachte hierzu noch einmal den Kopplungsbegriff bei ASHBY.
Zur Potenz von Obersystemen zum Wandel von Parametern in Untersystemen siehe auch MESAROVIC et al. 1970, S. 36. Sie führen auch den Ausdruck der Intervention ein. ALLEN und STARR schreiben stattdessen von “constrained” oder “unconstrained holons”.
Siehe zu dieser Problematik die Diskussion des sogenannten Transformations-problems bei LINDENBERG 1977 oder RAUB/VOSS 1981.
Die beiden letzten Aspekte werden bei ALLEN und STARR nicht explizit erörtert.
Siehe auch hier die Konzepte der Korrespondenz-und der Transformationsregeln in der individualistisch orientierten Soziologie, so bei LINDENBERG (1977).
Auch hier sind Empfänger-und Sendersystem-spezifische Deutungen von vertikalen Distanzen und Zeithorizonten nicht zu vernachlässigen.
Schaubild nach ALLEN/STARR 1982, S. 14.
Ein solches Postulat wäre natürlich ohne eine diskrete Spezifikation von Zeitskalen von Größen in einem System nicht möglich. Die Garantie einer effizienten Relation der Zeitskalen kann durch Teile der angeführten Kommunikationsregeln gewährleistet sein.
SIMON formuliert in einer entsprechenden Übertragung bzw. Anwendung seines Konzepts der “near decomposable systems” auf Subsystemhierarchien: “There will be, essentially, an isomorphism between the hierarchy of subsystems and the hierarchy of equivalence classes of frequencies describing the system, and particular frequencies will ‘belong’ to particular subsystems.” (SIMON 1973, S. 16)
Zu einer klassischen Typologie von Fehlschlüssen in aggregativen, sozialwissenschaftlichen Mehrebenen-Designs siehe ALKER 1969. Zur damit zusammenhängenden Diskussion der Homologie-These siehe z.B. HANNAN 1971.
Die Fehlschlußproblematik soll gerade über die Konstruktion von Mehrebe-nensystemen aufgelöst werden. Das geschieht in zweierlei Hinsicht
Modellstringenz und-disziplin: der Zwang zur Ebenen-Identifikation und ebenenadäquaten Modellierung.
“Erklärung” der Fehlschlußquellen durch die Einführung einer Mehrebenentheorie.
Siehe BAUMGARTNER et al. 1976a, 1977. Auch diese beiden Aufsätze haben wesentliche Impulse für das vorliegende Konzept der Mehrebenensystem-Modell-bildung beigesteuert.
BAUMGARTNER et al. vernachlässigen auch in ihren weiteren Ausführungen die wichtigen Filter-und Selektionspotentiale von Subsystemen der unterschiedlichen Ebenen in einem Mehrebenensystem.
Auch BAUMGARTNER et al. gehen von dynamischen Modellen aus.
Ein durch das Diagramm (b) dargestelltes Modell ließe sich als Modell für eine einfache Kontextanalyse verstehen, wenn Z eine durch numerische Summation oder Durchschnittsbildung bestimmte Aggregatgröße der X-Werte der Untersysteme darstellen würde (HUININK 1981).
Der Ausdruck “exogen” stammt wohl aus der ökonomischen Modellbildung und bezieht sich auf Modellgrößen, die nicht im Modell selbst in ihrer Entwicklung gesteuert und beeinflußt, sondern gleichsam als Parameter vorgegeben werden bzw. nur durch Setzung verändert werden. In die Prozeßstruktur eingebundene Variablen werden dagegen “endogen” genannt.
Siehe stattdessen LUHMANN bzw. PARSONS zum Umweltbegriff LUHMANN (1984, S. 37f; 242ff) und zum Beispiel ROPOHLs Kritik dazu (ROPOHL 1979, S. 79f).
Auf wenige grundlegende Aspekte des Einsatzes der Systemtheorie in den Sozialwissenschaften bin ich in 1.2 schon eingegangen.
Ich werde nur kurz den mittlerweile auch in den Sozialwissenscharten prominenten Ansatz der autopoietischen Systeme erwähnen und begründen, weshalb ich ihn in der weiteren Diskussion nicht besonders berücksichtige.
Siehe LUHMANN 1972, S. 24f. Ich bestreite nicht die Möglichkeit der Konstruktion LUHMANNscher Prägung, kann an dieser Stelle aber nicht weiter darauf eingehen.
Sie lassen sich nur idealtypisch konstruieren, bilden also ein für die Vorgehensweise der Physik typisches fiktives Modell
Der Begriff der Entropie, wie auch damit zusammenhängend der “freien Energie”, der “inneren Energie” der “absoluten Temperatur eines Systems u.a., ist für die Thermodynamik und allgemeiner die Theorie offener Systeme zentral. Ich kann hier nicht ausführlich auf den Begriff der Entropie eingehen. Siehe dazu die einschlägige Literatur zur Thermodynamik, wie z.B. aus Sicht der Chemie bei REICH 1978, wo insbesondere auch eine Interpretation thermodynamischer Potentiale, wie der freien Energie nachzulesen ist. Siehe z.B. auch WERTH 1979, 1984; FUCHS 1973; PRIGOGINE/STENGERS 1982. Aufgrund der Möglichkeit einer informationstheoretischen Umdeutung des physikalischen Entropiebegriffs läßt sich die Entropie als eine integrale Zustandsgröße eines Systems verstehen, die, sehr verkürzt ausgedrückt, den “Ordnungsgrad” bzw. die Strukturiertheit eines Systems bzw. eines Prozesses ausdrückt.
Siehe WERTH 1974, S. 139.
Siehe auch WERTH 1984, S. 484ff.
Gerade dieser hier abgeleitete Aspekt offener Systeme gewinnt bei dem Ansatz autopoietischer Systeme definitorische Qualität und wird dort charakterisierender Ausgangspunkt der Theorie. Allgemeiner weist der Begriff der Systemorganisation gerade auf die relative, identifizierende Stabilität hin.
Ein Beispiel für einen solchen Zusammenhang bietet der biologische Stoffwechsel.
Ausführlichere Darstellungen und Konzepte zum Begriff des Fließgleichgewichtes findet man wohl zuerst bei v.BERTALANFFY, der im übrigen auch als einer der Begründer des Ansatzes offener Systeme angesehen werden kann. Ansonsten siehe zur Ausführung dieses theoretischen Ansatzes: GLANSDORF/ PRIGOGINE 1971, NICOLIS/PRIGOGINE 1977, PRIGOGINE 1978, 1979; WERTH 1974.
Auch hier sei nur auf thermodynamische Zustandsgrößen eines Systems, wie die “freie Energie” oder die “Entalphie” hingewiesen, die insbesondere in der chemischen Thermodynamik im Zusammenhang mit Begriffen der Triebkraft bzw. Affinität für die Arbeitsfähigkeit chemischer Systeme mit bestimmten Eigenschaften stehen. Die Affinität bezeichnet dabei eine chemische Kraft, “welche die Richtung der chemischen Reaktion in der gleichen Weise bestimmt, wie der Temperaturgradient die Richtung des Wärmeflusses bestimmt. … Die Affinität A wächst (ihrem absoluten Betrag nach), wenn wir das System vom Gleichgewicht fortdrängen.” (PRIGOGINE/ STENGERS 1981, S. 144)
Siehe hierzu wiederum die Arbeiten von PRIGOGINE. Der gleichgewichtsnahe Bereich wird auch das lineare Gebiet genannt. Der stationäre Zustand ist ein Zustand rninimaler Entropieproduktion, und er ist stabil (GLANSDORF/PRIGOGINE 1971). Er entspricht dem thermodynamischen Gleichgewicht in abgeschlossenen Systemen.
Zum Selbstorganisationsbegriff bei ASHBY 1962 siehe die kurzen Ausführungen in 2.3.2.
Ein wichtiges Phänomen, das die Nichtlinearität von Strukturen garantiert, ist in diesem Zusammenhang die Autokatalyse. Der Begriff des Katalysators ist aus der Chemie bekannt. Dort bezeichnet er einen chemischen Stoff, der eine chemische Reaktion beschleunigt bzw. erst ermöglicht. In diesem Rahmen bedeutet also Autokatalyse, daß eine chemische Substanz Voraussetzung für eine Reaktion ist, deren Ergebnis u.a. auch diese Substanz selbst ist.
Ich komme auf die in diesem Zusammenhang wichtigen Begriffe der Bifurka-tion (Verzweigung) und des Symmetriebruchs noch ausführlicher im Kapitel 3.2 und 4 zurück.
Neben stationären Zuständen und Grenzzyklen (orbital-stationäres Verhalten) kann ein deterministisches System unter bestimmten Bedingungen auch ein sog. chaotisches Verhalten zeigen. Man spricht auch von einem “strange attractor”. Siehe zum Beispiel HAKEN 1978, 1984; TOMITA 1979. Als Attraktor wird allgemein eine asymptotisch stabile Verhaltenstrajektorie eines Systems bezeichnet (asymptotisch stabile stationäre Punkte, asymptotisch stabile Grenzzyklen und Bereiche chaotischen Verhaltens). Das heißt, er spezifiziert einen Teilraum des Zustandsraumes des Systems (z.B. einen Punkt, einen “Kreis”), auf den hin ein System in seinem dynamischen Verhalten zusteuert, ausgehend von einer dem einzelnen Attraktor eindeutig zuzuordnenden Menge von Ausgangszuständen, dem “domain of attractor” oder der Attraktorsenke, die selbst einen Teilraum des Zustandsraumes darstellt, welche den Attraktor enthält. Das System kehrt nach Störungen bzw. Auslenkungen aus dem Attraktorzustand immer wieder in den alten Zustand zurück (daher “asymptotisch” stabil, siehe Kapitel 4), solange die Störungen nicht so groß sind, daß sie den Systemzustand aus der entsprechenden Attraktorsenke heraussteuern. Ein nichtlineares System kann keinen, einen, aber auch mehrere Attraktoren, damit auch mehrere Attrak-torensenken in seinem Zustandsraum besitzen, die unter Umständen in sehr komplizierter Weise einander zugeordnet sein können. So kann man sich vorstellen, daß nur kleine Bewegungen des Systems im Zustandsraum zu großen Veränderungen in seinem stationären Verhalten führen können, grenzen die Attraktorsenken nur nahe genug aneinander. Zu einem einfachen Beispiel siehe u.a. ROSEN 1970, S. 200ff mit anschaulichen graphischen Darstellungen.
In sehr kurzer Zeit ist mittlerweile ein großes Literaturangebot zu diesem Theorieansatz entstanden. Siehe z.B. die Sammelbände von M. ZELENY 1980, 1981, ROTH et al. 1981 oder auch BENSELER 1980.
MATURANA definiert: “Die autopoietische Organisation wird als eine Einheit definiert durch ein Netzwerk von Produktion von Bestandteilen, die erstens rekursiv an dem selben Netzwerk der Produktion von Bestandteilen mitwirken, das auch diese Bestandteile produziert, und die zweitens das Netzwerk der Produktion als eine Einheit in dem Raum verwirklichen, in dem die Bestandteile sich befinden.” (MATURANA 1982, S. 158).
Siehe insbesondere LUHMANN 1984.
Zur aktuellen Diskussion zur Relevanz des Begriffs der Autopoiesis siehe auch: LIPP (1987) und BÜHL (1987).
Siehe z.B. HAKEN 1984, der ausdrücklich versucht, ökonomische und soziale Prozesse mit den Kategorien der Synergetik zu deuten. Siehe auch WUNDERLIN/HAKEN 1981 und insbesondere WEIDLICH/HAAG 1983. Aus der Sicht der Sozialwissenschaften — alle oben genannten Autoren sind Naturwissenschaftler — darf man allerdings diese Beiträge getrost naiv nennen, da sie, wie im folgenden gezeigt wird, wesentliche Spezmka sozialwissenschaftlicher, insbesondere mehrebenenbezogen-sozialwissenschaftlicher Theoriebildung vernachlässigen.
Wie ich es schon für autopoietische Systeme angedeutet habe, so wird allgemein der Theorie der dissipativen Strukturen und speziellen Entwicklungen z.B. bei EIGEN/WINKLER (1975), EIGEN/SCHUSTER 1979 ein hoher Stellenwert zur Erforschung, Erklärung und Deutung von Leben und der Entstehung des Lebens zugewiesen.
Siehe Versuche zur Selbstreferenz in der Literatur. So bei HEJL, der strikt dem MATURANAschen Ansatz folgt, welcher in das Konzept der organisationa-len Geschlossenheit (Zirkularität) und spezieller der Autopoiesis von Systemen einmündet und sehr stark dem naturwissenschaftlichen Paradigma verbunden ist (HEJL 1982, MATURANA 1982). Er stellt dabei die aus der MATURANAschen neurophysiologischen Theorie abgeleiteten erkenntnistheoretischen Implikationen in den Vordergrund, die z.B. auch sehr konsequent bei URIBE 1981 ausformuliert sind. Siehe insbesondere HEJL 1982, S. 180ff. Ohne die bei HEJL erfolgte vorrangige Berücksichtigung der erkenntnistheoretischen Implikationen, doch mit einer entsprechenden Orientierung versteht LUHMANN den Begriff der Selbstreferenz im Zusammenhang seiner Theorie: “Das nächste Zentralthema heißt Selbstreferenz. Es gewinnt erst in der neuesten Systemforschung eine rasch zunehmende Beachtung, auch unter Titeln wie Selbstorganisation oder Autopoiesis…. Der Begriff der Selbstreferenz bezeichnet die Einheit, die ein Element, ein Prozeß, ein System für sich selbst ist, ‘für sich selbst’ — d.h. unabhängig vom Zuschnitt der Beobachtung durch andere” (LUHMANN 1974, S. 57f.). Die Striktheit dieser Sicht der selbstreferenziellen Abgeschlossenheit offener Systeme impliziert, wie LUHMANN auch selbst schließt, den “Verzicht auf Möglichkeiten der unilateralen Kontrolle”. Ich gehe dagegen davon aus, daß ein Begriff der Selbstreferenz in dieser Radikalität im Zusammenhang sozialwissenschaftlicher Theoriebildung eher inadäquat ist und prinzipiell die von LUHMANN abgelehnte Möglichkeit von Strukturkontrolle gegeben sein muß, wie ich sie in meinen Ausführungen zum Prozeß in Mehrebenensystemen umrissen habe. Entsprechende Einlassungen lassen sich auch von MATURANA (JANTSCH 1981, S. 66) und VARELA (VARELA 1981) selbst anführen, wo sie die Möglichkeit der einfachen Übertragung des Konzepts autopoietischer Systeme auf soziale Systeme ablehnen.
Selbstreferenzielle Systeme sind demnach Systeme, in deren Prozeßstruktur sich Selbstreferenz nachweisen läßt.
Dazu gehört z.B. das für die Kybernetik typische Grundmodell des Regelkreises, in dem Systemverhalten kontrolliert wird über ebenfalls durch Systemattri-bute verfügbare Toleranzintervalle und in dem Strukturen zur “Regelung”, d.h. zur Gewährleistung der Einhaltung dieser vorgegebenen Intervalle durch betroffene Systemattribute, gegeben sind. Die Toleranzintervalle bilden hier den spezifischen Bezugspunkt von Selbstreferenz. Eine allgemeinere Interpretation des Konzepts eines systemspezifischen Bezugspunktes der Selbstreferenz und die theoretische Interpretation im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Theorie sollen später noch folgen.
Hier ist mit dem Begriff der Merkmalsinteraktion der Bezug zu einem statistischen Verständnis von Interaktion gemeint.
“Selbstproduktion” ist nichts weiter als die deutsche Übersetzung von Auto-poiesis.
Dem Prozeß der Input-Integration ist eine integrale wie eine interne Dimension zuzuweisen. Siehe in diesem Zusammenhang die Konstruktionen von KUHN. Seine Begriffe des “detectors” und des “selectors” ließen sich mit meinem Prozeß der Input-Integration vergleichen, sein Begriff des “effectors” mit dem hier so benannten Prozeß der Output-Integration (KUHN 1974). Der prozessuale Aspekt dieser Systemaktivität, ihre zeitlich bedingte nichtlineare Einbindung in den Gesamtprozeß wird von KUHN allerdings stark vernachlässigt.
Als Beispiel lassen sich u.a. die Genese sozialer Bewegungen oder auch die Entstehung von sozialen Organisationen anrühren. Darauf komme ich in 3.2.2 noch zurück.
Siehe zum Beispiel KLAUS/LIEBSCHER 1971, SACHSSE 1971, YOVITS et al. 1962, darin insbesondere MESAROVICs Beitrag.
Siehe auch HEJL 1982.
Siehe dazu auch die Äußerungen von WERTH 1974 zur Geschichtlichkeit offener Systeme, wie sie in Abschnitt 2.3.1 referiert wurden.
Natürlich könnte hier eine umfassende Diskussion zur Zielorientierung sozialer Systeme bzw. menschlicher Handlungssysteme einsetzen. Siehe z.B. aus dem Bereich der Systemtheorie dazu: v.FOERSTER et al. 1968, MESAROVIC et al. 1970, ACKHOFF/EMERY 1975, einige Aufeätze in BUCKLEY 1968 (z.B. ROSENBLUETH et al., ACKHOFF/CHURCHMAN), HANKEN/REUVER 1981. Ich folge hier einer eher pragmatischen Strategie, wie z.B. bei ROPOHL 1979, die meiner Konstruktion der Input-und Output-Integration über Systemfilter gut entspricht und die für die folgende Argumentation ausreicht.
Siehe ROPOHL 1979, S. 115ff. Im Rahmen meines Formalisierungsansatzes ist das hier so bezeichnete “Zielsystem” eher als eine Teilstruktur der integralen Prozeßstruktur zu verstehen. Damit ist insbesondere klar, daß Ziele auch zeitabhängig sind, sich aber, soweit sie eben der Systemstruktur bzw. Systemprozeßstruktur zugerechnet werden, auf der langsameren Zeitskala in der gesamten Systemdynamik bewegen. Eine besondere Rolle für den Entstehungszusammenhang von Zieldispositionen,-orientierungen und Zielen kommt der historischen Dimension zu, die auf je spezifische Weise auf die Bedeutung individueller Erfahrungen, z.B. individuellen Sozialisationsbedingungen, abhebt.
In diesem Zusammenhang werden natürlich alle Probleme im Zusammenhang mit Fragen nach der Konsistenz, Widersprüchlichkeit und Ambivalenz von Zielen virulent, auf die ich hier allgemein nicht weiter eingehen möchte. Im Zusammenhang mit der Diskussion individueller Entscheidungs-und Handlungsstrategien im Prozeß gesellschaftlichen Wandels in Mehrebenensystemen komme ich darauf exemplarisch zurück.
Siehe ACKHOFF/CHURCHMAN 1968, S. 245 und ACKOFF/EMERY 1975, S. 27ff.
Damit ist das in naturwissenschaftlichen Systemansätzen so bezeichnete Ziel der Selbsterhaltung des Systems oder seiner stationären Strukturen nicht ein Ziel in dem hier gemeinten Sinn. Für diese Ansätze kann auf Konzepte der Zielorientierung verzichtet werden. Im MATURANAschen Ansatz werden daher auch keine “zielgerichteten’’ Systeme betrachtet. Das “Funktionieren” eines autopoieti-sches Systems besteht “nur in der Abfolge seiner eigenen selbsterhaltenden Zustände”, es ist ein “stabiles, zustandsdeterminiertes, und streng deterministisches System, das in sich selbst geschlossen ist und durch Interaktionen moduliert wird, die nicht durch sein Verhalten spezifiziert werden” (MATURANA 1982, S. 74, S. 190f).
Zur Darstellung der Geschichte des Hierarcrhiebegriffs siehe WHYTE 1969, WHYTE et al. 1969. Einen zusammenfassenden Überblick über unterschiedliche Konzepte zum Hierarchiebegriff findet man z.B. bei WILSON 1969, GRENE 1969.
Zu anderen Darstellungen der Anwendungen des Hierarchiebegriffs mit Taxonomiecharakter siehe z.B. MESAROVIC et al. 1970, MESAROVIC/MACKO 1969, MILSUM 1971, OLDERSHAW 1980, ALLEN/STARR 1982.
Die “Hierarchisierung” von Strukturen durch Modularisierung ist von großer pragmatischer und praktischer Bedeutung. Siehe das berühmte Beispiel der beiden Uhrmacher bei SIMON 1972. SIMON weist in diesem Beitrag auch auf die Unverzichtbarkeit der Technik der Modularisierung im Bereich der Konzipierung und Anwendung elektronischer Rechner hin.
Meist ist hier allerdings eine “mikroskopische Interpretation” solcher emer-genter Zustandsgrößen möglich, was den modularen Charakter dieser Strukturmodelle betont.
Siehe in diesem Zusammenhang z.B. auch den Ansatz der “hierarchical modular structure”, wie er von WILSON vorgestellt wird (WILSON 1967, S. 302ff).
Zum Konzept der Aggregationshierarchien bei lebenden, speziell bei sozialen Systemen bzw. menschlichen Handlungssystemen siehe auch BOWLER 1981, BUNGE 1981, COLEMAN 1971, GERARD 1940, MILLER 1974, 1978, MILSON 1972, 1969, ROPOHL 1979. Hierauf läßt sich auch MESAROVICs Typ der Abstraktionshierarchie (“Strata: Levels of Description or Abstraction”) beziehen (MESAROVIC et al. 1970, S. 37ff).
BAHM bezeichnet den KOESTLERschen Ansatz daher auch kurz als “holonism” (BAHM 1983, S. 208ff).
In diesem Zusammenhang muß auch KOESTLERs scharfe Kritik am klassischen Behaviorismus berücksichtigt werden, der ja von starren Reiz-Reaktionen-Schemata ausgeht, ohne die Chance der flexiblen Reaktion zu berücksichtigen. Siehe KOESTLER 1967, S. 23ff.
Siehe auch die Kritik von WEISS in der Diskussion zu dem Beitrag zu KOESTLER (WEISS 1970, S. 217).
Siehe auch 2.2. Soziale Aggregate oder soziale Kategorien (“social categories”) (BOWLER 1981, S. 164; ACKOFF/EMERY 1975, S. 220), wie nach bestimmten Kriterien ausgegrenzte Teilgruppen einer Gesellschaft, so zum Beispiel Kohorten, Berufsgruppen u.a., sind daher nicht ohne weiteres als Kollektive zu verstehen.
Siehe ROPOHL 1979, S. 55f, der darin ein eigenständiges Konzept eines Systemansatzes sieht.
Auch Ropohl versucht, im Rahmen seines Konzepts diese Forderung ernst zu nehmen und leitet daraus seine These ab, daß “im systemtheoretischen Denken die endlich fällige Synthese zwischen atomistischem und holistischem Prinzip” (ROPOHL 1979, S.96) gegeben ist, ohne allerdings eine überzeugende mehrebe-nentheoretische Grundlage zu bieten. Siehe hierzu insbesondere ROPOHL 1979, S. 139ff. Hier ist KOESTLER systemtheoretisch präziser und überzeugender.
Siehe dagegen wiederum ROPOHL, der auch von Aggregation spricht, aber einen viel komplexeren Zusammenhang meint (ROPOHL 1979, S. 157ff). Siehe auch Kapitel 3.2 im Zusammenhang mit der Darstellung der Genese von Systemen höherer Ordnung in Aggregationshierarchien.
Wie sich in 2.4.1.3 zeigen wird, bedeutet das nicht unbedingt, daß damit das Mitgliedschaftssystem als black box zu betrachten ist, auch wenn dieser Fall in der Forschungspraxis bislang vorherrschend ist.
Häufig wird im Zusammenhang mit dem Konzept des Kontextes auch von einem ökologischen Ansatz oder vom Kontext als sozialer Umwelt gesprochen.
Dieser Ansatz läßt sich in der klassischen Kontextanalyse nicht umsetzen, da eine statische, kontextanalytische Gleichung auf der Basis einer individuenbezogenen Datengrundlage nicht schätzbar ist, wenn eine individuenbezogene Modifikation von additiven und nichtadditiven Kontexteffekten angenommen wird. Einen Versuch, der diese Problematik entschärft, stellt HARDER mit dem I-Typen-Konzept vor (HARDER 1969a).
Hier liegt bislang aber noch ein schwerwiegendes Problem auf räumliche Kontexte hin angelegter Kontextanalyse. Damit hängt das Problem der Notwendigkeit der Systemhaftigkeit von Kontexten zusammen. Alles deutet darauf hin, daß die Kontextdefinition in der bisherigen Forschung bei weitem nicht ausreichend durchdacht wurde und viel zu sehr in einfachen statischen Kategorien spezifiziert wurde. Zur neueren Diskussion siehe z.B. BAILEY 1985.
Siehe z.B. LINCOLN/ZEITZ 1980, STEINLE 1981, ZÜNDORF 1978.
Siehe zur Methode der Kontextanalyse unter anderem: BOYD/IVERSON 1979, ERBRING/YOUNG 1979, ESSER 1982, EULAU 1977, FIREBAUGH 1979, HARDER 1969, 1969a, 1974, HARDER/PAPPI 1969, HARDER et al. 1981, HUMMELL 1972, HUININK 1981, LINCOLN/ZEITZ 1980, STIPARK/ HENSLER 1982, STREITBERG 1976. Zu einer aktuellen Fortentwicklung kontextanalytischer Methoden siehe auch MASON et al. 1984. Zur Bewertung der neueren kontextanalytischen Ansätze siehe auch Punkt 2.4.1.4.
Siehe hierzu z.B. CLAR 1981, FALTER 1979, NIGSCH 1977, NOVOTNY 1974, PAPPI 1976, TREIBER 1980.
Unter anderem versuchen ERBRING/YOUNG 1979 diesen Ansatz genauer zu kritisieren und eine methodische Innovation über ein theoretisch motiviertes Modell der kontextinternen Diffusion von Verhaltensformen zu leisten.
Es war daher auch die Überlegung, die Bezeichnung der “Gruppenhierarchie” hier einzuführen.
Eine Diskussion der Beziehung von Mehrebenenanalyse und Netzwerkanalyse findet sich z.B. Bei HUMMELL 1981, wo er genau die Problematik der “Konstitution sozialer Einheiten” aus Netzwerken aufwirft und damit die Frage verbindet, “ob Untermengen von Akteuren bestimmte Einheiten ‘höherer Ordnung’ bilden, wie z.B. Positionen, Gruppen oder soziale Systeme” (HUMMELL 1981, S. 37).
Siehe z.B. ANDERSON/CARLOS 1976, die besonders den Aspekt Selektivität betonen. Im übrigen kann eine Netzwerkanalyse natürlich in ein mehrebenenana-lytisches Modelldesign einbezogen sein. Der Prozeß der Netzwerkgenese und-dynamik wird sich danach unter dem Einfluß von Kontrolltransfers, z.B. kon-textuellen Bedingungsfaktoren, vollziehen. Darauf wird noch zurückzukommen sein.
Siehe dazu u.a. NEIDHARDT 1983, insbesondere die Aufsätze von TYRELL und SCHENK. NEIDHARDT definiert die “soziale Gruppe” an anderer Stelle vor dem Hintergrund des LUHMANNschen Konzepts sozialer Systeme wie folgt “Gruppe ist ein soziales System, dessen Sinnzusammenhang durch unmittelbare und diffuse Mitgliederbeziehungen sowie durch eine relative Dauerhaftigkeit bestimmt ist. “(NEIDHARDT 1979, S.642) TYRELL expliziert “als das tragende Prinzip des Systemtypus Gruppe” einen Begriff der “Zusammengehörigkeit”, der einen ‘‘bestimmten unverwechselbaren Kreis von Personen” meint, die in einem “besonderen Verhältnis” zueinander stehen, das “alle mit allen” verbindet. Zum Verständnis der Zusammengehörigkeit gehört die Unmittelbarkeit der Beziehungen, das “Zusammenkommen und Zusammensein”, Abwesenheit von Gruppenmitgliedern fällt auf. Schließlich bedeutet Zusammengehörigkeit in seiner zeitlichen Dimension “Bestand, Dauer” (TYRELL 1983, S. 82f).
Siehe auch die “Holonisten” ANDERSON/CARTER 1974, S. 74ff. Überlegungen zur Bedeutung von Mitgliedschaft in Netzwerksystemen und damit der Begründung der Systemhaftigkeit von Netzwerksystemen führt auch COLEMAN 1971 aus.
Siehe im Zusammenhang mit dem oben genannten Beispiel der sozialen Gruppe daher auch ACKOFF und EMERY, die definieren: “Soziale Gruppe: ein zielbewußtes System, dessen Glieder zielbewußte Systeme sind und die Absicht haben, Koproduzenten eines gemeinsamen Ziels zu sein.” (ACKOFF/EMERY 1975, S. 221). Im übrigen könnten natürlich auch soziale Organisationen als Beispiele für Netzwerksysteme betrachtet werden. ACKOFF und EMERY sehen sie auch als einen bestimmten Typ der sozialen Gruppe an, ein Ansatz, der vor dem Hintergrund ihrer oben genannten Definition durchaus einleuchtet.
Natürlich lassen sich auch hier bedeutende Aspekte individueller Autonomie identifizieren, die sich in der je spezifischen Auseinandersetzung mit dem Kontext zeigen. Dazu kann insbesondere mit dem Bezug auf andere Kontexte individuelle Mobilität gehören, die zu einer spezifischen Veränderung oder Stabilisierung von Kontextcharakteristika beitragen können. Damit ist das Phänomen der Segregation angesprochen.
Siehe formale Konzepte der Netzwerkanalyse und der Soziometrie.
Die aggregierten Mikroberichte spielen nichtsdestoweniger eine bedeutende Rolle im Zusammenhang der nichtlinearen Beziehungen zwischen den Einheiten auf den unterschiedlichen Ebenen.
Das muß auch als ein Grund für die nur relativ bescheidenen Erfolge angesehen werden.
Siehe zum Beispiel ROPOHL 1979 (S. 130), der als charakterisierende Subsysteme eines Handlungssystems das Zielsetzungssystem, das Informationssystem und das Ausführungssystem spezifiziert. MILLER (1978) führt für jedes System in seiner Aggregationshierarchie lebender Systeme eine allgemeine umfassend angelegte Ausdifferenzierung der Systemprozesse in Teilprozesse aus. In diesem Zusammenhang muß natürlich auch ein Hinweis auf die PARSONSsche Konstruktion seines AGIL-Schemas hingewiesen werden (PARSONS 1961).
Siehe auch den Ansatz von ROPOHL 1979, S. 144ff.
Die horizontale Struktur auf untergeordneten Ebenen ist allerdings häufig nicht unabhängig von der Repräsentantenstruktur in zugeordneten Obersystemen. Auf der anderen Seite können Repräsentanten von Obersystemen in einer Hierarchiedimension Obersysteme auch im Rahmen einer anderen Hierarchiedimension des Mehrebenensystems sein. Hiermit ist ein typischer Fall der interdimensionalen Strukturbeziehungen in Mehrebenensystemen gegeben.
Siehe auch Abschnitt 3.2.5.3 zu den Kontroll-Loops.
Da ich auf die einzelnen Begrifflichkeiten nicht näher eingehe, verweise ich auf WEBER 1976, dessen Definitionsversuche als klassische Grundlage angesehen werden können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis auf eine Version der Interpretation der oben genannten WEBERschen Macht-Definition. Ich nehme an, daß WEBER in seinem Macht-Begriff nicht prinzipiell das “Widerstreben” dessen, auf den Macht ausgeübt wird, einschließt. Daher heißt es m.E. auch “auch gegen Widerstreben”. Ich teile somit LUHMANNs Kritik nicht.
Ich habe schon darauf hingewiesen, daß soziale Organisationen auch als Obersysteme in Aggregationshierarchien eine bedeutsame Rolle spielen können. Zum Begriff der Organisation und zur Organisationstheorie siehe z. B. BÜSCHGES 1976. BÜSCHGES selbst versucht den Begriff wie folgt zu charakterisieren: “Organisationen sind von Menschen erfundene, zur Verwirklichung spezifischer Zwecke geschaffene, planmäßig gestaltete, herrschaftlich verfaßte und relativ dauerhafte soziale Gebilde mit formalisierten Mitgliedschaftsbedingungen, Ein-und Austrittsregelungen, arbeitsteilig differenzierten und hierarchisch oder demokratisch geordneten Positionen und Rollen, festgelegten Arbeitsprogrammen, zurechenbaren Aktionen und teils integrierenden, teils konfligierenden Strukturen und Prozessen.” (BÜSCHGES 1976, S. 14) “Das der Gewährleistung dauerhafter, auf die Verwirklichung der Organisationszwecke ausgerichteter, den politischen Zielsetzungen der Organisation entsprechender und ihre Anpassung an veränderte Umweltbedingungen ermöglichender Kooperation dienende Koordinations-und Kontrollsystem transformiert die ‘funktionale Organisation’ in eine skalare Organisation’: in ein hierarchisch gegliedertes, Über-, Neben-und Unterordnungsbeziehungen begründendes, Weisungsbefugnisse zuteilendes, Kompetenzen regelndes, abgrenzendes und abstufendes Herrschaftssystem.” (BÜSCHGES 1976, S. 22) Damit ist eine exemplarische Definition in sehr kompakter, wenn auch schwer lesbarer Weise gegeben. Im weiteren Teil dieser Arbeit werden Umdeutungen und Ergänzungen des hier dokumentierten Ansatzes aus der Sicht des Mehrebenensystem-Konzepts noch deutlich werden. Ein wichtiger Beitrag wird dazu von ADORNO 1972 gegeben, worauf ich ebenfalls noch zurückkomme.
Bei OLDERSHAW 1980 findet man das Konzept des “governmental design”, ALLEN/STARR 1982 prägen den Ausdruck der “non-nested hierarchy”. MILSUM 1972 spricht von einer “management hierarchy”. Siehe auch schon GERARD 1940 mit dem Ausdruck des “Gradienten”.
Siehe auch MESAROVIC/MACKO 1969, MESAROVIC 1974, DIRICKX/ JENNERGEN 1979, PICHLER 1984, RICHARDSON/PELSOCI 1972.
Betrachte hierzu bei BAUMGARTNER et al. 1976 den Begriff der “Meta-Power” oder der “relational control”, welche die Chance zu Kontrolltransfers bezeichnen, denen ein Einfluß auf organisationshierarchische Strukturen selbst zugebilligt wird. Damit ist der in 2.2.2.1 angedeutete Fall betroffen, nach dem Obersysteme höherer Ebenen (Rang > 2) einer Hierarchiedimension immer auch Kontrollpotential bezogen auf die Mehrebenenbeziehungen zwischen Untersystemen auf unterschiedlicnen unteren Ebenen besitzen können.
Siehe MESAROVIC et al. 1970, S.56ff. Ein Beispiel ist auf den Seiten 23ff zu finden. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die Autoren unter Prozeß ein Subsystem des Mehrebenensystems verstehen, das von den Entscheidungseinheiten auf der untersten Ebene kontrolliert wird, also zum Beispiel eine Produktion in einer betrieblichen Organisation. Dieses Subsystem bietet auch die einzigen “Schnittstellen” zur Systemumwelt.
Siehe hierzu auch BAUMGARTNER et al. 1976, wo der Ausdruck der diffe-rentiellen Ressourcenkontrolle eine wichtige Rolle zur Begründung von Machtgradienten spielt.
Dazu soll auch in Erinnerung gerufen werden, daß die Zeitskalendifferenzierung sich definitionsgemäß auf die integralen Prozesse der Systeme, also auf Verhaltensattribute bezieht. Man muß also wissen, welche Größen dafür maßgebend sind und welche Größen (Parameter, Fluktuationen) nicht direkt in die Definition des Hierarchieprinzips eingehen. Entscheidend ist das Verhältnis der “Fristigkeit” der Verhaltensprozesse von Systemen unterschiedlicher Ordnung.
Siehe ALLEN/STARR 1982, VOORHEES 1983, S. 26. Letzterer zum Beispiel folgert aus seinem Ansatz die Generierung eines als zyklisch verstandenen Prozesses höherer Ordnung mit seiner charakteristischen Frequenz aus den einzelnen hochfrequenten Mikroprozessen der Elemente, ohne allerdings über diese sehr allgemeinen Bemerkungen dazu hinauszugehen.
Eine besondere Rolle spielen hier natürlich solche Parameter, die man als anthropologische Grundkonstanten verstehen könnte: z.B. die Notwendigkeit, sich zu ernähren, oder Triebe, wie z.B. der Geschlechtstrieb. Auch soziale Verhaltensstrukturen hoher Stabilität lassen sich identifizieren, die “alle Zeitalter zu überdauern” scheinen, so daß man oberflächlich schließen könnte, das einzig Stabile seien solche bestimmten individuellen Dispositionen. Diese Phänomene stimmen aber mit dem Konzept der Zeitskalenhierarchie voll überein. Als solche sind sie ja nicht individuell spezifisch angelegt, sie bilden gleichsam “Vorgaben” der Natur, also stellen sie sich als Kontrolltransfer-Ergebnis von Prozessen einer Meta-Ebene dar, die in der Umwelt sozialwissenschaftlicher Mehrebenensysteme anzusiedeln ist und somit extrem langsame Veränderungsgeschwindigkeiten aufweist. Damit sind sie zwar in direkter Weise für das einzelne Individuum, aber ebenso für die Parameterstruktur eines sozialen Mehrebenensystems insgesamt, relevant. Eine spezifisch individuelle Dimension kann sich nur auf das “Wie” des Auslebens dieser anthropologischen Vorgaben beziehen. Dieses allerdings ist u.U. wiederum Gegenstand von mehrebenenanalytischer Modellbildung in einem Zeitskalenbereich, der unterhalb der angesprochenen Meta-Ebene liegt.
Hier zeigt sich die Notwendigkeit der Ergänzung dieser Überlegungen durch eine ausführliche Diskussion einer Theorie subjektiver Zeit und des subjektiven Verständnisses sozialer Zeit.
Auch hier müssen weitere Möglichkeiten der Relativierung der Bedeutung von Kontrolltransfers berücksichtigt werden/ die zum einen mit der Qualität der untersystem-spezifischen Kommunikationskanäle zusammenhängen, zum anderen die Relevanz der Wahrnehmungs-und Interpretationskapazitäten, bezogen auf die beteiligten Zeithorizonte, betreffen.
Auch hier läßt sich entsprechendes für Aggregationshierarchien ausführen. Ansonsten siehe hierzu auch MESAROVIC et aL 1970, S. 54f.
Siehe zum Beispiel das Phänomen des Kontroll-Loops, das in Abschnitt 3.2.4 behandelt wird.
Siehe auch ALLEN/STARR 1982, S. 39f mit ihrem Ansatz der “nested” und “non-nested hierarchies”. Die Rechtfertigungsargumente der Differenzierung der Hierarchietypen gehen auf ihre Ausführungen dazu zurück.
Siehe hierzu zum Beispiel den Ansatz materialistischer, sozialwissenschaftlicher Theorie, in der eine bestimmte Hierarchie unter Repräsentanten, also Teilprozessen gesellschaftlicher Systeme begründet wird.
Siehe hier zum Beispiel den Ansatz von CAMPBELL/ALEXANDER 1958.
Rights and permissions
Copyright information
© 1989 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Huinink, J. (1989). Mehrebenensysteme. In: Mehrebenensystem-Modelle in den Sozialwissenschaften. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83848-3_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83848-3_3
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag
Print ISBN: 978-3-8244-4017-7
Online ISBN: 978-3-322-83848-3
eBook Packages: Springer Book Archive