Zusammenfassung
Es ist wohl wahr:
Kaum ein Gebiet des gesellschaftlichen Handelns erfährt so viel wissenschaftliche Beachtung wie die Schule. Es gibt ganze Wissenschaftsdisziplinen, die sie zum Gegenstand haben: die Pädagogik und Erziehungswissenschaft, die allgemeine Didaktik und Methodik, die Schultheorie, aber auch verschiedene Teildisziplinen von Psychologie und Soziologie befassen sich auf systematische Weise mit der Schule,... (Ehlich/Rehbein 1983: 7)
Der versammelte wissenschaftliche Sachverstand richtet sich dabei so gut wie ausschließlich auf das Geschehen im Unterricht. Auch die Linguistik macht hier keine Ausnahme:
Wenn die Linguistik das kommunikative Handeln in der Schule untersucht, so hofft sie also darauf, Aspekte der Schulwirklichkeit, der Wirklichkeit des Klassenzimmers deutlich zu machen. (Ehlich/Rehbein 1983: 9)
Selbst dann, wenn die Linguistik „Handlungen außerhalb des offiziellen Unterrichtsdiskurses“ (Redder 1983: 134) untersucht, verbleibt sie im Klassenzimmer. Ihre Stippvisiten vor das Klassenzimmer, in Pausengespräche und Schulgraffiti werden — ganz im Sinne hegemonial-normativer Definition — zu „Neben-Kommunikation“ (Baurmann/Cherubim/Rehbock 1981) und „Hinterbühnen-Aktivitäten“ (Reinert/Zinnecker 1978). Außerhalb des Unterrichts gibt es in der Schule scheinbar nichts Nennenswertes zu untersuchen.
Trotz aller Bekenntnisse zur Empirie wird neuer, der Erfahrung entstammender Inhalt als Störenfried der Methode empfunden. Ihn wehrt man ab, indem man jene mit puritanischer Reinheitswut exekutiert: um keinen Preis darf etwas methodisch inkorrekt und darum potentiell falsch sein, wenngleich nichts Relevantes anders sich erkennen läßt als in einem Denken, das auch falsch sein könnte. (Adorno 1967: 28)
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Staufer, J. (1987). Der Unterdrückte Widerstand. In: Vogt, R. (eds) Über die Schwierigkeiten der Verständigung beim Reden. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83816-2_5
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