Zusammenfassung
Wer sich als Sprachwissenschaftler darauf einläßt, Aufnahmen von Strafprozessen zu machen, um diese später in transkribierter Form einer gründlichen Analyse zu unterziehen, muß sich darauf gefaßt machen, daß bei weitem nicht alle Angeklagten auch bereit sind, an dieser Aufnahme mitzuwirken: Sie verweigern schlicht ihre Zustimmung. Häufig gehörte Gründe beziehen sich (wie vermeintlich auch immer) vor allem auf die persönliche Geschichte, bei der eine Aufnahme nur störend wirken könnte. Man kann wohl zusammenfassen, daß viele, um deren Zustimmung wir gebeten hatten, ihren ‘Fall’ als einen zu besonderen erfahren, als daß hierbei eine sprachwissenschaftliche Verarbeitung, die immer auch eine Verallgemeinerung darstellt, passen würde. Zur Diskussion steht die Frage der Identität, übrigens auch manchmal bei den Institutionsvertretern, angesichts deren ‘fremde’ Personen, auch wenn sie sich (sprach)-wissenschaftlich legitimieren, als unerwünschte Eindringliche gesehen werden. Fast immer ist es diese eigentümliche Spannung zwischen dem Persönlichen und dem Allgemeinen, die die Angeklagten bewegt, wenn sie Aufnahmen gestatten oder auch verweigern. Diese Beobachtung ist übrigens durchaus losgelöst zu sehen von den überwiegend vorhandenen Schuldgefühlen oder, in anderen Fällen, von der Einsicht in die Straftat und ihre rechtlichen und prozessualen Folgen. Vielmehr richtet sich die spezifische Sensibilität von Angeklagten meistens auf die besondere Form, in der erscheint, was sie getan oder unterlassen haben, wenn im Gerichtssaal darüber gesprochen wird. Sprachliche Mittel, die sie i.a. selber benutzen, transformieren sich durch das Verfahren in eine juristische Begrifflichkeit, die teilweise nur noch eine sehr entfernte Ähnlichkeit mit ihrer persönlichen Einschätzung hat.
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Sauer, C. (1987). Aschenbecher Gegen Staatsgewalt. Diskursanalyse Eines Niederländischen “Politierechter”-Verfahrens . In: Vogt, R. (eds) Über die Schwierigkeiten der Verständigung beim Reden. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83816-2_4
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