Zusammenfassung
Jede Zweierbeziehung endet, spätestens mit dem Tod einer der beiden Beziehungspersonen. Wenn aber von einer Auflösung einer Zweierbeziehung die Rede ist, dann ist im Regelfall — und so auch hier im weiteren — nicht das “natürliche” Ende im Blick, sondern eine Beendigung durch Willensakt1. Stark angestiegene Scheidungszahlen — in Deutschland wird jede dritte neugeschlossene Ehe2, in den USA gar jede zweite wieder geschieden — haben dazu beigetragen, daß Scheidungen verstärkt ins Zentrum wissenschaftlicher Aufmerksamkeit gerückt sind. Die Anzahl von Forschungsprojekten, Büchern und Artikeln zu diesem Thema in Fachzeitschriften ist sprunghaft angestiegen.
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Notes
Diese Beschränkung habe ich gewählt, da — trotz bestehender Gemeinsamkeiten — es nicht möglich erscheint, beide Beendigungsformen parallel darzustellen. Eine Beendigung durch einen Willensakt ist im wesentlichen eine Reaktion auf einen subjektiv wahrgenommenen Zustand der Beziehung, während der Tod — die Fälle der Tötung durch den Beziehungspartner bzw. die Beziehungspartnerin ausgenommen — ein von außen auf die Beziehung zukommender “Schicksalsschlag” ist. Zur Verwitwung vgl. als Überblick: Bojanovsky 1986; Shamgar-Handelman 1989; Worden 1987.
Bei dieser vielfach zitierten Schätzung handelt es sich um eine Querschnittszahl. Schätzungen auf der Grundlage von Kohortenbetrachtungen kommen zu einem geringeren Scheidungsrisiko (vgl. z.B. Gostomski/Hartmann/Kopp 1998).
Neben Scheidung und räumlicher Trennung wird gelegentlich noch eine weitere vorgelagerte Aufkündigungsform unterschieden, die Trennung von “Tisch und Bett”, die Aufkündigung der ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. Nave-Herz et al. 1990: 45f): Das Ehepaar lebt zwar weiterhin in einem Haushalt und bleibt verheiratet, aber die beiden Personen leben ein paralleles und voneinander unabhängiges Leben. Ich werde im weiteren diese Form nicht als Beziehungsauflösung miteinbeziehen, da es m.E. ausreicht, hier von einer “leeren Ehe” zu sprechen.
Zu untersuchen wäre auch, ob die Familiengründung auch in nichtehelichen Lebensgemeinschaften eine stabilisierende Wirkung hat.
Diese und die folgende Phase von Duck stimmen weitgehend mit den ersten beiden Stadien überein, die Constanze Ahrons und Roy H. Rodgers (1987) unterscheiden. Sie unterteilen den Prozeß, vor allem mit Blick auf die Familie, in insgesamt fünf Stadien: “individual cognition”, “family metacognition”, “systemic separation”, “systemic reorganisation” und “family redefinition”.
Duck versäumt es zwar, räumliche Trennung und Scheidung unmittelbar in sein Modell einzuordnen, aus der “Modellogik” kann aber gefolgert werden, daß sie in die soziale Phase fallen. Gesetzliche Regelungen, die eine Scheidung an eine bestimmte Trennungsdauer binden — im deutschen Scheidungsrecht bis zu drei bzw. fünf Jahren und in Ausnahmefällen sogar noch länger-, können bewirken, daß eine Scheidung verzögert und solange aufgeschoben wird, bis die Grabpflege-Phase bereits begonnen hat.
Vaughan führte offene Interviews mit 103 Personen durch, die eine Trennung hinter sich hatten. Auswahlkriterium war, daß sie eine Zeitlang zusammenlebten, sexuelle Erfahrungen miteinander hatten und als Paar galten. Der gesetzliche Status der Beziehung spielte für die Auswahl keine Rolle; es wurden verheiratete und unverheiratete Paare einbezogen. Unter den Befragten befinden sich auch einige, die über die Auflösung einer gleichgeschlechtlichen Beziehung berichten. Nach Vaughan bestehen keine Unterschiede in der Grundstruktur des Auflösungsprozesses bei heterosexuellen und homosexuellen Paaren. Eckardt (1993) führte “narrativ-orientierte Interviews” mit 16 geschiedenen Männern durch.
In der deutschen Übersetzung von Vaughan wurde auf die Verwendung der weiblichen Form verzichtet, so daß immer nur vom “Partner” die Rede ist. Was inhaltlich ausgesagt wird, trifft aber auch für die Partnerin zu. In diesem Zitat wie in den folgenden müssen die entsprechenden weiblichen Formen immer gedanklich hinzugefügt werden.
Schwierigkeiten habe ich bei Vaughan (1988), ob dieses Ausloten der eigenen Gefühle, was mit dem Aktualisieren des Trennungswunsches einhergeht, zutreffend mit Trauerarbeit beschrieben werden kann. Vielfach dürfte bei der sich-trennenden Seite Wut, Resignation oder auch Langeweile sehr viel stärker im Vordergrund stehen als Trauer. Hier scheint die Autorin die Ähnlichkeit der zeitlich versetzten Übergangsprozesse zu überzeichnen. Kritik an den Versuchen, den Verlust des Partners bzw. der Partnerin durch Tod mit einer Trennung gleichzusetzen, äußert auch Herzer 1998.
Dieser Problemkomplex ist mit der Frage nach den Gründen einer Scheidung, die in der Scheidungsforschung im Anschluß an das Pionierwerk von William J. Goode (1956) manchmal aufgeworfen wird (im deutschsprachigen Raum vgl. Schneider 1990; Nave-Herz et al. 1990), nicht erschöpft. Die ermittelten Gründe werden in dieser Forschungstradition als “Fakten” aufgefaßt. Sie werden nicht auf die Trennungsdynamik bezogen und auch nicht in ihrer Relevanz für das Zustandekommen und für die Bewältigung der Trennung gesehen. Insgesamt vermögen es diese Studien nicht, einen Einblick in die hohen Anforderungen an überzeugende Erklärungen zu vermitteln, die in der Auflösungsphase bestehen, und in den mühsamen Prozeß, in dem diese nach und nach ausformuliert und ausgebaut werden.
In dieser Studie wurden geschiedene Paare und deren Kinder kurz nach der Scheidung, dann 18 Monate, fünf Jahre sowie 10 Jahre nach der Trennung erneut untersucht. Von den ursprünglich 60 Familien konnten nach zehn Jahren immerhin noch 52 Familien erneut einbezogen werden (vgl. Wallerstein/Blakeslee 1988). Parallel zur Buchpublikation wurden diese Familien erneut aufgesucht, nunmehr 15 Jahre nach der Erstuntersuchung. Diese neuen Ergebnisse sind in die Publikation aber noch nicht, zumindest nicht in einer systematischen Weise, eingegangen.
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Lenz, K. (1998). Auflösungsphase von Zweierbeziehungen. In: Soziologie der Zweierbeziehung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83768-4_8
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