Zusammenfassung
Der Begriff des ‘mechanischen Denkens’ läßt vielfältige Assoziationen zu, —allein, die Vielfalt trägt nichts zur Präzision bei. Wollte man allerdings diese Assoziationen verbieten, um möglichst schnell einen ‘operationalen’ Begriff vom mechanischen Denken zu gewinnen, mit dem es sich empirisch arbeiten läßt, so läuft man Gefahr, das Phänomen derart zu reduzieren, daß wenig von ihm übrig bleibt. Es gibt jedoch Unterschiede in der Art des Assoziierens: der ‘freien’ Reproduktion dessen, was einem in den Kopf kommt, steht eine ‘gebundene’, durch wissenschaftliche Schulung disziplinierte Assoziation gegenüber, die früher als Spekulation geehrt wurde. Beim freien Assoziieren reproduziert man meist kulturelle oder ideologische Schemata; wissenschaftliche Reflexion versucht die Phänomene aus diesen ‘spontanen’ Schemata zu lösen, indem sie auf die Bedingungen der Möglichkeit solcher Phänomene eingeht. Nichtsdestoweniger liegen beiden Weisen der Assoziation Erfahrungen zugrunde: das ideologische Schema ist Resultat einer kollektiven Verarbeitung von Erfahrungen; die wissenschaftliche Reflexion bettet solche kollektiven Verarbeitungen wie auch individuelle Eindrücke in Episteme ein, die im historischen Prozeß der Wissenschaft erworben wurden. Derart ist Spekulation kein freies Erfinden, sondern bezieht sich implizit immer auf empirische Daten. Expliziert wird die Reflexionsgestalt der Daten, nicht diese selbst. So gibt es viele populäre Vorstellungen von dem, was wir ‘mechanisches Denken’ nennen und auch eine dazugehörige Typologie. Da ist etwa das Bild des gefühlskalten und immerstrategisch vorgehenden Technokraten, der selbst noch im Intimbereich eine Kosten-Nutzen rechnung aufstellt. Es gibt weiterhin auch das Bild eines schüchternen, verklemmten, ungelenken und kurzsichtigen Menschen, der sich große Gefühle gar nicht erst leisten kann. Er war schon als Jugendlicher immer ein Außenseiter, ist unsportlich und hat wenig Glück mit dem anderen Geschlecht. Die große und komplizierte Welt beängstigt ihn, und so schafft er sich eine kleine Ordnung, deren Mechanismus er beherrscht, und innerhalb derer er relativ unangefochten leben kann. Solche Typologie wird kulturell reproduziert: im Theater, in Romanen und Filmen. Wenn man von dem Axiom ausgeht, daß jedem Mythos oder jedem kulturellem Schema eine reale Basis zugrunde liegt, so kommt man im Fall des ‘mechanischen Denkens’ nicht umhin, zu vermuten, daß diese Typologie auch in der Wirklichkeit anzutreffen ist, diese Merkmalskonstellation also öfters auftreten wird. Der Rest ist Induktion.
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References
Nach H.J. Eysenck führt eine erhöhte retikuläre Aktivität, zu der auch die (von uns gemessene) Schweißdrüsentätigkeit gehört, zu einer ‘introvertierten’ Persönlichkeit, die auch einen bestimmten Denkstil bevorzugt. Dieser Denkstil ist u.A. von wenig Spontanität geprägt,—hat also eine gewisse Nähe zum vorerst vagen Konzept eines mechanischen Denkens. (Vergl. Eysenck, H.J., 1970)
Beispielsweise: ‘Computer and Peoples Series’ (ed. by Graines B.R.); Academic Press, New York
Vergl. Brandt, G. et al.: ‘Computer und Arbeitsprozeß’; Frankfurt 1978
Vergl. Fuhrmann, J.: ‘Automaten und Angestellte’; Frankfurt 1971
Vergl. Corell, W.(Hrsg.): ‘Programmiertes Lernen und Lehrmaschinen’; Braunschweig 1966
Vergl. Piaget, J.: ‘Das Weltbild des Kindes’; Berlin 1980
Vergl. Erikson, H.: ‘Identität und Lebenszyklus’; Frankfurt 1974
Wir haben für Leser, die mit Statistik generell oder auch nur mit den komplexeren, muitivariaten Verfahren nicht vertraut sind, in einem Anhang inhaltliche Prinzipien der Inferenz-Statistik rekapituliert. Für eine genauere Beschäftigung mit sozialwissenschaftlich orientierter Statistik empfehlen wir das ausgezeichnete Lehrbuch von J. Bortz: Lehrbuch der Statistik, 1977. Weitere empfehlenswerte Werke über multivariate Verfahren wären etwa: R.B. Cattell, 1966 oder L. Fahrmeier und A.Hamerle, 1984.
Die Frage, inwieweit eine Intervallskala Realität ‘maßstabsgerecht’ abbildet, stellt sich für uns nicht, da unsere Untersuchungs-Objektivität gerade eben in diesen angekreuzten Skalen besteht.
Auf die Problematik dieser Voraussetzungen wird im Anhang zur Statistik etwas näher eingegangen.
Demgemäß ist es eine Fiktion, daß sich eine strenge Distinktion zwischen quantitativen und qualitativen soziaiwissenschaftlichen Analysen aufrechterhalten ließe, welche den Empirikern naturwissenschaftliche, gesicherte Methoden zubilligt und die Anderen auf Plausibilitätsbetrachtungen festlegt.
Dies soll natürlich nicht heißen, daß sich inhaltlich extrahierte Hypothesen nicht durch weitere, analoge empirische Untersuchungen ‘erhärten’ ließen. In diesem Sinne versteht sich unsere Arbeit auch als Materialsammlung und Problemexplikation, deren Ergebnisse durch längerfristige, detailliertere Experimente präzisiert werden müßten.
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Pflüger, J., Schurz, R. (1987). Überleitung. In: Der maschinelle Charakter. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83757-8_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83757-8_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-11835-2
Online ISBN: 978-3-322-83757-8
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