Zusammenfassung
Rekultivierung stammt als Begriff aus der Agrarökonomik. Meyers Enzyklopädisches Lexikon (1977, Bd. 19) gibt dazu folgende Definition: „Wirtschaftliche Wiedererschließung und/oder landwirtschaftliche Neugestaltung eines durch menschliche Eingriffe zerstörten oder zeitweise verschlechterten Geländes. Hierzu gehören zum Beispiel Kiesgruben, Steinbrüche oder Abraumhalden. Die ausgedehntesten zerstörten Gebiete hinterläßt in der Bundesrepublik Deutschland der Braunkohlenbergbau in der Ville.“ In seiner unmetaphorischen Rubrizistik hat das Lexikon natürlich recht. Aber wenn man die Bundesrepublik nicht nur als geographisches Terrain betrachtet, kann es keine Frage sein, daß die ausgedehntesten zerstörten Gebiete zur Zeit nicht irgendwo bei Aachen, sondern im Bildungswesen zu finden sind. Baum und Strauch, Hügel und Tal lassen sich notfalls ersetzen. (Im Aachener Braunkohlenrevier schafft die Rekultivierung eine Landschaft, die nicht selten schöner ist als die ursprüngliche Formation). Noch aber ist nicht einmal zu übersehen, wie hoch die Berge an bildungspolitischem Abraum sind, die sich in den letzten Jahren angehäuft haben. Der Verlust an Kultur, wie er von der Kulturbürokratie im vergangenen Jahrzehnt planmäßig betrieben wurde, ist in seinem Ausmaß gar nicht abzuschätzen. Und das Problem der Rekultivierung in seiner ganzen humanen Bedeutung ist noch nirgendwo erkannt. Vor reichlich zehn Jahren blickten die handelsüblichen Propheten in den Abgrund der Bildungskatastrophe. Wer ein geschärftes inneres Auge besitzt, schaut heute in den viel tieferen Abgrund der Unbildungskatastrophe.
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Herrmann, L. (1977). Rekultivierung — eine neue bildungspolitische Aufgabe. In: Baier, H. (eds) Freiheit und Sachzwang. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83753-0_8
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Print ISBN: 978-3-531-11397-5
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