Zusammenfassung
Jede reelle Politik ist Politik in einer bestimmten Situation; sie bezieht sich auf bestimmte Menschen in einem bestimmten Raum und zu einem bestimmten Zeitpunkt. Bestimmtheit der politischen Situation ist aber wie alle Bestimmtheit niemals bloß positiv gegeben; sie ist stets auch das Ergebnis politischer Definitionen. Das trifft schon auf die allerelementarste Voraussetzung zu: Da es keine ‘natürlichen Grenzen’ gibt, ist die Bestimmtheit eines Territoriums, auf das sich Politik bezieht oder von dem her Politik gemacht wird, immer schon ein Resultat politischer Arbeit: Das Resultat eines Geltendmachens oder eines Bestreitens von Ansprüchen, von Übergriffen, von Siegen und Niederlagen und jedenfalls von aktiver Selbstbehauptung. Sich auf bestimmte Grenzen festzulegen und sich in dieser Festlegung so zu behaupten, daß diese reale Selbstbehauptung in der Anerkennung durch die anderen politischen Subjekte stabilisiert wird, ist die fundamentale politische Bestimmung und sie muß als aktive Selbstbehauptung in Begriff und Handlung verwirklicht werden. Für alle weitere Bestimmtheit innerhalb dieser Territorialität gilt ebenfalls, daß in ihr ein hoher Anteil politisch-aktiver Definitionsleistung durchgesetzt, geltend gemacht und aufrecht erhalten wird. Ebensowenig wie es natürliche Grenzen gibt, kann man sich in der Politik auf Selbstverständlichkeiten, ‘letzte Wahrheiten’ oder einfache Positivitäten beziehen; in der Politik geht es nicht um Wahrheiten, sondern um Geltung, und was gilt, ist ein Durchgesetztes, ein Behauptetes, ein Geltendgemachtes. Schon die grundlegende innerpolitische Friedensleistung ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit, sie ist selbst nur Resultat politischer Arbeit.
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Anmerkungen
Es ist wenig bekannt, daß nach den frühen, unter Gehlens Einfluß betriebenen Idealismusstudien (Dissertation: ‘Theorie der Gemeinschaft nach Fichtes Naturrecht’, Berlin 1935) Helmuth Schelsky sich ausführlich mit Hobbes befaßt hat. In seiner Habilitationsschrift: Thomas Hobbes, Eine politische Lehre, Leipzig 1941 (gedruckt, aber nicht mehr erschienen), die, nach Umfang und Aufgabenstellung eine der größten Hobbes-Monographien unserer Zeit ist, findet sich auch eine der wenigen ausführlichen Beschäftigungen mit ‘Behemoth’.
F. Tönnies: Hobbes, Leben und Lehre. Stuttgart 1912. C B. Macpherson: The Political Theory of Possessive Individualismus, Oxford 1962 SS. 64 ff. M.M. Goldsmith: Hobbes’ Science of Politics. New York and London, 1966, SS. 234 ff.
R. Mac Gülivray: Thomas Hobbes’ History of the English Civil-War. A Study of Behemoth. In: Journal of the history of ideas. Vol. XXXI, 1970, S. 179, ff.
Ebda.
Ebda. S. 182
Dazu vor allem Mac Gülivray, a. a. O.
Mac Gülivray, a.a.O. S. 182
Vgl. dazu H.M. Leuer: Hobbes’ Behemoth als Theorie des Bürgerkrieges. MS Bochum 1976, S. 258
Mac Gülivray, a.a.O. S. 182
Zur latenten Kritik Hobbes’ an der Politik des Königs vgl. English Works (E.W.) Molesworth-Ed. Bd. VI. SS. 198. 208-9, 253-4, 257-8, 274, 290, 308, 310. Zum Problem vgl. auch Mac Gülivray, a.a.O. S. 191, Anmerkung 50.
Mac Gülivray, a.a.O. S. 180
Vgl. für das Folgende: F.O. Wolf: Zum Ursprung der politischen Philosophie des Hobbes. In: R. Koselleck und R. Schnur (Hg.): Hobbes-Forschungen. Berlin 1969. SS. 119 ff
Woif, a.a.O. S. 121
E.W. VIII. S. 31
Vgl. E.W. VI, SS. 168, 218, 232, 234-5, 252.
Ebda. S. 168
Vgl. Goldsmith, a.a.O. S. 238 ff
E.W. VI, SS. 236-7
Vgl. Carl Schmitt: Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Hamburg 1938. R. Koselleck: Kritik und Krise. Frankfurt, München 1959, SS. 18 ff. Irene Coltmann: Private Men and Public Causes, London 1962. R. Schnur: Individualismus und Absolutismus. Berlin 1963. Ders: Die französischen Juristen im konfessionellen Bürgerkrieg des 16. Jahrhunderts. Berlin 1962. B. Willms: Die Antwort des Leviathan. Neuwied und Berlin 1962.
Vgl. zum Problem das 16. Kapitel des ‘Leviathan’.
E.W. VI, S. 248-9
Vgl. ebda. SS. 221, 235, 275.
Ebda S. 230
Ebda. S. 23
M. Oakeshott: Introduction to Thomas Hobbes: Leviathan. Oxford 1967 (1. Auflage 1946)
Vgl. Ch. v. Krockow: Soziologie des Friedens. Gütersloh 1962, S. 202 ff.
E.W. VI, S. 228
Ebda. S. 251
Ebda. S. 168-69
In Bezug auf die Komplexität von objektiven Gründen und subjektiven Motiven bleibt Hobbes selbst hinter Zeitgenossen zurück. (Vgl. Mac Gillivray, a.a.O. S. 198). Trotzdem hat sein Insistieren auf dem ideologischen Komplex der ‘potestas indirecta’ Methode und, wie hier zu zeigen versucht wird, auch Aktualität.
E.W. VI, S. 198. Zu diesem wichtigen Punkt vgl. außerdem ebda. SS. 208, 221, 226, 242, 252, 343, 362.
Vgl. Dorothea Krook: Hobbes’ Doctrine of Meaning and Truth. In: Philosophy. Vol. XXXI, 1956, SS. 20–21, Dazu die zitierten Stellen in Anmerkung 31.
E.W. VI, S. 174
Ebda. S. 192
Ebda. S. 193
Ebda. S. 196, vgl. aber auch S. 239
Ebda. S. 248-49
Ebda. S. 309
Ebda. S. 298 vgl. auch S. 303
Vgl. Goldsmith, a.a.O. S. 241
Ebda. S. 239
E.W. VI, S. 169
Ebda. S. 208, hervorgehoben von mir.
Ebda. S. 168
Ebda. S. 284
Ebda. S. 253
Ebda. S. 283-4
Ebda. S. 239
Ebda. S. 343
Ebda. S. 185
Ebda. S. 218
Ebda. S. 217
Vgl. dazu ausführlicher B. Willms: Staatsräson und das Problem der politischen Definition. Bemerkungen zum Nominalismus in Hobbes’ ‘Behemoth’. In: R. Schnur (Hg.): Staats-räson. Berlin 1975. Den Ausdruck ‘politischer Nominalismus’ prägte Dempf in Bezug auf Ockham. (Vgl. Alois Dempf: Sacrum Imperium. München 1929. S. 510 ff.).
Thomas A. Spragens Jr.: The Politics of Motion; The World of Thomas Hobbes. Kentucky 1973.
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Willms, B. (1977). Systemüberwindung und Bürgerkrieg. In: Baier, H. (eds) Freiheit und Sachzwang. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83753-0_16
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