Europa 1992 — Herausforderung für die Kreditwirtschaft

Zusammenfassung

Europa 1992 — der Begriff, inzwischen in aller Munde, hat ein Gewicht, eine zuweilen schon beängstigende, fast magische Kraft bekommen, die es angezeigt erscheinen läßt, das Datum und seine Bedeutung wieder etwas nüchterner, sachlicher zu betrachten und es weder euphorisch als den Augenblick des ganz großen Durchbruchs zu feiern noch als Horrorgemälde einer wirtschaftlichen Katastrophe für weniger wettbewerbsstarke Wirtschaftszweige in einzelnen Mitgliedsländern zu zeichnen. Die wirtschaftliche Integration Europas war und ist ein mühseliger Prozeß, der 1992 noch keineswegs abgeschlossen sein wird. Man denke nur an die Harmonisierung der Wirtschafts- und Währungspolitik in den Mitgliedsstaaten, eine der Bundesbank besonders am Herzen liegende Forderung, sieht sie darin doch nach wie vor eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Arbeit einer europäischen Zentralbank. Für den Waren- und Dienstleistungsverkehr, in Sonderheit auch für die Kreditinstitute, mit deren Zukunft sich dieser Beitrag befassen will, fällt der Startschuß des gemeinsamen europäischen Marktes im übrigen nicht erst 1992. Schon seit Jahren haben deutsche Kreditinstitute damit begonnen, Stützpunkte und Verbindungen in den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft (EG-Ländern) aufzubauen. Diesen Integrationsprozeß haben nicht erst die EG- Entscheidungen für 1992 ausgelöst. Gleichwohl kann nicht geleugnet werden, daß die volle Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, die bis Ende 1992 für alle EG- Mitgliedsländer verbindlich eingeführt wird, eine neue, zusätzliche Herausforderung auch für die Kreditinstitute darstellt. Herausforderung bedeutet zugleich Chance und Risiko: die Chance, die neuen Möglichkeiten auf bisher fremden Märkten im Wettbewerb erfolgreich zu nutzen; das Risiko, der Konkurrenz der neuen Wettbewerber auf den fremden Märkten in anderen EG-Ländern, aber auch auf dem heimischen Markt nicht gewachsen zu sein.