Europa 1992: Auf dem Wege zu einer - tragfähigen - europäischen Rechtsordnung - zugleich ein Konzept zur Entwicklung optimaler rechtlicher Rahmenbedingungen

Zusammenfassung

An sich müßte es den europäischen Binnenmarkt schon längst geben, denn nach Art. 8 EWGV sollte der Gemeinsame Markt 12 Jahre nach Inkrafttreten der Römischen Verträge (1.1.1958) also am 31.12.1969 verwirklicht sein. Daß heute dieses nun für Ende 1992 anvisierte aber inhaltlich immer noch völlig gleiche Ziel zunehmend kontrovers diskutiert wird, daß Zweifel an der Idee Europa noch mehr aber wohl an der Umsetzung der Idee Europa lauter werden, scheint im ersten Augenblick ein Widerspruch zu sein. Denn schließlich vollziehen die Mitgliedstaaten derzeit nur das, was vor nun über 30 Jahren verabredet worden ist. Vor über 30 Jahren daran liegt es wohl. Die Generation, die damals die europäische Idee trug, hat diese Idee offensichtlich nicht auf die Kinder und Enkel weitergegeben, d.h. diese, also die neue Generation, ist derzeit dabei, für sich die Frage zu beantworten, ob die Ziel- und Weichenstellungen der 50er Jahre wirklich tragfähig in ein neues Jahrtausend weisen. Hier scheint der tiefere Grund dafür zu liegen, warum es nicht hinreichend ist, immer nur darauf zu verweisen, daß das mit der Einheitlichen Europäischen Akte am 1.7.1987 besiegelte neue Ziel: Europa 1992 (Art. 8a EWGV) eben im Grunde gar kein neues, sondern nur die Fortführung eines längst gebildeten Willens darstellt. Wer Europa wirklich will, muß die jeweils lebende Generation davon überzeugen, daß Ziele ihre Gültigkeit behalten haben und die zur Umsetzung eingesetzten Mittel die richtigen sind. Dieses ist nicht nur eine politische Erkenntnis, sondern auch eine juristische. Denn Juristen sind verpflichtet, Normen und Normensysteme nicht starr nach dem Wortlaut zu befolgen, sondern nach dem Sinn und Zweck, nach der Funktion der Norm, zu fragen und sie auf der Basis dieser Auslegung u.U. verändert anzuwenden.