Zusammenfassung
In diesem Kapitel soll versucht werden, das Ausmaß der Einkommensdisparitäten zwischen den Reichen und den Armen der Welt zu bestimmen und die Aussichten für deren Abbau zu prüfen. Dabei müssen wir von der qualitativen zur quantitativen Analyse der Weltprobleme und der Mittel zu ihrer Bewältigung übergehen. Die quantitative Untersuchung hat eine Reihe wichtiger Vorteile. Sie ermöglicht es uns, Ausmaß und Art der ungünstigen Tendenzen in der Weiterentwicklung zu bestimmen und damit die Größenordnung der vor uns liegenden Aufgaben abzuschätzen. Indem wir die Ergebnisse auf den neuesten Stand bringen, erhalten wir eine Basis für die Leistungskontrolle, für die Bestimmung des Ausmaßes, in dem unsere Bemühungen, uns in die gewünschten Richtungen zu bewegen, erfolgreich waren.
„Wenn eine freie Gesellschaft die vielen Armen nicht retten kann, dann kann sie auch die wenigen Reichen nicht retten.“
John F. Kennedy
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Anmerkungen
Einzelheiten und Erklärungen zu den Hauptannahmen werden im Anhang 1 am Ende dieses Kapitels gegeben.
Einige dieser Schwierigkeiten sollen im folgenden aufgezählt werden: Die Böden sind manchmal besonders leicht und erosionsgefährdet; der Anteil an notwendigen Mineralien und Nährstoffen ist gering; die Schäden durch Nagetiere, Insekten, Schmarotzerpilze und Unkrautbefall sind normalerweise größer; die bedenkenlose Anwendung von Kunstdünger, Herbiziden und Pestiziden wirkt sich häufig eher nachteilig aus; das Klima und die notwendigen Niederschläge sind weniger zuverlässig als anderswo; Bewässerungsprojekte und ähnliches führen eher zu endemischen Krankheiten, umweltbedingten Leiden bei Mensch und Tier sowie zu einer wachsenden Versalzung des Bodens. Diese Probleme verstärken sich noch mit den neuen Anforderungen; die Kleinbauern setzen häufig Landwirtschaft mit Armut gleich und fühlen sich diskriminiert und ausgebeutet; sie suchen deshalb nach Wegen, das Land zu verlassen. All diese Einflußfaktoren und ihre zahlreichen und komplexen Beziehungen untereinander stehen hohen Ernteerträgen in weiten Teilen der Dritten Welt entgegen.
Einige Schätzungen gehen davon aus, daß zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfes ein 50 %iger Zuwachs an landwirtschaftlicher Nutzfläche erforderlich ist. Landwirtschaft, so wie sie in Industrieländern betrieben wird, ist ausgesprochen wasserintensiv. In den Vereinigten Staaten z. B. sind 3 500 Gallonen Wasser erforderlich, um den durchschnittlichen Tageskonsum zu produzieren. Und wenigstens weitere 250 Gallonen müssen eingesetzt werden, um die Ware handelsüblich anzubieten. Obwohl die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel erheblich weniger Wasser verbraucht, sollte daran erinnert werden, daß je näher eine Pflanze an die Grenze kommt, bis zu der Wasser verfügbar ist, ihr Wasserverbrauch um so höher ist (der australische Weizenanbau z. B. braucht zweimal so viel wie der amerikanische — 850 gegenüber 350 Pfund Wasser für ein Pfund organischer Substanz). Karge Böden mit niedriger Fruchtbarkeit, wie sie typisch sind für viele der armen Länder, erhöhen also den Wasserverbrauch: denn in kargen Böden wird mehr Wasser verbraucht, um eine bestimmte Menge an Nahrungsmitteln zu produzieren, als in fruchtbaren Böden.
Dafür gibt es sicher genügend Anzeichen: Der Monsun in Asien brachte ungenügende Regenmengen über drei aufeinanderfolgende Jahre zwischen 1972 und 1974; harte Dürreperioden waren in der Sahel-Zone und in anderen Teilen Afrikas sowie in den Great Plains der Vereinigten Staaten und Kanada 1974 zu verzeichnen; ein unerwartet später Frost könnte in Brasilien 1975 etwa 60 % der 1976 fälligen Kaffeeernte vernichtet haben. Die Wachstumsperiode in den besten Kornanbaugebieten der Sowjetunion ist heute um ungefähr eine Woche kürzer als noch in den 50er Jahren; eine noch stärkere Veränderung in dieser Hinsicht scheint in Großbritannien stattgefunden zu haben.
H. Linnemann et al., Moira: Model of International Relations in Agriculture, 1976, North Holland Publishing Company, Amsterdam/New York.
Die Projektionen schließen nicht die mögliche Nutzung der Meere für Nahrungsmittelzwecke ein, die auf neuen Technologien in Ernte und Verarbeitung basieren. Angesichts der Probleme, die in den Fußnoten 2, 3 und 4 diskutiert worden sind, gewinnt die Entwicklung der Nutzung der Meere eine immer größere Bedeutung für alle Nationen der Welt, besonders aber für die Armen.
Die Basis für diese Schätzungen wird in Anhang 1 geschildert.
Nominale Dollarwerte sind eingeschlossen, weil sie normalerweise in den Berechnungen der UN-Behörden benutzt werden.
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© 1977 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Tinbergen, J. (1977). Abbau der Unterschiede zwischen den Reichen und den Armen der Welt. In: Wir haben nur eine Zukunft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83714-1_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83714-1_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-11391-3
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