Zusammenfassung
Auf der UN-Konferenz über menschliche Umwelt, die im Juni 1972 in Stockholm stattfand, wurde die Umwelt, d. h. der gesamte Lebensraum des Menschen, zu einer Angelegenheit fortlaufender Bemühungen aller Nationen erklärt; man schuf hier in Form des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) ein noch wenig entwickeltes Instrumentarium, um sich mit dieser neuen Dimension der Entwicklung und internationalen Beziehungen zu befassen. In der langen Serie von UN-Konferenzen wird Stockholm aufgrund des Erfolges bei der Klärung eines neuen globalen Problemkreises und bei der Erreichung eines Nord-Süd-Konsenses über Wege zur Problemlösung ein hoher Stellenwert beigemessen. Konfrontationen wurden vermieden. Die Länder der Dritten Welt erkannten, daß eine Umweltverschlechterung und Überbeanspruchung der Natur längst nicht ein alleiniges Problem der industrialisierten Welt sind, sondern auch ihre Lage in beträchtlichem Maße bestimmen. Die Industrieländer andererseits gaben ihre anfangs enge technokratische Einschätzung des Umweltproblems auf und gestanden schließlich zu, daß die Struktur der Ressourcennutzung und deren ungleiche Verteilung ein wichtiger Aspekt dieser Problematik seien. Beide Seiten begriffen, daß sie nur auf einer einziger Erde leben und daß das Vorhandensein internationaler Gemeinschaftsgüter — Meere, Meeresgrund, Wetter und Klima — ebenso wie die Begrenztheit des Raumschiffes Erde sie in ein interdependentes System einbindet.
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Notes
Diese im Oktober 1974 veröffentlichte Deklaration betonte — als Ergebnis eines Expertentreffens, das von UNEP und UNCTAD gefördert wurde — einen bedarfsorientierten und umweltfreundlichen Ansatz für die Entwicklungsplanung. Ihre Grundsätze wurden in „What Now“ weiter ausgearbeitet, dem Report des Dag Hammarskjöld-Projektes von 1975 über Entwicklung und internationale Zusammenarbeit.
Sollte der Verschmutzer für die Kompensation verursachter Schäden, für Kostenübernahme vom Umweltmaßnahmen, die eine weitere Verschmutzung legalisieren, oder für die Anwendung wenig abfallintensiver Technologien zahlen? Wer aber wird die Kosten tragen? Der Verschmutzer durch Hinnahme von Gewinneinbußen, der Staat, indem er weniger Steuern einnimmt, oder der Verbraucher, indem er höhere Preise für das einzelne Produkt zahlt? Die Antwort auf die letzte Frage hängt natürlich von der Marktkonstellation, der Preiselastizität der Nächfrage usw. ab. Der theoretische Fall eines Marktes mit vollkommenem Wettbewerb für ein Gut bei hoher Preiselastizität der Nachfrage dürfte eher Ausnahme als Regel sein.
Das beste Beispiel an Verschwendung bietet die Steuerung der Wasserwirtschaft. Sie ist bedingt durch unzureichende städtische Wasserversorgungs-und Irrigationssysteme, den Mangel an Recyclingfazilitäten in der Industrie usw. Mit Ausnahme der besonders trockenen Gebiete kann der Wasserknappheit durch eine bessere Steuerung erfolgreich begegnet werden. Aber auch in diesen Gebieten können einige Hoffnungen in die Wasserentsalzung durch Solarenergien und bezüglich der Landwirtschaft in eine bessere Nutzung von Pflanzen in trockenen Zonen sowie in Techniken gesetzt werden, die auf geschlossenen Wasserkreisläufen basieren.
Wir alle befürworten „weiche Technologien“, die durch eine geringe Umweltbeeinflussung, mäßigen Verbrauch an nicht-reproduzierbaren Ressourcen, hohe Arbeitsintensität, das Fehlen von Massenproduktionen sowie durch Geselligkeit charakterisiert sind. Die Gesamtheit solcher Technologien entspricht aber derzeit nur in begrenztem Maße angemessenen Produktionskriterien.
Ein besonderes Beispiel gibt die Bauindustrie. Sind wir daran interessiert, heute Schulen für Jahrhunderte zu bauen, die künftige Änderungen im Bildungsprozeß erschweren? Hier scheint die sog. „flexible Architektur“ einen Kompromiß anzubieten zwischen dem Verbrauch langlebiger Rohmaterialien und der Möglichkeit, den Innenraum des Gebäudes flexibel zu gestalten. Man sollte aber auch feststellen, daß in einzelnen Fallen Wegwerfprodukte vorzuziehen sind (z. B. die Einmal-Spritze und das Papiertaschentuch).
Ein zweckmäßig verwalteter Forst stellt eine reproduzierbare Ressource dar, ein nicht verwalteter Forst hingegen lediglich ein Feld von Bäumen.
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Sachs, I. (1977). Menschliche Umwelt. In: Wir haben nur eine Zukunft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83714-1_27
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83714-1_27
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