Die marxistische Theorie und das Konzept ’Rasse’

Zusammenfassung

Das zentrale Argument dieses Aufsatzes ist, daß die marxistische, genauer die bri- tisch-marxistische Theorie, sich mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sah, als sie versuchte, den im Laufe der Entwicklung des kapitalistischen Weltsystems entstan- denen Rassismus und seine Folgen zu verstehen und zu erklären. Die Probleme haben ihren Ursprung hauptsächlich in der unkritischen Übernahme des Konzeptes ’Rasse’ in die marxistische Theorie und in dem Versäumnis, analytisch nicht zwischen dem Begriff ’Rasse’ und dem Konzept Rassismus zu unterscheiden. Zusätzlich entstehen sie durch den nicht unbeträchtlichen Einfluß, den politische Ereignisse und akademische Veröf- fentlichungen aus den USA auf die britische Theoriebildung haben. Infolgedessen blie- ben britische Veröffentlichungen über die Folgen der nach 1945 einsetzenden Migration nach Großbritannien relativ isoliert von relevanten europäischen Erklärungsversuchen, in denen sich eine erheblich kritischere Haltung gegenüber dem Gebrauch des ’Rasse- konzepts’ zeigt. In dieser Hinsicht hat die britische marxistische Theorie den Fehler wie- derholt, der die meisten nicht-marxistischen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Themenbereich kennzeichnet.

„Es ist eine der Strafen des Spiels mit dem Rassebegriff, daß sogar ein gefestigtes Bewußtsein, das versucht, ihn zurückzuweisen, sich dabei ertappt, daß es Annahmen macht und Urteile fallt auf der Grundlage genau der Theorie, der es entgegentreten will“ (Barzun, 1938,44).

„Das Rassekonzept hat sich parallel zu dem Gedanken der Vielfalt der Gesellschaften und sozialen Gruppen entwickelt. Die Begriffe werden gewöhnlich durcheinanderge- bracht, was schon an der enormen Schwierigkeit zu erkennen ist, Rasse klar zu definie- ren. Die eifrigsten Anwälte des Rassekonzepts bestätigen dies mit ihrer Abneigung, eine zu genaue Festlegung eines Begriffs zu ermöglichen, der den größten Teil seiner gesellschaftlichen Nützlichkeit seiner Vagheit und den damit lizensierten Anwen- dungsmöglichkeiten verdankt“ (Guillaumin, 1980,41).