Zusammenfassung
Die Legitimationskrise des „spätkapitalistischen Staats“ ist insbesondere aus marxistischer Sicht seit den siebziger Jahren oft beschworen worden, ohne daß es bis heute zu einem tiefgreifenden Wandel unseres politischen Systems gekommen wäre. Andererseits herrscht auch im nicht-marxistischen Lager kaum mehr eine unerschütterliche Zuversicht, daß das politische System vor größeren Erschütterungen gefeit ist. Konservative Kritiker beklagen den Verfall der „bürgerlichen Werte“ und fragen sich zum Beispiel besorgt, ob „wir alle Proletarier werden“1). Und damit ist selbstverständlich nicht die klassenlose Gesellschaft frei assoziierter Produzenten im Marxschen Sinne gemeint, sondern eine Abkehr von Leistungsbereitschaft, Verantwortung gegenüber dem Allgemeinwohl und ähnlichen „bürgerlichen Werten“, die letztlich wohl zu einer „Unregierbarkeit“ führen würde, auch ohne Revolution im klassischen Sinne. Viel kurzfristiger jedoch sorgen sich Politiker um die Attraktivität der etablierten Parteien, schafft das Auftreten grüner oder alternativer Bewegungen Beunruhigungen, daß gesellschaftliche Konflikte aufbrechen könnten, die nicht mehr zureichend auf die vertraute Weise geregelt werden könnten. Nutzung der Kernenergie, Haus (instand) besetzungen, Jugendarbeitslosigkeit, Drogenprobleme, aber auch die neue „Friedensbewegung“ kennzeichnen eine gesellschaftlich-politische Konstellation, die die etablierten Kräfte vor Probleme stellt, die vermutlich nicht mehr routinemäßig bearbeitbar sind.
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Literatur
Elisabeth Noelle-Neumann, Werden wir alle Proletarier? Wertewandel in unserer Gesellschaft, Zürich 1978.
Max Kaase, Legitimitätskrise in westlichen demokratischen Industriegesellschaften: Mythos oder Realität?, in: H. Klages / P. Kmieciak (Hrsg.), Wertewandel und gesellschaftlicher Wandel, Frankfurt 1979.
Ronald Inglehart, The Silent Revolution, Princeton 1977.
Institut für Demoskopie Allensbach, Eine Generation später - Bundesrepublik Deutschland 1953–1979, Aliensbach 1981.
Helmut Klages / Willy Herbert, Staatssympathie - Eine Pilotstudie zur Dynamik politischer Grundeinstellungen in der Bundesrepublik Deutschland, Speyerer For-schungsberichte, Bd. 18, 1981.
Zur Wichtigkeit des Antwortkontext vgl.: Manfred Küchler, Kontext - Eine vernachlässigte Dimension empirischer Sozialforschung, in: J. Matthes (Hrsg.), Lebenswelt und soziale Probleme, Frankfurt 1981.
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Küchler, M. (1982). Staats-, Parteien- oder Politikverdrossenheit?. In: Raschke, J. (eds) Bürger und Parteien. Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung · Bonn, vol 189. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83694-6_3
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