Zusammenfassung
Nicht von ungefähr hatte man im In- und Ausland vom Wiederbeginn der deutschen Soziologie eine Rückbesinnung auf ihr eigenes Erbe erhofft. Welche anderen Ressourcen hätten ihr denn auch zu Gebote stehen können? Und welch besseres Kapital hätte sie sich wünschen dürfen? Zwar fehlte in der sowjetischen Besatzungszone die Freiheit, über dieses Erbe zu verfügen, weil der Marxismus zur bindenden Staatssoziologie erhoben wurde. Aber in den westlichen Besatzungszonen durfte das Fach doch mit dem Wohlwollen der Militärregierungen rechnen, deren Kulturpolitik freilich im übrigen ihren jeweiligen nationalen Bildungstraditionen verpflichtet blieb. Nur bei der amerikanischen Militärregierung, der die Sozialwissenschaft als ein unerläßlicher Bestandteil eines demokratischen Gemeinwesens galt, ging das allgemeine Wohlwollen in aktive Förderung über. Die Einrichtung eines UNESCO-Instituts für Soziologie, die Unterstützung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, die Errichtung einer internationalen Hochschule für Pädagogische Forschung waren sichtbare Zeichen dieser amerikanischen Politik, die mit manchen anderen Mitteln und Maßnahmen betrieben und nicht zuletzt mit dem Fulbright-Austausch fortgesetzt wurde. Gewiß sollte dieses Programm mit der amerikanischen Sozialwissenschaft, vor allem mit ihrer Empirie vertraut machen, war auch mit mancherlei Skepsis gegenüber einer allzu philosophischen, allzu geisteswissenschaftlichen, allzu unpolitischen Tradition der deutschen Sozialwissenschaft durchsetzt; aber man empfand doch genügend Achtung vor der klassischen Tradition der deutschen Soziologie, sah sich vielfach auch selbst als deren Erben, um ihren Wiederbeginn nicht auch als ihre Rückbesinnung zu verstehen.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1979 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Tenbruck, F.H. (1979). Deutsche Soziologie im Internationalen Kontext. Ihre Ideengeschichte und ihr Gesellschaftsbezug. In: Lüschen, G. (eds) Deutsche Soziologie Seit 1945. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, vol 21. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83690-8_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83690-8_3
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-11479-8
Online ISBN: 978-3-322-83690-8
eBook Packages: Springer Book Archive