Zusammenfassung
Der deutsche Einigungsprozeß, der spätestens seit dem Wahlergebnis vom 18. März 1990 in der ehemaligen DDR sowohl den öffentlichen als auch den privaten Diskurs in Deutschland dominiert hat, ist auch über die Grenzen der deutschen Kommunikationsgemeinschaft hinweg zu einem wichtigen Gegenstand der öffentlich-politischen Diskussion in anderen Ländem geworden. Allein die geographisch-politische Lage Deutschlands läßt erkennen, wer und aus welchen Gründen ein spezifisches Interesse am deutschen Vereinigungsprozeß bekundet hat.
Die sprachliche Form ist nicht einfach transparent für die darin ausgetragene Praxis; indem sie diese artikuliert, ist sie vielmehr ein relativ autonomes Moment der historischen Praxis, die in ihr artikuliert wird [...]. (Utz Maas, Deutscher, iß Fisch, in: Kulturrevolution nr. 17/18, Mai 1988, S. 24)
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Literatur
Bourmeyster, Alexandre: Perestroika et nouvelles formes d’ écriture du discours soviétique, in: Mots, nr. 21, décembre 1989, Paris, S. 32–49.
Dieckmann, Walther: Politische Sprache. Politische Kommunikation. (Vorträge, Aufsätze, Entwürfe), Heidelberg 1981.
Ducrot, Oswald: Dire et ne pas dire, Paris 1972.
Ducrot, Oswald: Le Dire et le Dit, Paris 1984.
Klein, Josef: Politische Semantik, Opladen 1989.
Mainguenau, Dominique: Nouvelles tendances en analyse du discours, Paris 1987.
Marcellesi, Jean-Baptiste: Le Congrès de Tours (décembre 1920), Paris 1971.
Polenz, Peter von: Deutsche Satzsemantik. Grundbegriffe des Zwischen-den-Zeilen-Lesens, Berlin/New York 1985.
Seriot, Patrick: Langue russe et discours politique: analyse des nominalisations, in: Langages 81, mars 1986, Paris, S. 11–41.
Anmerkungen
Einen Überblick über die Konzepte und Methoden der französischen Schule der “analyse du discours” geben u.a. die beiden Veröffentlichungen von Dominique Maingueneau “Initiation aux méthodes de l’analyse du discours” (Paris 1976) und “Nouvelles tendances en analyse du discours” (Paris 1987) sowie das Heft 81 (März 1986) der Zeitschrift “Langages” mit dem Titel “Analyse de discours — nouveaux parcours” von Denise Maldidier, das dem Begründer der Diskursanalyse in der französischen Linguistik, Michel Pêcheux gewidmet ist.
Der Begriff des Diskurses gehört zu denjenigen, die in den letzten Jahren in der Linguistik auf recht unterschiedliche Phänomene angewendet wurden, so daß es bei jedem Gebrauch des Begriffs notwendig wird, erneut zu hinterfragen, auf welche Fassung der Autor sich bezieht. Außer dem von mir hier genannten Diskurskonzept kann der Begriff auch verwendet werden als Synonym für den Saussureschen parole-Begriif, zur Bezeichnung einer linguistischen Einheit, die oberhalb der Größenordnung Satz liegt (für Text oder Äußerung).
Wie sich im nachfolgenden zeigen wird, ist für die Analyse der genannten Texte der Zeitraum vor dem ersten 2+4-Treffen ebenso relevant und interessant, da sich auch in der kommunikativen Auseinandersetzung um dieses Problem allmählich die Notwendigkeit herauskristallisierte, die äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung auf höchster Ebene zu verhandeln.
Siehe dazu A. Bourmeyster und P. Seriot im Literaturverzeichnis. P. Seriot hat in der Zeitschrift “Mots” (n°21, 1989, S. 51) angeregt, verschiedene osteuropäische Diskurse — auch unter Berücksichtigung von nationalen Diskursen in der Sowjetunion — in ihrer Veränderung in den letzten Jahren zu untersuchen.
Der Wortlaut der Konzeption des Premierministers “Für Deutschland, einig Vaterland” ist in der “Berliner Zeitung” vom 2. Februar 1990 nachzulesen. Dort wird zum ersten Maloffiziell von der “Bildung eines einheitlichen deutschen Staates in Form einer Deutschen Föderation oder eines Deutschen Bundes” gesprochen.
Nach Abschluß meiner ersten Untersuchungen zur Berichterstattung in einigen Medien der Sowjetunion zu dem genannten Themenbereich erschien in der “Komsomolskaja Prawda” vom 12.10.1990 ein Artikel, der meine Schlußfolgerungen aus der linguistischen Analyse bestätigte. Der Beitrag beschäftigte sich mit dem künftigen Kurs der “Prawda” angesichts des starken Rückgangs der Leserzahl dieser Tageszeitung der Partei. Bei der Suche nach den Gründen für diese Entwicklung wurden u.a. “redaktionelle Ursachen” angeführt, die im einzelnen folgendermaßen benannt werden: fehlende Positionierung zu Schlüsselfragen der Entwicklung, Lebensferne und Verschweigen bestimmter Erscheinungen.
Die Untersuchung zum öffentlich-politischen Diskurs in der Sowjetunion zur Frage der äußeren Aspekte der deutschen Vereinigung wurden von mir im Frühsommer 1990 begonnen und im Herbst 1990 abgeschlossen. Die Ereignisse nach Abschluß der Arbeit im Herbst haben manche Beobachtung oder Schlußfolgerung relativiert oder auch bestätigt. (So z.B. der Rücktritt des sowjetischen Außenministers im Dezember 1990.) Ich habe jedoch jeden Bezug auf neuere Entwicklungen bei der anschließenden Überarbeitung des Manuskripts für die Druckvorlage bewußt ausgespart, um die linguistische Analyse nicht durch eine nachträgliche (nicht-linguistische) Interpretation zu unterlaufen.
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Teichmann-Nadiraschwili, C. (1992). Der deutsche Einigungsprozeß im öffentlichen Diskurs in der Sowjetunion — diskursanalytische Untersuchungen zur Diskussion sicherheitspolitischer Konzepte für die deutsche Vereinigung. In: Hess-Lüttich, E.W.B. (eds) Medienkultur — Kulturkonflikt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83613-7_9
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