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Zeitbewusstsein und Kontrolle der Zeit

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Materialien zur Soziologie des Alltags

Zusammenfassung

Zeit ist ein Aspekt der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit; Zeitverständnis, das Bewußtsein des Tempos und der Knappheit der Zeit, die Weite des entscheidungs-relevanten Zeithorizonts in die Vergangenheit und in die Zukunft, die verschiedenen Formen der Datierung der Zeit und der Gliederung des kontinuierlichen Zeitflusses durch Ereignisketten oder Zeitpunktreihen und damit die zeitliche Ordnung von Beständen und Verhaltensplänen, des Rhythmus und Ablaufs von Ereignissen und Erwartungen, all dies ist in einzelnen Gesellschaften unterschiedlich und abhängig von den jeweiligen sozialen Strukturen. Sprache ist ein besonders „verräterisches“ Indiz für die soziale Konstitution von Zeit; verschiedene Sprachen kennen den Begriff Zeit, andere den Begriff Geschichte überhaupt nicht; die Möglichkeit, Ereignisse zu datieren, ist in verschiedenen Sprachen unterschiedlich gegeben; einige Sprachen ermöglichen, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden; andere Sprachen differieren lediglich „vorher“ — „nachher“, andere nur nach „jetzt“ — „nicht jetzt“; Ereignisse werden zum Teil in Ordinalskalen geordnet („lange zurück“, „in weiter Zukunft“); zum Teil existieren lediglich Nominalskalen (dies, das und andere Ereignisse); es gibt sehr verschiedenartige kalendarische Systeme, die die Zeit kardinal bestimmens. Einstellungen zur Zeit und damit auch der Lebensstil in einer Gesellschaft drücken sich in der Sprache aus, etwa darin, ob die Zeit „geht“ („el reloj anda“ wie im Spanischen) oder die Zeit „rennt“ (“runs” wie im Englischen) oder die Zeit „vergeht“ (wie im Deutschen)2.

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Anmerkungen

  1. Ein umfangreiches kulturanthropologisches Material über Zeitverständnis, Messung der Zeit, den Zusammenhang von Sprache und Zeit hat R. J. Maxwell, Anthropological Perspectives, in: H. Yaker et al. (Hrsg.), The Future of Time, London 1972, S. 37 ff. zusammengetragen. Die These der „sozialen Zeit’ ist vor allem durch P. A. Sorokin und R. K. Merton, Social Time: A Methodological and Functional Analysis, in: American Journal of Sociology, 42, 1937, S. 615–629, bekannt geworden. O. Rammstedt hat in seinem Aufsatz (Alltagsbewußtsein von Zeit, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 27, 1975, S. 47–63) deutlich gemacht, daß außer „vorher — nachher“ und „Vergangenheit — Gegenwart — Zukunft” zwei weitere Formen des Zeitbewußtseins stehen und zwar „jetzt — nicht jetzt“, bei dem Vergangenheit und Zukunft gleich irreal sind, und „Bewegung — Beschleunigung”.

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  2. Vergleiche dazu R. J. Maxwell, a. a. O., S. 49.

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  3. E. Durkheim, Les formes élémentaires de la vie religieuse, Paris 19685, (zuerst: 1912), S. 14 f.

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  4. Vgl. dazu W. E. Moore, Man, Time, and Society, New York — London 1963, S. 122; sowie E. Zerubavel, The French Republican Calendar: A Case Study in the Sociology of Time, in: American Sociological Review, 42, 1977, S. 868–877.

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  5. P. A. Sorokin und R. K. Merton, a. a.0., S. 623.

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  6. Vergleiche dazu N. Luhmann, Weltzeit und Systemgeschichte — über Beziehungen zwischen Zeithorizonten und sozialen Strukturen gesellschaftlicher Systeme, in: derselbe, Soziologische Aufklärung, Band 2, Opladen 1975, S. 103–133.

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  7. Vgl. dazu K. Heinemann, Grundzüge einer Soziologie des Geldes, Stuttgart 1969, S. 66f., und K. Heinemann, Elemente einer Soziologie des Marktes, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 28, 1976, S. 60 f.

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  8. M. Douglas, Ritual, Tabu und Körpersymbolik, Sozialanthropologische Studien in Industriegesellschaft und Stammeskultur, Frankfurt/M. 1974, S. 110. Vgl. zu dieser These auch V. Rittner, Sport, Bedürfnisstruktur und sozialer Wandel, in: Stadion, 2, 1977, S. 172 f., ebenso N. Elias, Die Genese des Sports als soziologisches Problem, in: K. Hammerich und K. Heinemann (Hrsg.), Texte zur Soziologie des Sports, Schorndorf 1975, S. 94 f.

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  9. Vgl. dazu z. B. J. Leclercq, Zeiterfahrung und Zeitbegriff im Spätmittelalter, in: Miscellana Mediaevalia, 9, 1974, S. 1–20; sowie K. Maurice, Die deutsche Räderuhr, Frankfurt/M. 1976.

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  10. Vgl. dazu N. Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, Stuttgart — Berlin — Köln — Mainz 1974, S. 14.

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  11. A. Schutz, Philosophie der Leerstelle, Beilage, in: ders., Das Problem der Relevanz, herausgegeben und erläutert von R. M. Zaner, Einleitung von T. Guckmann, Frankfurt/M. 1971.

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  12. A. Schutz, Choosing among Projects of Action, in: ders., Collected Papers, Bd. I, The Problem of Social Reality, herausgegeben und eingeleitet von M. Natanson mit einem Vorwort von H. L. van Breda,The Hague 1971; vgl. auch A. Schütz, Choice and the Social Sciences (Paralipomena to the Paper “Choosing among Projects of Action”), in: L. E. Embree (Hrsg.), Life World and Consciousness. Essays for Aron Gurwitsch, Evanston 1972.

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  13. A. Schütz, Choosing among Projects of Action, a. a. O., S. 73.

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  14. A. Schutz, Parsons’ Theorie sozialen Handelns, in: A. Schütz und T. Parsons, Zur Theorie sozialen Handelns. Ein Briefwechsel, herausgegeben und eingeleitet von W. M. Sprondel, Frankfurt/M. 1977, S. 54.

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  15. Ebenda.

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  16. D. Lerner, Die Modernisierung des Lebensstils: Eine Theorie, in: P. Heintz (Hrsg.), Soziologie der Entwicklungsländer, Köln — Berlin 1962, S. 215 f.

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  17. O. Rammstedt, a. a. O., S. 59.

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  18. Vgl. dazu N. Luhmann, Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten, in: derselbe, Politische Planung, Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung, Opladen 19752.

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  19. Dazu vor allem N. Luhmann, Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten, a. a. O.

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  20. Vgl. dazu N. Luhmann, Sinn als Grundbegriff der Soziologie, in: J. Habermas und N. Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Was leistet die Systemforschung?, Frankfurt/M. 1971, S. 47.

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  21. Vgl. dazu G. Katona, Das Verhalten der Verbraucher und Unternehmer, Tübingen 1960, S. 80 f.

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  22. Vgl. zu diesen Zusammenhängen und ihrer empirischen Oberprüfung K. Heinemann, Arbeitslose Jugendliche, Ursachen und individuelle Bewältigung eines sozialen Problems, eine empirische Untersuchung, Darmstadt — Neuwied 1978, S. 113 f.

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  23. So stellen bereits M. Jahoda, P. F. Lazarsfeld und H. Zeisel fest, „bei näherem Zusehen erweist sich diese Freizeit als tragisches Geschenk. Losgelöst von ihrer Arbeit und ohne Kontakt mit der Außenwelt, haben die Arbeiter die materiellen und moralischen Möglichkeiten eingebüßt, die Zeit zu verwenden. Sie, die sich nicht mehr beeilen müssen, beginnen auch nichts mehr und gleiten allmählich ab aus einer geregelten Existenz ins Ungebundene und Leere. Wenn sie Rückschau halten über einen Abschnitt dieser freien Zeit, dann will ihnen nichts einfallen, was der Mühe wert wäre, erzählt zu werden.“ M. Jahoda, P. F. Lazarsfeld und H. Zeisel, Die Arbeitslosen von Marienthal, Bonn 1960 (Neuauflage, zuerst: 1933), S. 68.

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  24. Vgl. dazu auch N. Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart 19732, S. 14.

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  25. N. Luhmann, Vertrauen, a. a. O., S. 12.

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  26. Vgl. dazu z. B. die empirischen Untersuchungen von O. Becker. In seinen Experimenten sollten von Versuchspersonen Periodenwerte vorhergesagt werden, wobei die Zahlenfolge keinen deterministischen Entwicklungsgesetzen unterlag. Geprüft wurde dabei die Abhängigkeit der Schätzung von den vorangegangenen tatsächlichen Werten, die neben der Kenntnis des möglichen Wertebereichs die einzigen Informationen über die Zahlenfolge darstellten. Die Erwartungsbildung orientierte sich dabei in erster Linie an visuellen Gesetzmäßigkeiten des bisherigen Gesamtverlaufs, obwohl dadurch die Genauigkeit der Prognose nicht zunimmt, denn scheinbare Regelmäßigkeiten verleiten häufig zu falschen Hypothesen über den weiteren Verlauf (O. Becker, Experimentelle Untersuchung der Erwartungsbildung für eine Zeitreihe, in: H. Sauermann (Hrsg.), Beiträge zur experimentellen Wirtschaftsforschung, Tübingen 1968).

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  27. Vgl. dazu F. H. Tenbruck,Geschichtserfahrung und Religion in der heutigen Gesellschaft, in: F. H. Tenbruck et al., Spricht Gott in der Geschichte?, Freiburg 1971, S. 28 f.

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  28. Vgl. L. W. Doob, Patterning of Time, New Haven — London 1971, S. 330f.; N. Luhmann, Weltzeit und Systemgeschichte, a.a.O., S. 131, Anmerkung 74.

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  29. S. z. B. den Literaturüberblick und die Schlußfolgerungen von H. B. Green, Temporal Stages in the Development of the Self, in: J. T. Fraser und N. Lawrence (Hrsg.), The Study of Time II. Proceedings of the Second Conference of the International Society for the Study of Time. Lake Yamanaka — Japan, Berlin — Heidelberg — New York 1975.

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  30. H. Mann, M. Siegler und H. Osmond, The Many Worlds of Time, in: Journal of Analytical Psychology, 13, 1968, S. 33–56.

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  31. R. D. Evered, Personal Scenarios: An Empirical Study of their Relation to Individual Performance and to Organizational Activism, in: Human Relations, 30, 1977, S. 1057–1069.

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  32. Aus eigenen Alltagserfahrungen weiß jede(r), daß die jeweils nach den eigenen Relevanzkriterien als positiv bewerteten Situationen schneller zu vergehen scheinen als die negativ bewerteten. E. Boesch (Psychopathologie des Alltags. Zur Ökopsychologie des Handelns und seiner Störungen, Bern — Stuttgart — Wien 1976, S. 106) erklärt dies damit, daß die „erlebte Zeit eine Relation zwischen Zielvalenz und Handlungsverläufen ausdrückt“. So kommt uns z. B. Warten lang vor und expressive Situationen, wenn die Handlungsabläufe selbst Ziel sind, erscheinen im Extremfall als..zeitlos”.

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  33. K. Mannheim, Ideologie und Utopie (Erw. Neuaufl.), Frankfurt/M. 1952.

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  34. Vgl (pro) z. B. H. Nowotny, Time Structuring and Time Measurement: On the Interrelation Between Timekeepers and Social Time, in: J. T. Fraser und N. Lawrence (Hrsg.), a.a.O., bes. S. 327 ff.; sowie G. Trommsdorf und H. Lamm, An Analysis of Future Orientation and Some of Its Social Determinants, in: ebenda; (kontra) L. W. Doob, a.a.O. Vgl. insgesamt O. Rammstedt, a. a. O.

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  35. G. Simmel stellte zwar schon 1903 in seinem Aufsatz „Die Großstädte und das Geistesleben“ (in: Brücke und Tür. Essays der Philosophen zur Geschichte, Religion, Kunst und Gesellschaft, im Verein mit M. Susman herausgegeben von M. Landmann, Stuttgart 1957, S. 231) fest: „durch die Anhäufung so vieler Menschen mit so differenzierten Interessen greifen ihre Beziehungen und Betätigungen zu einem so vielgliedrigen Organismus ineinander, daß ohne die genaueste Pünktlichkeit in Versprechungen und Leistungen das Ganze zu einem unentwirrbaren Chaos zusammenbrechen würde. Wenn alle Uhren in Berlin plötzlich in verschiedener Richtung falschgehen würden (wie eben die jeweiligen subjektiven zeitlichen Orientierungsmuster auseinandergehen), so wäre sein ganzes wirtschaftliches und sonstiges Verkehrsleben auf lange hinaus zerrüttet… So ist die Technik des großstädtischen Lebens überhaupt nicht denkbar, ohne daß alle Tätigkeiten und Wechselbeziehungen aufs pünktlichste in ein festes, übersubjektives Zeitschema eingeordnet würden.” Dies allein sagt noch nichts darüber aus, warum man sich an dieses objektive Zeitschema hält. Aber Simmel betont kurz vor der zitierten Stelle „die rechnerische Exaktheit des praktischen Lebens, die ihm die Geldwirtschaft gebracht hat, sie erst hat den Tag so vieler Menschen mit Abwägen, Rechnen, zahlenmäßigem Bestimmen, Reduzieren qualitativer Werte auf quantitative ausgefüllt. Durch das rechnerische Wesen des Geldes ist in das Verhältnis der Lebenselemente eine Präzision, eine Sicherheit in der Bestimmung von Gleichheiten und Ungleichheiten, eine Unzweideutigkeit in Verabredungen und Ausmachungen gekommen, wie sie äußerlich durch die allgemeine Verbreitung der Taschenuhren bewirkt wird“ (Ebd., S. 230).

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  36. Vgl. G. Simmel, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, Berlin 1968 (zuerst 1908), S. 429 f., Anmerkung 1, der betont, es „müßte im Einzelnen untersucht werden“, wie „die Änderung der Beziehungen, von den intimsten bis zu den offiziellsten, als Funktion ihrer Dauer auftritt, ohne daß äußere Momente beeinflussend dazuträten; wie ein Verhältnis von vornherein dadurch eine Form und Färbung bekommt, daß es auf eine begrenzte Zeit oder daß es auf Lebenslänglichkeit angelegt ist; wie die Wirkung der Begrenzung selbst sich danach gänzlich modifiziert, ob das Ende der Beziehung, der Institution, der Anstellung usw. von vornherein auf einen Zeitpunkt festgelegt oder ob dieser unbestimmt ist, von,Kündigung‘, Erlahmen der vereinikenden Impulse, Änderung äußerer Umstände abhängt” — Untersuchungen, die immer noch ausstehen.

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  37. Eine empirische Untersuchung, die mit der ersten Frage des Fragebogens in M. Frischs Tagebuch 1966–1971 beginnen würde, wäre in diesem Zusammenhang wahrscheinlich interessant: „Sind Sie sicher, daß Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert?“ (M. Frisch, Gesammelte Werke in zeitlicher Folge, Werkausgabe in 12 Bänden, Bd. 11, Frankfurt/M. 1976, S. 7).

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  38. M. Weber, Wissenschaft als Beruf, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Vierte, erneut durchgesehene Auflage, herausgegeben von J. Winckelmann, Tübingen 1973, S. 592. Auch Weber spricht aber von sozialen Gesetzmäßigkeiten „für alle Zeit“: Die „Objektivität” sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: ebenda, S. 154 f.

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  39. Vgl. H. A. Schubert, Nachbarschaft, Entfremdung und Protest. Welche Chancen haben Gemeinschaftsinitiativen in modernen Gesellschaften?, Freiburg — München 1977, S. 110–117.

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  40. Allerdings gibt es hierin große historische und kulturelle Schwankungen. Vgl. z. B. H. A. Schubert, a. a.0., S. 113; sowie W. E. Moore, a. a.O., S. 48.

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  41. L. W. Doob, a. a.O., S. 63, im Original kursiv.

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  42. Vgl. Rammstedts Diskussion der „Problematik aus der Entfremdung des Zeitbewußtseins“ in: O. Rammstedt, a.a.O., S. 58 f.

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  43. R. M. Rilke kennzeichnet in „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ (Frankfurt/M. 1973, S. 157 f.) dieses Problem folgendermaßen: Zunächst erscheint es so, daß man noch sehr viel Zeit hat, wenn man die Jahre, die man noch hat, „in Tage, in Stunden, in Minuten, ja, wenn man es aushielt, in Sekunden umwechseln” könnte. Aber bald fiel es dem kleinen Beamten, der diese Überlegungen anstellte, auf, „daß er unglaublich viel ausgäbe. Ich werde mich einschränken, dachte er. Er stand früher auf, er wusch sich weniger ausführlich, er trank stehend seinen Tee, er lief ins Bureau und kam viel zu früh. Er ersparte überall ein bißchen Zeit. Aber am Sonntag war nichts Erspartes da. Da begriff er, daß er betrogen sei. Ich hätte nicht wechseln dürfen, sagte er sich. Wie lange hat man an so einem Jahr. Aber da, dieses infame Kleingeld, das geht hin, man weiß nicht wie.“

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  44. N. Luhmann, Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin 1964, S. 124.

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  45. Derselbe, Macht, Stuttgart 1975, S. 66.

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  46. Vgl. E. Zerubavel, Timetables and Scheduling: On the Social Organization of Time, in: Sociological Inquiry, 46, 1976, S. 91 ff.

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  47. Bereits 1964 schlug M. H. Danzger, Community Power Structure: Problems and Continuities, in: American Sociological Review, 29, 1964, S. 707–717, vor, in der Forschung mehr Betonung auf die Chance der Machtausübung zu legen, die auf der Verteilung von Machtbasen gründet. R. A. Dahl, Who Governs? Democracy and Power in an American City, New Haven — London 1961, S. 226; und T. N. Clark, The Concept of Power, in: T. N. Clark (Hrsg.), Community Structure and Decision-Making: Comparative Analyses, Scranton 1968, S.57 f., erarbeiteten eine Liste von Machtbasen, die in Clarks Liste die im folgenden genannten Items enthält. Vgl. auch A. Wildaysky,Leadership in a Small Town, Totowa 1964, bes. S. 337–342.

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  48. Die letztgenannten Tatbestände erkannten Politikwissenschaftler und Journalisten (und wahrscheinlich Politiker) besser als Soziologen. Vgl. z. B. E. C. Banfield, Political Influence: A New Theory of Urban Politics, New York 1961; R. A. Dahl,a. a.O.; M. Royko, Boss: Richard J. Daley of Chicago, New York 1971.

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  49. K Heinemann, Grundzüge einer Soziologie des Geldes, a. a. O., S. 75, unsere Hervorhebung.

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  50. N. Luhmann, Symbiotische Mechanismen, in: O. Rammstedt (Hrsg.), Gewaltverhältnisse und die Ohnmacht der Kritik, Frankfurt/M. 1974, S. 117.

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  51. Vgl. oben, Teil III.

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  52. Prinzipiell gültig bleibt, daß für jeden “but especially for those at the top of large hierarchical organizations, no one else’s time is a perfect substitute for one’s own” (M. J. Roberts, On Time, in: quarterly Journal of Economics, 4, 1973, S. 648).

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  53. H. Nowotny,a.a.O., S. 334.

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  54. Vgl. P. Bachrach und M. S. Baratz, Macht und Armut. Eine theoretisch-empirische Untersuchung. Einleitung von C. Offe, Frankfurt/M. 1977, und die dort auf den Seiten 32–34 angegebene Literatur.

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Kurt Hammerich Michael Klein

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Heinemann, K., Ludes, P. (1978). Zeitbewusstsein und Kontrolle der Zeit. In: Hammerich, K., Klein, M. (eds) Materialien zur Soziologie des Alltags. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83603-8_9

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