„Institutionalisierung“ und „Bewegung“ — ein falscher Gegensatz

Zusammenfassung

Die bisherigen Befunde über Institutionalisierungstendenzen neuer sozialer Bewegungen in der Bundesrepublik ergeben ein relativ einheitliches Bild: ein buntes Spektrum dezentral organisierter, um unterschiedliche thematische Schwerpunkte und verschiedene regionale Brennpunkte der Auseinandersetzung kristallisierte Aktionsgruppen, Initiativen, Projekte und gegenkulturelle Milieus, die örtlich, regional und überregional nur lose miteinander vernetzt sind. Stärker institutionalisierte Gruppen — Naturschutzverbände, kirchliche Gruppen, Unterorganisationen der DKP, DIE GRÜNEN etc. — sind in diese autonome Struktur von Basisgruppen und örtlichen Protestmilieus miteinbezogen, ohne die Dynamik des sozialen und politischen Protests durch Ihre organisatorische Infrastruktur oder ihre Verbands- und parteiinternen Kalküle wesentlich prägen zu können. Dieser Befund müßte sicher regional, im Verhältnis von Stadt und Land, hinsichtlich der Unterschiede von örtlicher und überregionaler Kooperation (wo Bundes- oder Dachverbände eine bedeutendere Rolle spielen), vor allen auch hinsichtlich der Unterschiede zwischen den einzelnen Bewegun-gen differenziert werden (vgl. dazu das Referat von Rucht). Voreilig wäre sicher auch die Verallgemeinerung dieses nationalen Befunds zu Wesensmerkmalen neuer sozialer Bewegungen schlechthin, die so in allen westlichen Industriegesellschaften vorzufinden seien.