Zusammenfassung
In dieser Untersuchung wurde der Versuch unternommen, Aufschluß über die Art und Weise des Zusammenhanges zwischen dem Wandel der gesamtgesellschaftlichen Bedingungen, der durch diese Veränderungen induzierten und wieder auf sie zurückwirkenden Modifikationen der Lern- und Sozialisationsbedingungen und der Ausprägung der Identität der erwachsenen Personen im deutschsprachigen Raum während des 18. und 19. Jahrhunderts zu gewinnen. Erst die Analyse der Wandlungsprozesse auf diesen drei interdepedenten Ebenen garantiert m.E., daß der in Frage stehende Prozeß der Veränderung der Identitätsbildung im Laufe des Untersuchungszeitraumes adäquat wiedergegeben werden kann. Da in keiner der vorliegenden Konzeptionen zur Identitätsbildung auf die oben angesprochenen Ebenen im gleichen Maße eingegangen wurde, wurde unter Zuhilfenahme einschlägiger soziologischer, sozialpsychologischer und psychoanalytischer Literatur ein eigenständiges Untersuchungsraster erarbeitet. Bei der Ausarbeitung dieses Rasters erwiesen sich vor allem die Ausführungen von HABERMAS (1976) und KRAPPMANN (1971) als richtungsweisend. Von Habermas wurden die beiden Termini Rollen- und Ich-Identität und das dahinterstehende Konzept der Identitätsreformation im Laufe der Menschheitsgeschichte übernommen. Dadurch konnte das der Untersuchung zugrunde liegende Interesse dahingehend präzisiert werden, daß durch die Auswertung der Quellen der Übergang von der Dominanz der Rollenidentität zur Dominanz der Ich-Identität aufgezeigt werden sollte. Charakterisiert Habermas die Rollenidentität grob als diejenige Stufe, auf der durch eine keine Spielräume eröffnende In- ternalisierung der elterlichen Gewalt das Individuum in die Lage versetzt wird, in einer stationären Gesellschaft entsprechend den bindend vorgegebenen Normen und Rollenerwartungen zu agieren, so grenzt er die Ich-Identität von diesem Niveau dadurch ab, daß er ihre Beherrschung an eine reflexionsfähige Verinnerlichung der elterlichen Gewalt gebunden sieht.
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Literatur
HABERMAS, J. 1976: Können komplexe Gesellschaften eine vernünftige Identität ausbilden, in Zur Rekonstruktion des historischen Materialismus. Frankfurt S. 63 ff.
KRAPPMANN, L. 1971: Soziologische Dimensionen der Identität, Stuttgart
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Orth-Peine, H.M. (1985). Von der Rollenidentität zur Ich-Identität?. In: Franz, HW. (eds) 22. Deutscher Soziologentag 1984. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83518-5_21
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