Zusammenfassung
Das Thema „Psychoanalyse als anthropologische Wissenschaft“ subsumiert Psychoanalyse unter einem Dach, das, übersetzt, „Wissenschaft vom Menschen“ heißt. Das erscheint trivial, denn bekanntlich beschäftigt sich Psychoanalyse nicht mit physikalischen und anderen unbelebten Gegenständen und auch nicht mit Fauna und Flora. Diese einschränkende Charakterisierung teilt sie mit anderen Wissenschaften, die sich mit dem Menschen befassen: mit den medizinischen Wissenschaften, der Geschichte, der Pädagogik, der Soziologie, der Volks- und Betriebswirtschaft, der Politologie und vielen anderen. Sind sie alle anthropologische Wissenschaften? Und wenn das so wäre, warum lohnte es sich, die Psychoanalyse so zu charakterisieren? Schlägt man im Grimm’schen Wörterbuch nach, so findet man das Stichwort darin nicht. Der dafür zuständige Band I ist im Jahr 1854 erschienen; man könnte daraus schließen, daß der Begriff Anthropologie damals noch nicht geprägt oder doch nicht üblich war. Aber es zeigt sich, daß die akribischen Jakob und Wilhelm Grimm hier etwas übersehen hatten. In Adolf Bechers Verlag in Stuttgart ist nämlich schon 1847 das Werk des Königsberger Professors Carl Friedrich Burdach mit dem Titel: „Anthropologie für das gebildete Publicum“ in zweiter Auflage erschienen. Dessen Einleitung beginnt mit dem Satz: „Erst spät kommt der Mensch dazu, sich selbst genauer kennenzulernen.
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Speidel, H. (2003). Die Psychoanalyse als anthropologische Wissenschaft. In: Speidel, H. (eds) Aus der Werkstatt der Psychoanalytiker. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83383-9_24
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