Zusammenfassung
Im Herbst 2000 jährte sich zum zehnten Mal der ‘Tag der deutschen Einheit’ und damit auch ein gesellschaftlicher Umbruch- und Neugestaltungsprozess, der in der wissenschaftlichen Literatur auch als »Transformationsprozess« bezeichnet wird. Dieser Zeitpunkt legt eine Bilanz des bisherigen Veriaufs der Transformation sowie eine kritische Sichtung der diesen »sozialen Großversuch« (Giesen/Leggewie 1991) begleitenden sozialwissenschaftlichen Transformationsforschung nahe. Dieser weite Rahmen wird hier gewählt, da sich zeigt, dass sich die Erziehungswissenschaft sehr eng an die dominierenden Ansätze in Soziologie und Politik anlehnt und diese als Interpretationsfolien für ihre empirischen Untersuchungen zur Analyse des Wandels von Erziehung, Jugend und Bildungsarbeit in Ostdeutschland nutzt (vgl. etwa Tenorth 1997). Auch die im Kontext der beiden Promotionskollegs der Hans-Böckler-Stiftung angesiedelten bereits durchgeführten oder noch laufenden Promotionsprojekte1, die den gesellschaftlichen Transformationsprozess in Ostdeutschland seit 1993 kontinuierlich wissenschaftlich analysieren, betten sich in diesen interdisziplinären theoretischen Diskussionszusammenhang ein. In diesen Arbeiten dokumentiert sich zugleich ein Veränderungsprozess und Perspektivenwechsel, der für die Transformationsforschung generell Bedeutung zu haben scheint. Angesichts aktueller Befunde, die mit den Erwartungen einer raschen Ost-West-Angleichung offenkundig nicht zu vereinbaren sind, scheint eine Revision und Modifikation der Transformationsforschung geboten. Die bislang dominierende Deutung des Transformationsprozesses als nachholende Modernisierung verstellt den Blick auf Problemlagen, die sich in der Erziehungswirklichkeit, in den Lebenslagen von Heran-wachsenden und im Bildungswesen abzeichnen und die zum einen auf vielfach unintendierte Folgewirkungen des Transformationsprozesses und ostspezifische Konstellationen sowie zum anderen auf die Überlagerung zweier Modernisierungsprozesse zurückzuführen sind.
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Fabel, M., Krüger, HH. (2001). Nachholende Modernisierung? Plädoyer für einen Perspektivenwechsel in der erziehungswissenschaftlichen Transformationsforschung. In: Bock, K., Fiedler, W. (eds) Umbruch in Ostdeutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83366-2_6
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