Politische Utopien in Umbruchsituationen. Eine feministische Sichtung

Zusammenfassung

Der Promotionsverbund »Umbruch in Ostdeutschland« zielte darauf, die uneinheitlichen Transformationsprozesse nach Zusammenbruch des Staatssozialismus und nach der Vereinigung der repräsentativ-demokratischen BRD mit der parteisozialistischen DDR zu beleuchten. Unsere These war und ist dabei, dass gerade in Konstellationen des Umbruchs politischen Utopien eine besondere Bedeutung zukommt. Gerade in den Momenten, in denen die wirtschaftlichen, politischen, sozialen und normativen Grundkonstanten den neuen Verhältnissen erst noch angepaßt werden müssen, stellen sich Fragen nach einer »anderen«, möglichst besseren Gesellschaft besonders intensiv. Sowohl die Kritik am bestehenden, überkommenden System und seinen hegemonialen Werten als auch die Vision einer besseren Gesellschaft werden in neuen Utopien umgesetzt bzw. durch Rückgriff auf die Utopiengeschichte emeut diskutiert. Auch der Aufbruch in der DDR Ende der 1980er-Jahre drückte zunächst vielfältige Hoffüungen auf freie und solidarische Gesellschaftsformen aus. Ein Rückgriff auf die Utopiengeschichte hatte in der DDR leider wenig Tradition, da das »Utopische« mit dem ‘Ruch’ des Bürgerlichen und Unwissenschaftlichen belegt war. Aber auch in der BRD war ab den späten 1980er-Jahren ein Abschied vom utopischen Streben zugunsten von Konservatismus und machterhal-tendem Pragmatismus zu verzeichnen. Der »Umbruch in Ost-Deutschland« war spätestens ab der Währungsumstellung keiner, der Platz für utopische Visionen gehabt hätte. Dennoch wird im Folgenden gezeigt, dass grundlegende Umbruchssituationen zumeist Räume geboten haben, nicht nur die Machtfrage neu auszuloten, sondem auch Debatten um eine bessere, gerechtere, fieie Gesellschaft zu führen.