Zusammenfassung
Die zentrale Komponente eines jeglichen Regulationsregimes besteht in der Regelung der Aushandlungsmodalitäten für den wichtigsten Preis der Volkswirtschaft: den Lohn. Der Prozeß der Lohnfestsetzung findet in der Regel auf zwei Ebenen statt — erstens auf der betrieblichen Ebene in Form der Eingruppierung von Arbeitskräften in unterschiedliche Lohnkategorien, zweitens auf der überbetrieblichen Ebene in Form des Abschlusses von Tarifverträgen. Diese Form der Ausdifferenzierung von unterschiedlichen Ebenen der Lohnverhandlung ist zu einem beträchtlichen Teil ein historisches Resultat der Entwicklung fordistischer Regulationsregime. Deren Hauptstoßrichtung zielte gleichermaßen auf die Schwächung betriebs- und berufsgewerkschaftlicher Tendenzen wie auf die der Stärkung industriegewerkschaftlicher Strukturen, die dann die eigentliche Grundlage für die Entwicklung eines modernen Tarifsystems abgaben. Eine wichtige Komponente der Krise eben dieses fordistischen Regulationsregimes besteht gerade in der derzeit aktuellen Krise des herkömmlichen Flächentarifvertrages, die sich in eine Krise des tradierten, stabilen “Normalarbeitsverhältnisses” fortsetzt. Als das zentrale auslösende Moment dieser Entwicklung können mit gutem Grund die völlig neuartigen Anforderungen an die betriebliche Mikroregulierung von Marktunsicherheiten angesehen werden. Horst Kern und Charles Sabel haben in einem Aufsatz die neuartigen Handlungsbedingungen der Gewerkschaften auf zunehmend “offenen” Arbeitsmärkten, die durch ein Zusammenspiel von individueller Mobilität und Beschäftigungsfluktuation geprägt sind, beschrieben (Kern/Sabel 1990). Während diese beiden Vertreter des Denkansatzes der “flexiblen Spezialisierung” ihre Diagnose der Funktionsdefizite der fordistischen Regulation auf den Aspekt der betrieblichen Mikroregulierung konzentrieren, gehen die Vertreter der Regulationsschule noch einen Schritt weiter. Letztere stellen die Auswirkungen dieses verhänderten Verhaltens auf der betrieblichen Mikroebene fir das makroregulatorische Gesamtsystem in das Zentrum ihrer Untersuchungen. Boyer hat als theoretisches Resümee einer breit angelegten empirischen Studie über die Entwicklung in den größten Ländern der europäischen Union, die griffige Unterscheidung zwischen “offensiven” und “defensiven” Flexibilisienmgsstrategien geprägt (Boyer 1986b, S. 235 ff.). Diese Unterscheidung zielt gleichermaßen auf den möglichen Beitrag eines Systems industrieller Beziehungen zum industriestrukturellen Transformationsprozeß, wie auf das Problem der Reequilibrierung und Stabilisierung der Massenkaufkraft im Sinne “tradierter” fordistischer Regulationspraktiken.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2001 Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Hessinger, P. (2001). Offene Arbeitsmärkte und Veränderungen der Rekrutierungsmuster. In: Vernetzte Wirtschaft und ökonomische Entwicklung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83364-8_7
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83364-8_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13605-9
Online ISBN: 978-3-322-83364-8
eBook Packages: Springer Book Archive