Zusammenfassung
Ein Bündnis für Arbeit kann man definieren als mittelfristige, themen- und ressortübergreifende Dreieckskooperation zwischen den Tarifparteien und der Regierung zur Überwindung der Arbeitsmarktkrise. Lange Dauer und hohe Dringlichkeit dieses Problems haben dazu geführt, dass tarifpolitische Angelegenheiten im engeren Sinne, also die periodische Aushandlung von Löhnen und Arbeitszeiten, mit Reformen der Sozial-, Steuer-, und Rentenpolitik, das heisst mit dem generellen Umbau des Wohlfahrtsstaates verknüpft wurden. Sozialpakte dieses Zuschnitts sind während der letzten anderthalb Jahrzehnte in zahlreichen EU-Staaten beschlossen worden (vgl. Hassel/ Hoffmann, in diesem Band), zuerst und in vieler Hinsicht exemplarisch in den Niederlanden, zuletzt durch die rot-grüne Regierung. Das hiesige Bündnis visierten seine Befürworter als institutionelle Arena an, „in der die wichtigen sozialen und politischen Akteure (einen) neuen Gesellschaftsvertrag auszuhandeln in der Lage wären“ (Esser/ Schroeder 1999: 51). Auf dieser Basis soll der auf Sozialpartnerschaft und Verteilungsgerechtigkeit angelegte rheinische Kapitalismus saniert und die Berliner Republik sozialpolitisch fundamentiert werden. Angeregt wurde ein solches Bündnis 1995 durch den IG Metall-Vorsitzenden Zwickel (vgl. Dokumentation) und sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete. Eine sektorale Umsetzung in der Metall- und Elektroindustrie scheiterte zunächst genau wie das regionale „Bündnis Ost“, vor allem am Desinteresse der damaligen Bundesregierung und der Arbeitgeberverbände. Letztere waren geneigt, die (west-)deutsche „Konsensgesellschaft“ aufzukündigen, räumten aber ein, dass die Bündnis-Formel eine „geniale semantische Leistung unseres Sozialpartners“ war und anhaltende Verweigerung „grob gegen die ungeschriebenen Gesetze der politischen und sozialen Hygiene verstoßen würde“ (Vajna 1998: 1f.).
Die Verbände sind in Deutschland suspekt — aber ich glaube aus falschen Gründen. (Wilhelm Hennis, 1961)
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Leggewie, C. (1999). Böcke zu Gärtnern? Das Bündnis für Arbeit im Politikprozess. In: Arlt, HJ., Nehls, S. (eds) Bündnis für Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83343-3_2
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