Zusammenfassung
Pierre Bourdieu beschreibt die soziale Welt als mehrdimensionalen Raum, in dem jeder Akteur eine relative Position oder Stellung einnimmt, die nicht nur seine ökonomisch-materiellen Handlungsoptionen festlegt, sondern zugleich seine symbolisch-kulturellen Ausdrucksformen begrenzt. Um die Verteilungs- bzw. Konstruktionsprinzipien des sozialen Raumes zu analysieren, greift Bourdieu bekanntermaßen auf den schillernden Begriff des „Kapitals“ zurück. Die soziale Lage eines Akteurs hängt, so Bourdieu, vom Volumen und der Struktur seiner aktuellen Kapitalausstattung sowie vom biographischen Verlauf der Kapitalaneignung ab. In Abgrenzung zu traditionellen Begriffsbestimmungen wird jedoch „Kapital“ nicht als basale Kategorie der Ökonomie im engeren Sinne definiert, sondern als allgemeines ungleichheitsrelevantes „Machtmittel“ (Bourdieu 1985: 10f.). Bourdieu hat diese weite Begriffsbestimmung vorgeschlagen, um die Kapitalkategorie aus ihrer ökonomistischen Verengung herauszuführen und für kultursoziologische Fragestellungen zu öffnen. Hierbei verfolgt er eine doppelte Absicht: Mit den Begriffen „ökonomisches Kapital“, „kulturelles Kapital“ und „soziales Kapital“ sollen die strategischen Handlungsressourcen materieller Besitz, symbolisches Wissen und soziale Beziehungsnetze kapitaltheoretisch voneinander unterschieden werden. Zugleich soll das „Tausch“verhältnis der Kapitalsorten untereinander, ihre wechselseitige Konvertierbarkeit thematisiert werden.
Die Erstfassung des Aufsatzes ist in Heft 4/1997 der Sozialen Welt erschienen.
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