Zusammenfassung
Während Werbung als ureigener Bereich der Wirtschaft angesehen und als solcher im wissenschaftlichen Diskurs zumeist im Kontext der Betriebswirtschaftslehre und insbesondere der Marketingwissenschaft problematisiert wird, ist das Thema Public Relations von verschiedenen Fachdisziplinen aufgegriffen und bearbeitet worden. Die unterschiedlichen Konzepte reichen von der Vorstellung, PR sei eine Art der Werbung über die faktische Gleichstellung von Unternehmenskommunikation und PR bis hin zur Beschreibung der PR als eigenes Funktionssystem der Gesellschaft, das sich aus dem publizistischen System ausdifferenziert habe. Dieses multidisziplinäre Wissen wird noch durch eine begriffliche Unsicherheit kompliziert: Was für den einen Autor PR ist, heißt bei einem anderen Public Affairs, Social Engineering, Unternehmenskommunikation, Human Relations etc. Der im deutschsprachigen Raum verbreitete synonyme Gebrauch der Begriffe PR und Öffentlichkeitsarbeit tritt als weiteres terminologisches Problem hinzu.
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Literatur
Deshalb widmet Heribert Meffert in seinem Lehrbuch dem Thema Public Relations ganze drei Seiten (der Werbung dagegen 35 Seiten) und weist darauf hin, daß PR zu Recht häufig mit Werbung um öffentliches Vertrauen oder Imagewerbung gleichgesetzt wird (vgl. 1986: 493).
Vgl. Rühl 1982.
Vgl. Ronneberger/Rühl 1992: 249.
Da diese Herleitung auf der Grundlage der allgemeinen Systemtheorie beruht, verweist sie auf ein schlechtes Verständnis der Luhmannschen Arbeiten. Öffentlichkeit ist immer Umwelt, öffentliche Kommunikation immer Kommunikation in bezug auf Umwelt. Was Ronneberger und Rühl hier meinen, könnte das Mediensystem sein. Warum sich aber PR aus dem Mediensystem ausdifferenziert haben soll, macht weder konzeptionell Sinn, noch läßt es sich historisch begründen.
Der Marktbegriff wird hier auf alle Sozialsysteme übertragen. Auch das entspricht nicht dem Luhmannschen Verständnis, der Markt als systeminterne Umwelt eines Systems versteht. Für den Politiker wäre dann die Politik Markt, nicht aber die Wirtschaft. Für das Unternehmen ist die Wirtschaft Markt, nicht aber die Politik. Für die PR wäre im Verständnis von Ronneberger/Rühl also die öffentliche Kommunikation respektive das Mediensystem Markt, nicht aber die Wirtschaft, die Wissenschaft etc.
Man kann mit Frank Jefkins auch von Verständnis (understanding) sprechen (vgl. 1988: 8ff.).
Hier wird mit dem Interaktionsbegriff gearbeitet, weil es um Kontakte zwischen (Funktions)-System und Umwelt geht (vgl. dazu auch Kapitel 2).
Inspiriert von einer Untersuchung Ragnwolf H. Knorrs (1984).
Technik im oben definierten Sinne (vgl. Kapitel 1).
Für Werner Faulstich ist PR Interaktion in Gesellschaft in toto, was zur Feststellung führt: „Jedes System interagiert in Gesellschaft, jedes System betreibt Öffentlichkeitsarbeit, ob es will oder nicht, und die Bedingungen und Formen dieser Interaktion unterliegen gesellschaftlichen Vorgaben“ (1992: 50). Dann aber macht es wenig Sinn, von PR zu sprechen (denn dann geht es um Systemkontakte schlechthin, um Perturbationen etc.). Im Zusammenhang mit Unternehmen und deren Zielsetzungen interessiert eine ganz andere Frage: Wie wird die Interaktion gestaltet? Und erst in diesem instrumenteilen (oder operativen) Zusammenhang geht es um das, was gemeinhin PR heißt.
Man hat es hier generell gesprochen mit einer Anpassungsleistung des Systems zu tun, die auf jeden Fall geregelt werden muß, und zwar integrativ: also bezogen auf die dem System zurechenbaren Handlungen, und adaptiv: also bezogen auf die anderen Systemen zurechenbaren Handlungen (vgl. dazu Luhmann 1964: 108). M.E. ist PR im Sinne einer Technik vor diesem Hintergrund als Standardisierung durch Entscheidungen zu verstehen, so wie Marketing eine Standardisierung durch Entscheidungen für die Erfüllung des unternehmerischen Grundauftrags ist (vgl. dazu auch Kapitel 1 und 3). Oder einfach gesagt: Ein System „macht“ PR und „Marketing“, sobald es sich aus seiner Umwelt heraus einschließt. Wir sprechen aber erst dann von PR bzw. Marketing, wenn die darauf bezogenen Handlungen systematisiert und geplant werden.
Also als souveräne Aktanten, die souverän die Entscheidung darüber fällen, „was drin ist und was draußen ist“, wie es Kurt Lewin ausdrückt (1952: 186).
Vgl. auch Knellesen 1991: 79.
Vgl. Münch 1991: 284ff.
Hendrix unterscheidet hier nochmals in employees und members (vgl. 1992: 13).
Was nicht heißt, daß Unternehmen offene Systeme sind, wie dies Beger, Gärtner und Mathes konstatieren (1989: 68). Vielmehr weil Organisationen geschlossene Systeme sind, die nur in Umwelt existieren können, kommt den organisatorischen Grenzstellen vor allem in der modernen, pluralistischmultioptionalen Gesellschaft die wichtige Aufgabe zu, mit ihrer Umwelt ständig Kontakt zu halten.
Vgl. hierzu Pavlik 1987: 129.
Zur Erinnerung: Barbara Baems konnte empirisch nachweisen, daß über 60 Prozent aller in Massenmedien veröffentlichten Nachrichten auf PR-Initiativen beruhen (vgl. 1982: 169ff.; 1985).
Die können bis zur Durchführung von öffentlichen Informationsveranstaltungen reichen, wie dies etwa Peter Marchai und Ulrich Spura speziell für Organisationen im sozialen Bereich darstellen (vgl. 1981: 164ff.).
Vgl. für die Praxis z.B. Rota 1990; speziell für das erfolgreiche Handling des Kontakts auch Groothoff 1989.
Vgl. etwa Knellesen 1991: 80f.
Vgl. Hilgert/Stuckmann 1991: 32f.
Welche Größen in die Sozialbilanz einfließen können, zeigt die Musterbilanz von Michael Kittner und Klaus Mehrens (1978: 99ff).
Oder eben das Gewissen des Unternehmens im Sinne Helmut Thormanns.
Welche Einflußfaktoren dabei eine Rolle spielen, hat Wolfgang Armbrecht in einem situativen Erklärungsansatz umfassend herausgearbeitet (1992).
Und nicht nur Hierarchieschranken, sondern auch das noch heute verbreitete Denken, daß der „»mündige« Bürger mit Aufsuchen seines Arbeitsplatzes auf das Niveau eines widerspruchslosen »Untertanen« zurückgestuft wird“ (Beger et al. 1989: 126).
Das wird z.B. durch Mitarbeiterbefragungen zu umgehen versucht (vgl. dazu etwa Pawlowsky-Flodell 1993).
In Deutschland (West) erschienen Ende der 80er Jahre regelmäßig rund 500 Titel mit einer Gesamtauflage von 30 Millionen Exemplaren (vgl. Hilgert/Stuckmann 1991: 33). Und insbesondere in Krisenzeiten erweist sich die Mitarbeiterzeitschrift als effizientes und effektives Medium der Transparenzproduktion für unpopuläre Maßnahmen (vgl. Haugwitz 1993).
Zur Terminologie: Der Begriff Werkzeitschrift wird in der Literatur wie auch der betrieblichen Praxis synonym mit Begriffen wie Personalzeitschrift (v.a. in der Schweiz), Haus Journal und Mitarbeiter-Zeitschrift benutzt. In der wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Thema wird zumeist von Werkzeitschrift gesprochen, was sicherlich keine gute Wahl ist, weil damit (a) der Bezug zur Industrie und (b) die Beschränkung auf einen Betrieb (im Gegensatz zum gesamten Unternehmen oder Konzern) assoziiert wird. Der Begriff Personalzeitschrift umgeht diese Probleme, indem er die Zielgruppe (und nicht den Zielort) betont. Allerdings ist die Semantik der Worts Personal nicht positiv besetzt. Deshalb wird hier der Begriff Mitarbeiterzeitschrift präferiert. Zur Definition der Mitarbeiterzeitschrift: Sie „werden periodisch von Unternehmen herausgegeben und kostenlos einer beschränkten Öffentlichkeit von Mitarbeitern und ihren Familien zugänglich gemacht mit dem Ziel der innerbetrieblichen Vertrauenspflege durch die fachlich-aktuelle Berichterstattung über Mensch und Betrieb“ (Lerg 1956: 363).
Es ist übrigens keine „moderne Erfindung“, daß Unternehmen Print-Informationen kostenfrei gewissen Zielpublika zur Verfügung stellen. „Als Jakob Fugger der I., der Reiche, der gefurstete Augsburger Kaufherr, Bankier und Gläubiger von Kaiser und Papst, die Berichte der Korrespondenten des Hauses in den Außenstellen über politische und wirtschaftliche Verhältnisse in nahen und fernen Ländern zu handschriftlichen Informationsblättern vereinigte, um sie an Geschäftsfreunde und Gönner weiterzugeben, war die erste »Hauszeitung« erschaffen“ (H.J.F. Kropff: Synthese von Journalismus, industrieller Publizistik und Public Relations, exemplifiziert an schönen Hauszeitschriften; in: Publizistik 5. Jh. (1960), S. 491; hier zitiert nach Rock 1972: 1).
Zum Zusammenhang von Public Relations und innerbetrieblichen Informationssystem aus sozialwissenschaftlicher Sicht vgl. z.B. auch Baerns 1993.
Vgl. Haller 1982: 183.
Das sehen James Grunig und Todd Hunt anders. Sie schlagen als Maßgrößen verschiedene Wirkungskategorien vor (vgl. 1984: 31). In Anlehnung an diese Idee versuchen Angelika Hilger und Andreas Kaapke das Problem der „PR-Erfolgskontrollen trotz der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes“ (1995: 39) zu lösen — etwa mit Hilfe von quantitativen Befragungen, Tests, Inhaltsanalysen und Befragungen (a.a.O.: 37f.) — also dem Handwerkszeug der empirischen Sozialforschung, deren Problempotential selbst fur große Erhebungen ausreichend dargestellt ist (vgl. statt vieler das deutschsprachige Standardwerk: Friedrichs 1990). Ohne sich auf eine tiefergehende Kritik einzulassen, drängt sich zumindest ein zentraler Einwand gegenüber dieser Testgläubigkeit auf: Welcher Journalist, Lieferant, Multiplikator hat Zeit, sich testen oder befragen zu lassen, und welcher PR-Treibende ist so naiv, daß er davon ausgeht, durch eine inhaltliche Medienresonanzanalyse Rückschlüsse zu ziehen, da der reguläre Fall doch der ist: Je mundfertiger das gelieferte Material, desto größer die Veröffentlichungswahrscheinlichkeit. Auch die teilweise differenzierter argumentierenden Beiträge in dem von Barbara Baerns herausgegebenen Sammelband (1994) verwechseln wissenschaftlichen (nicht praktischen!) Anspruch der PR und Geschäft. Generell läßt sich zur Wirkungsproblematik wohl die Regel aufstellen: Je kleiner der Untersuchungsgegenstand, je enger die Zielgruppe, je spezieller das Ziel und je unwichtiger die taktische Maßnahme, desto größer der Erfolg traditionell sozialwissenschaftlicher Methoden. Ansonsten ist die von Hilger/Kaapke als unsystematisch und planlos bezeichnete naive Evaluierung wohl doch die gängigste, praktikabelste, kostengünstigste und vor allem — bei entsprechendem Kritikpotential — auch treffsicherste Wirkungskontrolle.
Vor dieser Prognose wird nicht nur die Leistungsfähigkeit der Beobachterdifferenz deutlich, die Niklas Luhmanns Konzeptualisierung der Gesellschaft als autopoietisches System sinnhafter Kommunikation bietet. Denn dann kann sie auch als zukunftsweisender Entwurf von Gesellschaft verstanden werden, die im Cyberspace mit virtuellen Medien nur noch durch Kommunikation handelt. Für Unternehmen bedeutet das mit Klaus Merten und Joachim Westerbarkey plakativ ausgedrückt: „Wer die Kommunikation hat, hat die Zukunft“ (1994: 211).
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Becker, T. (1998). Public Relations. In: Die Sprache des Geldes. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83314-3_8
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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