Zusammenfassung
Der Begriff Erlebnis gehört zu jenen, die seit einigen Jahren gerne in Anspruch genommen werden. Dennoch ist er, im Gegensatz zu Wörtern wie „Nullwachstum“ oder „Multimedia“, noch nicht zum Wort des Jahres gewählt worden — vielleicht, weil der Begriff zu alltäglich ist. Daher darf man fragen, ob dieser Begriff den Menschen überhaupt neu buchstabiert werden muß. Der Begriff war seit jeher mit Aktivität verknüpft und kann in diesem Sinne als Beispiel für kumulative Effekte des Handelns der Menschen dienen, gleich, ob dieses Handeln auf ein sehr spezifisches Ziel ausgerichtet ist oder als gerne gesehenes Endprodukt eines mit diffusen Erwartungen verbundenen Tuns erscheint. Gerade das Unerwartete kann den Erlebnischarakter eben noch verstärken. Schon Blaise Pascal (1623–1662) meinte, „daß das ganze Unglück der Menschen aus einem einzigen Umstand herrühre, nämlich, daß sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können. [...] [M]an sucht Unterhaltungen und Zerstreuung bei Spielen nur, weil man nicht vergnügt zu Hause bleibt.“ (Pascal 1992, S. 69) Aber auch harte Anstrengungen und Grenzerfahrungen lassen sich hier subsumieren: „Wenn man [...] verschwitzt und müde, mit durchgekletterten Fingern und schmerzenden Muskeln auf dem Gipfel eines schwer besteigbaren Berges ankommt, mit der Aussicht, alsbald die noch größeren Mühen und Gefahren des Abstieges bestehen zu müssen, so ist dies alles wahrscheinlich kein Genuß, aber die größte Freude, die man sich denken kann.“ (Lorenz 1973, S. 46) Und bezüglich des Lebens heißt es bereits in der Bibel: „[...] und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist’s Mühe und Arbeit gewesen“ (so Luthers Übersetzung von Psalm 90,10).
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Jäckel, M. (1998). Warum Erlebnisgesellschaft? Erlebnisvermittlung als Werbeziel. In: Jäckel, M. (eds) Die umworbene Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83294-8_12
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