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Ernst Jünger: Der „Arbeiter“ im totalitären Maschinenstaat

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Book cover Sozialismus und Nation

Zusammenfassung

Die Verächtlichmachung der zivilen Welt durchzieht das gesamt Frühwerk der Kriegsschriften Ernst Jüngers (geb. 1895), dieses “Don Quijote der Brutalität”.2 Mit einem rhetorischen Kunstgriff bezeichnet Jünger im “Arbeiter” sofort in der Überschrift des Eröffnungskapitels das “Zeitalter des dritten Standes” als “Scheinherrschaft”, um so schon in der Wortwahl zu insinuieren, daß diese bürgerliche Herrschaft nur zum Schein bestanden habe, daß sie letztlich aber ephemer, haltund substanzlos und zum Zusammenbruch prädestiniert sei.3 Mit vereinnahmendumfassendem “wir” bezieht Jünger, damals das geistige Oberhaupt der Nationalrevolutionäre, seine Lesergefolgschaft gleich in seine Gesinnungsgemeinschaft mit ein: “Auf über ein Jahrhundert deutscher Geschichte zurückblickend, dürfen wir mit Stolz gestehen, daß wir schlechte Bürger gewesen sind.” Martialisch verkündet er, wo “am tiefsten und kühnsten gedacht, am lebendigsten gefühlt, am unerbittlichsten geschlagen” 4 werde, da herrsche Aufruhr gegen die bürgerlichen Werte von Vernunft und Humanität, die Ideen von 1789. Von Freiheit und Menschenrechten wisse der Deutsche einfach keinen Gebrauch zu machen. Hinter der täuschenden “Maske” bürgerlicher Anpassung sieht Jünger in Deutschland eine “unberechenbare und ungebändigte [...] Kraft” 5 die kurz davor stehe, sich wieder Geltung zu verschaffen. Gleichfalls eine ebenso fragwürdige wie überlebte “ Maske” ist in seinen Augen die bürgerliche Identität als Stand. Der Bürger habe dieses Wort “von sehr alter und guter Herkunft”6 — Jünger stellt ständisches Denken offenbar keineswegs grundsätzlich in Frage — sinnentfremdet, aus seinem tradierten Bezug gelöst und damit lediglich seine materiellen Interessen verschleiert.

”Es waren Predigten, Gleichnisse, Thesen, Gesetze, Visionen, Prophezeiungen und tagesbefehlartige Aufrufe, die in einem Stilgemisch aus Psalter- und Offenbarungston mit militärischstrategischen sowie philosophisch-kritischen Fachausdrücken in bunter und unabsehbarer Reihe einander folgten. Ein fieberhaftes und furchtbar gereiztes Ich reckte sich im einsamen Größenwahn empor und bedrohte die Welt mit einem Schwall von gewaltsamen Worten. [...] er warb todbereite Truppen zur Unterwerfung des Erdballs, erließ Botschaften, stellte seine unerbittlichen Bedingungen...” Thomas Mann1

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© 1996 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Werth, C.H. (1996). Ernst Jünger: Der „Arbeiter“ im totalitären Maschinenstaat. In: Sozialismus und Nation. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83275-7_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83275-7_6

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-12897-9

  • Online ISBN: 978-3-322-83275-7

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