Zusammenfassung
Die öffentliche Wahrnehmung des Politischen wird in zunehmendem Maße von Kameras und Mikrophonen bestimmt. Durch die Fokussierung der Politik auf ihre mediale Präsentation geraten insbesondere die politischen Akteure in erhebliche Handlungszwänge. In vormodernen Zeiten war die Vermittlung von Politik unmittelbar. Der Politiker sprach zu einem anwesenden Publikum, das ihn (größtenteils) nur aus der Ferne beobachten konnte. Für den Politiker, der heutigentags in bestimmten Fernsehsendungen Journalisten Rede und Antwort steht, haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Das Publikum ist abwesend und durch die technische Apparatur zugleich in der Nähe des Handelnden, das heißt es kann dem Politiker mit Hilfe des Kamerablicks buchstäblich auf die Finger schauen. Dem politischen Akteur entsteht hierdurch eine neue Problemlage, denn er muß auf mehreren Ebenen gleichzeitig agieren: Mit den Journalisten steht er in einer unmittelbaren face-to-face-Kommunikation. Und gleichzeitig hat er auch die face-to-technic-Relation zu managen -insbesondere den Blick in die Kameras. Im selben Moment befindet sich das Publikum -zumindest bei zuschauerlosen Livesendungen — in mittelbarer Reichweite (Schütz/Luck-mann 1979/1984), nämlich vor dem Fernseher. In diesem anspruchsvollen Handlungsrahmen muß der Politiker unter dem Druck knapper Zeit und laufender Kameras institutionell erzeugte Parteipositionen als Person authentisch verkörpern. Das bedeutet vor allem, daß die Form der Mitteilung (Tonfall, Kleidung, Körpergesten etc.) den Inhalt der Mitteilung widerspruchsfrei zu synchronisieren hat. Anders gesagt: ›Heiße Themen müssen heiß, kalte Themen kalt serviert werden.‹
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Literatur
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Kurt, R. (1997). Der Kampf um Inszenierungsdominanz. Gerhard Schröder im ARD-Politmagazin ZAK. In: Rehberg, KS. (eds) Differenz und Integration: Die Zukunft moderner Gesellschaften. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83268-9_51
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