Zusammenfassung
Es ist sehr schwierig, mit einem juristischen Thema auf Berichte über die perönliche Akteneinsicht wie dem von Herr Schacht zu reagieren. Das, was wir unter dem Stichwort „Datenschutz“ oder „informationelle Selbstbestimmung“ verstehen, läßt sich nur erklären, wenn man ein bißchen in die Geschichte, nicht nur dieses Begriffes, sondern auch der Gedanken, die wir damit verfolgen, zurückgeht. Nur an der Oberfläche hat die Diskussion mit der Einführung der automatischen Datenverarbeitung begonnen. Die Gedankengänge, die hinter dieser Diskussion stehen, sind sehr viel älter. Diese reichen nämlich, man glaubt es kaum, ins letzte Jahrhundert zurück. Juristen, Verfassungsrechtler, Öffentlich-Rechtler, die es auch im letzten Jahrhundert schon gab, haben sich immer schon die Frage gestellt, ab welchem Zeitpunkt die Notwendigkeit beginnt, daß der Staat auf die Verletzung des Menschen reagiert. Wann muß er Schutzmaßnahmen ergreifen? Wann muß denjenigen, die in die Rechtssphäre anderer Menschen eingreifen, mit staatlichen Sanktionen, sei es mit denen des Strafrechtes, sei es mit denen des Verwaltungsrechtes, begegnet werden? Am Ausgangspunkt steht: nur dann, wenn es sich um physische Eingriffe handelte: Festnahme, Durchsuchung, Wegnahme, Folter, Tötung. Nur bei diesen massiven Eingriffen sah sich der Staat bemüßigt, einzugreifen, oder dem Bürger Klagemöglichkeiten an die Hand zu geben. Nur ganz wenige Bereiche, die sich dieser physischen Manifestation entziehen, waren bereits im letzten Jahrhundert anerkannt. Der Staat reagierte bereits dann, wenn Geheimnisse verraten wurden: das Beichtgeheimnis, die ärztliche Schweigepflicht, das Steuergeheimnis und anderes. Interessanterweise geht es dabei nicht oder nicht in erster Linie um den Betroffenen, also um den, der beichtet, um den, der sich vom Arzt behändem läßt, um den, der Steuern zahlt und dafür Angaben machen muß, sondern um den Schutz der Priesterschaft, um den Schutz des Arztes, um den Schutz der staatlichen Einkommen.
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Garstka, H. (1996). Stasi-Unterlagen-Gesetzt (StUG) — Bewährung oder Mißachtung der informationellen Selbstbestimmung. In: Hollitzer, T. (eds) Einblick in das Herrschaftswissen einer Diktatur — Chance oder Fluch?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83263-4_18
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12792-7
Online ISBN: 978-3-322-83263-4
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