Der Lügner aus Prinzip muß scheitern, weil die Akten aus Prinzip nicht lügen — Erfahrungen mit der eigenen Akte

Zusammenfassung

Der folgende Text nimmt in einer bestimmten distanzierten Sprache sozusagen die eigene Akteneinsicht vor. Ich bitte darum, diese Sprache nicht mißzuverstehen als Satire am verkehrten Objekt, aber manchmal, und besonders, wenn man selber über sich spricht in so einer zugespitzten Situation, dann ist es nach meiner Einschätzung notwendig, Distanzen semantischer Art zu nutzen, um vielleicht — das ist natürlich damit als Hoffnung verbunden — noch genauer zu lesen, was in den Papieren über die eigene Existenz steht, was also von anderen in diese Papiere hineingebracht wurde. Aber bevor ich damit anfange, möchte ich doch noch einen kurzen Hinweis geben auf die grundsätzliche Rahmenbedingung unseres Themas. Wir haben ja im Laufe dieser Tage immer wieder auch über die Schwierigkeiten der politischen Lage in der Bundesrepublik Deutschland, im wiedervereinigten Deutschland, geredet, was die Akteneinsicht und -auswertung sowie die Konsequenzen in juristischer, politischer und anderer Hinsicht betrifft. Wir müssen uns immer wieder klar machen, daß wir beim Thema Akteneinsicht und — auswertung nicht nur gegen die Nomenklatur einer untergegangenen Diktatur antreten, sondern auch gegen die immer noch im Amt befindliche, mit demokratisch legitimierter Macht ausgestattete politische Klasse Westdeutschlands, die — bewußt oder unbewußt — exakt dieses Gefühl der Ohnmacht, das wir alle im Laufe der Jahre zu empfinden gezwungen sind, braucht, um nicht selbstkritisch eigene Politik in jenen Jahren, da wir unterdrückt worden sind, konkret nachweisbar, nachlesbar korrigieren zu müssen. Ich setze deshalb über meinen Text als Motto, quasi symbolisch für die gesamte Auseinandersetzung, ein Zitat aus der Presseerklärung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Deutschen Bundestag vom 25. Mai 1989, die mit der Formel beginnt: „Gemeinsame Pressemitteilung Vogel — Gespräch mit Honecker“.