Skip to main content

Strukturbruch und „doppelte Beschleunigung“ — Sozialstrukturelle Transformationen in Ostdeutschland

  • Chapter
Individualisierung
  • 140 Accesses

Zusammenfassung

Von vielen erhofft, von einigen befürchtet, aber von kaum jemandem wirklich vorhergesehen, hat sich im Übergang zu den 90er Jahren der rapide Zusammenbruch einer ganzen Gesellschafsformation vollzogen. Die zeitweise bis zur Schwelle der atomaren Selbstvernichtung hochgeschaukelte Systemgegnerschaft zwischen planwirtschaftlichen Ökonomien mit Einparteien-Herrschaft und demokratisch-plurali-stischen Marktwirtschaften, deren Spuren sich noch in den feinsten Verästelungen philosophischer, politischer und sozialwissenschaftlicher Diskurse finden, scheint beendet, ohne daß jedoch der zukünftige Weg kapitalistischer Gesellschaften, die ihren realen wie ideologischen Widerpart verloren haben, klarer würde. Die damit einhergehenden Umbrüche fuhren uns nicht nur die Fragilität politischer und sozialer Strukturen vor Augen. Sie vollziehen sich in einer Geschwindigkeit, die uns zu Zeitgenossen extrem beschleunigter, in lebenszeitlicher Hinsicht „intern“ gewordener Wandlungen macht. Zugleich erzeugen sie neuartige zeitliche Verwerfungen — wie etwa das von Claus Offe (1991a: 291) hervorgehobene Paradox, daß es beim Übergang vom Staatssozialismus zur Marktwirtschaft „manchen rasch sehr viel besser gehen muß, damit es allen langfristig etwas besser geht“.

„Mit der DDR verschwindet die Unumstößlichkeit von Gegebenheiten, die beanspruchen, für ewig zu gelten. Bleiben wird von der DDR die Nachfrage, was eigentlich von ihr geblieben ist.“

(Rathenow 1990: 149)

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Beispiele für solche Differenzen finden sich u.a. in: Deppe/Hoß 1989; Engler 1992; Heidenreich 1991; Kern/Land 1991; Rottenburg 1991; Voskamp/Wittke 1991.

    Google Scholar 

  2. Weitere theoretische und empirische Beiträge zur Transformationsforschung, von denen hier nur ein Teil berücksichtigt werden kann, finden sich z.B. in: Bertram (Hg.) 1995a,b; Bertram et al. (Hg.) 1995; Beyme/Niedermayer (Hg.) 1994; Brie/Klein (Hg.) 1992; Diewald/Mayer (Hg.) 1995; Engler 1992, 1995; Ganßmann 1993a,b; Gebhardt/Kamphausen (1994); Giesen/Leggewie (Hg.) 1991; Geißler 1992a,b, Geißler (Hg.) 1993; Glatzer/Noll (Hg.) 1992, 1994; Häder/Häder (1995); Herlyn/Bertels (1994); Hradil 1992c; Kaelble et al. (Hg.) 1994; Kohli/Joas (Hg.) 1993; Kollmorgen et al. (Hg.) 1995; Krüger et al. (Hrsg.) 1995; Lange/Schöber 1993; Lutz/Schmidt (Hg.) 1995; Nassmacher et al. (Hg.) 1994; Nauck et al. (Hg.) 1995; Nickel et al. (Hg.) 1994; Offe 1994; Rei-ßig/Glaeßner (Hg.) 1991; Reißig (Hg.) 1993; Solga 1994; Speilerberg 1994a,b; Sydow et al. (Hg.) 1994; Vester et al. (Hg.) 1994; Wagner et al. (Hg.) 1991; Wiesenthal (Hg.) 1995; Winkler 1990a,b, (Hg.) 1993; Wittich (Hg.) 1994; Projektgruppe „Das Sozio-ökonomische Panel“ (Hg.) 1991; Zapf 1991 a,b, 1993.

    Google Scholar 

  3. Methodisch reflektiertere Anläufe dazu sind: Spellerberg 1994a,b und Vester et al. (Hg.) 1994.

    Google Scholar 

  4. Auf der Basis retrospektiv erhobener Lebenslaufdaten rekonstruiert Solga (1994) die „Klassenstruktur“ der DDR (vgl. Mayer/Solga 1994); weitere Beiträge zur Sozialgeschichte der DDR in: Kaelble et al.(Hg.)1994.

    Google Scholar 

  5. Gemessen an der „subjektiven Schichteinstufung“ unterscheiden sich West- und Ostdeutsche nach wie vor deutlich: Nach Allbus-Daten aus dem Jahre 1994 (1991) rechnen sich knapp 32% (25%) der Westdeutschen, aber rund 58% (61%) der Ostdeutschen einer „Unter- oder Arbeiterschicht“ zu; 57% (62%) der Westbürger, jedoch nur 39% (37%) der Ostbürger sehen sich in der „Mittelschicht“; und einer schmalen „oberen Mittel- und Oberschicht“ von 3% (2,5%) im Osten stehen gut 11% (13%) gegenüber, die sich im Westen dazu zählen (Sahner 1995).

    Google Scholar 

  6. Weitere Angaben zur Frauenerwerbstätigkeit in der DDR bzw. in den „Fünf Neuen Ländern“ u.a. in: Belwe 1989; Huinink/Mayer 1993; Nickel et al. (Hg.) 1994; Schupp 1991, 1992; Holst/ Schupp 1992; Trappe 1992; Winkler (Hg.) 1990a,b; Voigt et al. 1987.

    Google Scholar 

  7. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den Befragten in der Alt-BRD um ausgesprochen fragebogenerfahrene Personen handelt (6. Welle der Panelerhebung!), und solche Mehrfachnennungen nur zu einem Teil als Indikatoren für Statuswechsel betrachtet werden können, sondern vor allem bei Frauen typische Probleme der Statusselbstzuschreibung widerspiegeln.

    Google Scholar 

  8. Dies scheint vor allem auch für die Familiengründungsphase zu gelten: In Relation zur Altbundesrepublik wiesen die Ereignisse „Gründung eines eigenen Haushalts“, „Heirat“ und „Geburt eines ersten Kindes“ in der ehemaligen DDR vor allem für die Frauen eine hohe Altersgradie-rung und eine enge zeitliche Koppelung auf, wobei sich im Unterschied zu Westdeutschland bis zur Wende kaum Tendenzen der „EntStandardisierung“ finden lassen (Mayer 1995b; vgl. Hui-nink 1995b). Zur Diskussion um die DDR als „unterdifferenzierte“, „geschlossene“, „starre“ oder „ständisch-bürokratische“ Gesellschaft generell: Adler 1991; Dahrendorf 1991; Engler 1992; Ganßmann 1993a,b; Geißler 1993a,b; Giesen/Leggewie 1991; Hanf 1991, 1992; Joas/Kohli 1993; Lötsch 1993; Meier 1990; Teckenberg 1989; Pollack 1990, 1991; Reißig 1993; Zapf 1993.

    Google Scholar 

  9. Für Beobachtungen, die diese These stützen vgl. z.B. Blaschke/Henninges 1991; Engler 1992; Gysi 1991; Hanf 1991, 1992. Die damit verbundene, besondere „Wertschätzung lebengeschichtlicher Sicherheit“ (Neckel 1992: 675) in Ostdeutschland spiegelte sich auch nach der Wende in diversen Umfrageergebnissen wider: So erachteten im Westen im Jahre 1991 rund die Hälfte der Männer und Frauen eine „sichere Berufsstellung“ für wichtig, während dies im Osten auf drei Viertel zutraf (Braun 1992). Noch 1993 hätten in den „Fünf Neuen Ländern“ 56% (im Westen: 31%) ein System vorgezogen, „wo kaum jemand hoch hinauskommt oder ganz unten landet, sich das Lebens also in Sicherheit und geregelten Bahnen abspielt“ (Emnid-Institut 1993).

    Google Scholar 

  10. In den Tab. 5.1, 5.2 und 5. 3 werden folgende Abkürzungen verwendet: SELB = Selbständige (inkl. freie Berufe, Landwirte, mithelfende Familienangehörige); LHAN = Leitende und hochqualifizierte Angestellte; BEAM = Beamte; QUAN = Qualifizierte Angestellte; AUSA = Ausführende Angestellte; QUAR = Qualifizierte Arbeiter; AUAR = An- und ungelernte Arbeiter; ALOS = Arbeitslose und unregelmäßig Beschäftigte; NIEW = Nichterwerbstätige. In Ausbildung befindliche oder ihren Wehr- bzw. Ersatzdienst ableistende Personen wurden nicht berücksichtigt. Für Westdeutschland werden auf der Grundlage des Längsschnittdatensatzes von 1984–89 nur zwischen 1933 und 1963 geborene Befragte mit einer deutschen Staatsangehörigkeit miteinbezogen (N=3469; für eine Auswertung, die ausländische Befragte in Westdeutschland mituntersucht, vgl. Berger/Sopp 1992c). Für Ostdeutschland umfaßt die in diesen Tabellen untersuchte Population zwischen 1935 und 1965 geborene Männer und Frauen, wobei die Mobilitätstabellen auf einem Längsschnittdatensatz aus der 1. und 2. Befragungswelle des SOEP-Ost (N=2505) beruhen.

    Google Scholar 

  11. Nach Ergebnissen von Trappe/Solga (1992), die auf der „Lebensverlaufstudie-Ost“ beruhen, hat sich die Quote erwerbstätiger Frauen von 1989 auf 1991 (jeweils September) in Ostdeutschland von rund 94% auf etwa 73% reduziert, wozu allerdings dort noch die (z.T. vorzeitig) in den Ruhestand übergewechselten Frauen, die 17% ausmachen, zu zählen sind. Bei den Männern ergeben sich entsprechende Quoten von 99% (Erwerbstätige 1989), 78% (noch Erwerbstätig 1991) und 17% (in Rente, Vorruhestand).

    Google Scholar 

  12. Trappe/Solga (1992) berichten fur 1989–1991 ebenfalls ein Überwiegen der Abstiege: Bei den Ost-Frauen gaben 6,2% einen Abstieg, 3,7% einen Aufstieg an; 90,1% hatten im Rahmen einer gröberen Kategorisierung, als sie hier verwendet wird, keine Veränderung der beruflichen Stellung erfahren. Für Männer ergeben sich danach folgende Anteile: „Stabile“: 80,3%, Aufstiege: 8,5%, und Abstiege: 11,2%. 1993 bezeichneten sich dann 13% der Ostdeutschen als „Aufsteiger“, während sich etwa 35% als „Absteiger“ wahrnahmen (Hilmer/Müller-Hilmer 1993).

    Google Scholar 

  13. Diese für eine Marktwirtschaft besonders charakteristische „Gruppe“, von der in der ehemaligen DDR nur wenige Reste „überlebten“, hat besonders schnell das Forschungsinteresse auf sich gezogen, vgl. z.B. Büchel/Pannenberg 1992; Hinz/Siebenhühner 1992; Hinz 1995; Koch/Woderich 1992; Lindig/Valerius 1993; Dietrich 1993; Pickel 1992; Ziegler/Hinz 1992.

    Google Scholar 

  14. So geben z.B. insgesamt 27% der im SOEP-Ost Befragten an, nach einem Stellungswechsel ihre beruflichen Kenntnisse weniger gut verwenden zu können, und nur 26% berichteten in dieser Hinsicht eine Verbesserung. Im Westen (SOEP-West) konnten dagegen mehr als zwei Fünftel ihre Kenntnisse besser anwenden, und nur 16% berichteten einen Qualifikationsverlust (Statistisches Bundesamt (Hg.) 1992:457; vgl. Diewald/Sørensen 1994).

    Google Scholar 

  15. Im Westen neigten 1992 immerhin rund 42% der Befragten zu einer „Lebensform“, die den „Le-bensgenuß“ in den Vordergrund stellt und Anstrengungen auf das unbedingt nötige Ausmaß begrenzen will, während dies von den Ostdeutschen nur 23% bejahten. Umgekehrt betrachten zwar 55% der Westdeutschen ihr Leben „als eine Aufgabe“ und wollten „etwas leisten, auch wenn dies oft schwer und mühsam ist“, wogegen in Ostdeutschland rund drei Viertel diesem Lebensideal zustimmten (Emnid-Institut 1993).

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1996 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Berger, P.A. (1996). Strukturbruch und „doppelte Beschleunigung“ — Sozialstrukturelle Transformationen in Ostdeutschland. In: Individualisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83262-7_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83262-7_6

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-12790-3

  • Online ISBN: 978-3-322-83262-7

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics