Zusammenfassung
In Kapitel 17 ist ein Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen ich jetzt auf die Verwaltungsentwicklung in der Zeit von 1913 bis 1945 in unserem Raum eingehe. Auf drei Schwierigkeiten ist vorab hinzuweisen: Erstens gehört es zu den Merkmalen einer totalitären Herrschaft, daß stärker als in anderen Herrschaftsformen die Einheit des jeweiligen Ganzen behauptet wird. Regionale Besonderheiten lassen sich deshalb nur schwer erkennen; was auf die Impulse der Zentrale und was auf örtliche zurückgeht, läßt sich selten genau unterscheiden. Zweitens hat man es wie bei aller Verwaltungsgeschichte mit einer unüberschaubaren Fülle von Quellen zu tun, muß aber diese Quellen auch mit besonderer Vorsicht betrachten. Nationalsozialistisches Gedankengut wird in ihnen möglicherweise mit Rücksicht auf den jeweiligen Adressaten häufiger zelebriert als es tatsächlich verbreitet ist. Umgekehrt wird bares Unrecht sprachlich so umschrieben, daß es nicht ohne weiteres erkennbar und erst recht nicht erkennbar ist, was der jeweils Schreibende ‘gedacht’ hat. Drittens lehrt uns die Erfahrung, daß die Masse der Quellen eher über die Verwaltungsroutine Auskunft gibt als über Besonderheiten der Machtausübung. Auch das zwingt zur Vorsicht. Die Quellen behalten ihr Vetorecht (vgl. Band I: 21f.); eine Anleitung dafür, wie man den Stoff strukturieren und welche Phänomene man berücksichtigen soll, geben sie nicht.
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Literatur
Vgl. dazu J. v. Lang,Die Gestapo. Instrument des Terrors. 2. Aufl. 1994.
Vgl. H. HöhneDer Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS. 1967.
Vgl. dazu W. Schafer,Die NSDAP. 1956, P. Diehl-Thiele,Partei und Staat im Dritten Reich. Untersuchungen zum Verhältnis von NSDAP und allgemeiner innerer Staatsverwaltung 1933 –1945. 1969;
J. v. Lang,Die Partei. Mit Hitler an die Macht und in den Untergang. 1989, und zuletzt M. Steinert 1994, S. 298ff.
Vgl. dazu und zum Folgenden A. Ruppert,Der Kreisleiter in Lippe. Zur Funktion einer Mittelinstanz der NSDAP zwischen Ortsgruppen und Gau, in: Lipp. Mitteilungen 1991, S. 199ff., hier 201f.
Vgl. dazu J. Ciolek-Kiimper,Wahlkampf in Lippe. Die Wahlkampfpropaganda der NSDAP zur Landtagswahl am 15. Januar 1933. 1976.
Als Faksimile in V. Wehrmann 1984, S. 108. Nach dem Gesetz ging die gesetzgebende Gewalt auf die Regierung über, deren Gesetze von der Verfassung abweichen durften und die auch die Benennungsrechte des Landtags für die Besetzung bestimmter öffentlicher Positionen wahrnehmen sollte.
Vgl. M. Staerke,Die Gleichschaltung der Presse im Land Lippe in der ersten Hälfte des Jahres 1933, in: Lipp. Mitteilungen 1975, S. 160ff.
Vgl. z.B. F. Starke,Die Gleichschaltung der lippischen Landgemeinden. Dargestellt am Beispiel der Gemeinde Lieme, Kreis Lemgo, in: Lipp. Mitteilungen 1986, S. 239ff.
Der Hinweis im Text von Kittel bezieht sich auf H. Lambracht,Nachträgliche Betrachtungen zum ‘lippischen Schulkampf’, in: Lipp. Mitteilungen 1971, S. 177ff., hier bes. S. 183.
Zum Folgenden H. Mommsen,Beamtentum im Dritten Reich. 1966, und G. Piittner,Der öffentliche Dienst, in: Jeserich IV.
Eine besonders anschauliche Schilderung dieser Vorgehensweisen auf lokaler und regionaler Ebene bringen B. Schmidt/F. Burger,Tatort Moers. Widerstand und Nationalsozialismus im südlichen Altkreis Moers. 1994.
R. Suthoff-Groß,Die Rechtsstellung des Bürgermeisters in seinem Verhältnis zum Staat und zu den übrigen Beamten der Gemeinde. 1941, S. 45. Der Autor war Bezirksbürgermeister in Berlin-Wedding.
E. MannlicherWegweiser durch die Verwaltung… 1942, S. 154 und S. 393.
Vgl. dazu und zum Folgenden E. Laux,Führung und Verwaltung in der Rechtslehre des Nationalsozialismus, in: D. Rebentisch/K. Teppe 1986, S. 33ff.
Vgl. zum Folgenden M. Stolleis, Verwaltungsrechtswissenschaft und Verwaltungslehre, in: Jeserich IV, M. Hirsch u.a. 1984, B. Rüthers, Entartetes Recht. Rechtslehrer und Kronjuristen im Dritten Reich. 1988, U. Heinemann (a.a.O.), in: F. G. Schwegmann 1990.
Vgl. E. Forsthoff Führung und Bürokratie. Einige grundsätzliche Erwägungen, in: Deutsches Adelsblatt, 1935 S. 1339f., hier zit. nach M. Hirsch u.a. 1984, S. 154f.
W. Benz,Herrschaft und Gesellschaft im nationalsozialistischen Staat, in: F. Seibt (Hrsg.), Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Karl Bosl. Band 2, 1988; S. 243ff., hier einleitend.
Ich verweise wieder auf K.D. Bracher/W. Sauer/G. Schulz 1962 und auf M. Hirsch u.a. 1984.
Zahlreiche Beispiele für die Behandlung der Zwangsarbeiterinnen und das Verhalten von Firmen und Firmeninhabern bringen H. Kohne/C. Lane (Hrsg.), Deckname GENOFA. Zwangsarbeit im Raum Herford 1939 bis 1945. 1992.
Vgl. dazu W. Emer/U. Horst/H. Schuler-Jung (Hrsg.), Provinz unterm Hakenkreuz. Diktatur und Widerstand in Ostwestfalen-Lippe. 1984, D. Begemann,’Ich hoffe, daß ein freieres Deutschland für Euch entsteht’. Das Schicksal des 1944 hingerichteten Arbeiters Heiko Ploeger. 1988.
Ich verweise zu diesem Thema, das ich nur streifen kann, allgemein auf Jeserich IV und Kohl 2, sowie regional auf die jüngere ortsgeschichtliche Literatur insbesondere Spenge 2, Lemgo 2, Herford 2 und 3, auf E. Kittel 1978, N. Sarhage 1990, V. Wehrmann 1984, E. Wiirzburger 1990 und auf Archiv-und Museumsamt Lemgo (Hrsg.), Juden in Lemgo und Lippe. Kleinstadtleben zwischen Emanzipation und Deportation. 1988 (Forum Lemgo Band 3).
Quelle wie eben. Der entsprechende Bericht des Landrats von Höxter bei E. Würzburger 1990, S. 181.
Wer keinen in der Liste des Reichsinnenministers aufgeführten jüdischen Vornamen trug und Jude war, mußte zusätzlich den Vornamen Sara oder Israel verwenden. VO vom 17. 8. 1938.
V. Wehrmann 1984, S. 164, bringt im Faksimile die Anzeige eines Oberwachtmeisters der Lemgoer Schutzpolizei. Die Anzeige richtete sich gegen eine achtzigjährige Jüdin, die Ende Januar 1942 durch Hochhalten ihres Schals den Judenstern verdeckt hatte. Der Polizist war gefügig und hatte Zeit!
Dazu zuletzt zusammenfassend M. Steinert 1994.
Vgl. Bericht der Schutzpolizei in Lemgo über den Abtransport der noch verbliebenen 22 Juden vom 29.7.1942, abgedruckt in V. Wehrmann 1984, S. 165.
Vgl. dazu mit örtlichen Details E. Würzburger 1990, S. 120ff. und S. 205ff.
Deckname Genofa. Zwangsarbeit im Raum Herford 1939 bis 1945. 1992.
A. Giitt/E. Rudin/F. Ruttke,Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses. 1934, S. 5.
Vgl. dazu G. Czarnowski, Das kontrollierte Paar. Ehe-und Sexualpolitik im Nationalsozialismus. 1991.
Abgedruckt z.B. in Dokumente der Deutschen Politik. Band 1, 1937, S. 169ff.
Vgl. G. Bock,Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. 1986.
Vgl. R. Weinert „Die Sauberkeit der Verwaltung im Kriege“. Der Rechnungshof des Deutschen Reiches 1938–1946. 1993.
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Ellwein, T. (1997). Verwaltung in Ostwestfalen-Lippe nach 1933. In: Der Staat als Zufall und als Notwendigkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83257-3_6
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