Louis I. Kahn

Zusammenfassung

Die bestimmende Gestalt der den Meistern der Moderne nachfolgenden Generation war Louis Kahn. An sein Werk knüpft sich die entscheidende Phase der Geschichte heutigen Bauens, die von der Moderne zur Postmoderne führt. Diese fruchtbare Zwischenstellung wird bereits auf den ersten Blick erkennbar, wenn man sieht, wie sehr Kahn die primären Körper betont hat und wie sehr er den Ausdruck der materiellen Entlastung modernen Bauens beibehalten hat. Auch die eindrucksvoll gewichtigen Parlamentsbauten von Dacca (Abb. 153) steigen ohne Sockel unmittelbar aus dem Boden, und sie schließen nach oben hin mit scharfer Kante ab, ohne daß es zur Ausbildung eines belastenden Gesimses käme, was die Fassadenflächen in tragende, das Lasten und das Stützen veranschaulichende Wandmassen verwandelt hätte. (Eine Ausnahme macht das Gebäude der »Tribune Review« in Greenburg, Pennsylvania, das mit seinem stark entwickelten Dachgesims und auch seinem streng symmetrischen Grundriß Kahn als Beaux-Arts-Jünger erkennen läßt). Ein Merkmal moderner Architektur besteht darin, die Wand als Fläche aufzufassen und, sofern die Gewändebildung der Wandöffnungen vermieden wird, sie als eine ausgespannte Membran zu verstehen, die die Körper begrenzt. Diese Auffassung hat sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Spätwerk Le Corbusiers und mit dem aufkommenden Betonbrutalismus verändert. Louis Kahn hat zwar die Massivität der Baukörper betont, die Wandstruktur jedoch stets als eine Körperbegrenzung betrachtet, nicht aber als modellierbare Masse.