Sehen ist Datenarbeit im Kopf

Zusammenfassung

Ein optisches System, das so schlecht arbeitet wie unsere Augen, taugt nicht viel“, sagte im vorigen Jahrhundert der Physiker Hermann von Helmholtz. Was er damit sagen wollte, lesen Sie in der Überschrift: Das Linsensystem unserer Augen bildet so unzulänglich ab, daß zusätzliche Datenarbeit nötig ist, um ein scharfes Bild der Welt zu bekommen. Wir könnten mit dem, was hereinkommt, wenig anfangen, wenn unser Gehirn nicht so leistungsstark wäre, daraus etwas Vernünftiges herzustellen. Als Fotoapparat wären unsere Augen sicherlich schlecht zu verkaufen. Die Physik gilt allerdings für die Augen wie für die Kamera (vgl. Abbildung 11 „Fern-Sehen und Lesen“):

Wenn die Augen auf die Ferne eingestellt sind, kommt das Licht in parallelen Strahlen an und wird so gebrochen, daß auf der Netzhaut ein scharfes Bild entsteht. Beim Lesen sind die Verhältnisse anders: Wenn Sie auf ein Buch schauen, fokussieren Ihre Augen automatisch. Das heißt: Die Augenlinsen verändern ihre Form, werden dicker und brechen das Licht, das ankommt, stärker. Das ist erforderlich, damit auch beim Lesen ein Bild auf Ihrer Netzhaut entsteht, das scharf genug ist, damit es vom Gehirn verarbeitet werden kann. Je dichter Sie das Buch an Ihre Augen herannehmen, um so stärker müssen sich Ihre Augenlinsen krümmen. Täten die Augenlinsen das nicht, könnten Sie nicht lesen. Alles wäre vor Ihren Augen verschwommen. Es wäre so, als ob Sie durch das Buch hindurchschauen.