Zusammenfassung
Der Netzwerkansatz fokussiert auf Beziehungsmuster zwischen Akteuren, Organisationen/Institutionen oder Staaten und entstammt systemisch-strukturellen Denkschulen. In den letzten 20 Jahren entwickelte sich dieser Forschungszweig v. a. in der amerikanischen Soziologie, da Herausforderungen wie die Erklärung zunehmend komplexer gesellschaftlicher Tatbestände nicht mit reduktionistischen (Adhoc-)Theorien fassbar sind und ganzheitlich-integrierende Ansätze fehlten. Der ursprünglich makrosoziologische strukturell-funktionalistische Erklärungsrahmen wurde durch akteurbezogene tauschtheoretische Aspekte erweitert (Rationale Handlungstheorie) und die bestehenden Verbindungen zur Soziometrie und empirischen Kommunikations- und Diffusionsforschung ausgebaut. Mit dem Strukturalismus verbindet sie die Unterscheidung von Tiefen- und Oberflächenstruktur u. a. durch das Sichtbarmachen „struktureller Äquivalenzen“ in Netzwerkbeziehungen. So werden beispielsweise Phänomene wie die Wirkungen neuer technologischer Entwicklungen auf zwischenmenschliche Beziehungen, unternehmerische Kooperationen oder globale Politiken — auf der Basis relationaler Daten — ins Zentrum von Untersuchungen gestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt häufig auf der Erforschung von Kleingruppen und Ego-Netzwerken — jenen sozialen Beziehungen, die ein Individuum gewissermaßen als Zentrum eines Netzwerkes unterhält. Die Analyse großer Gesamtnetzwerke wie z. B. eines gesamten Unternehmens ist erst seit wenigen Jahren aufgrund verbesserter Computer-Rechenleistungen und daran gekoppelter grafischer Darstellungsformen möglich.
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Literature
Empirische Forschungen (FRIEDRICHS 1999) liefern zudem Indikatoren für soziale Integration auf der Makroebene der Gesellschaft (z. B. durch politische Partizipation oder nationale Identifikation), der Mesoebene der Vereine und Verbände (durch lokale Identität und Mitgliedschaften) sowie der Mikroebene der Individuen und Kleingruppen (durch die Zahl der Freunde und sozialen Kontakte, Hilfeleistung und Unterstützung sowie Gruppenidentifikation).
So ist die Anzahl der verfügbaren Tauschalternativen eines Akteurs wie auch jene der Tauschpartner von der Struktur des Tauschnetzwerkes abhängig: COOK et al. (1983) haben bewiesen, dass beispielsweise in negativ verbundenen Tauschnetzwerken nicht die zentralen Positionen über die meiste Macht verfügen, sondern die semiperipheren.
Diese Tatsache knüpft am Konzept der „doppelten Hermeneutik“ an: „Der hermeneutisch umsichtige Zugriff auf die soziale Ausgelegtheit des Geschehens enthält immer einen hermeneutischen Rückgriff auf gemachte Erfahrungen und erworbenes Wissen […]“ (WINDELER 2001: 143)
In der einschlägigen Berater-Literatur ist Emotions-Management ein zunehmend wichtiges Thema: v. a. wird der Faktor „emotionale Intelligenz“ als entscheidend für Teamerfolge (vgl. URCH DRUSKAT/WOLFF 2001) eingeschätzt. Demnach müssen sowohl individuelle als auch Teamkompetenz durch emotionell-intelligente Normen gesteigert werden: Persönlichkeitskompetenz wird dabei ebenso genannt wie Kommunikationskompetenz und Distanz/Reflexionskompetenz, die sich u. a. in Humor ausdrücken kann. Erfolgreiche Projektmanager benötigen demnach Human Skills vor Conception- und Organizational Skills (vgl. u. a. EL-SABAA 2001).
Dieses Konzept steht ursprünglich im Widerspruch zu dem von FREEMAN (1979) vertretenen Ansatz, wonach prominente Akteure ihr soziales Kapital aus ihrer jeweiligen (möglichst zentralen) Position eines Netzwerkes beziehen, wobei Zentralitäts-Messungen auf den Werten des Degrees (Prestiges), der Closeness (Nähe) und der Betweenness (Triaden) von Akteuren basieren. Prestige ergibt sich dabei aus den Wahlen, die ein Akteur in einem Netzwerk direkt oder indirekt für sich entscheiden kann, d. h. als Kommunikationspartner Anerkennung findet. Rat, Hilfe, Achtung und Respekt sind damit ebenso verknüpft wie Kompetenz und Wissen. Auf Gesamtnetzwerke bezogen sind demnach Geschlossenheit und Dichte wertvolle Indikatoren der Netzwerkgüte. Das Sozialkapital-Konzept argumentiert demgegenüber, dass es gerade die Unabhängigkeit von Akteuren ist, die sie zu erfolgreichen Netzwerkakteuren macht.
Als unablässig gilt allerdings, zwischen Informationsfluss und Beeinflussung zu trennen. Neueren Konzepten zufolge werden „Meinungsführer“ bei der medialen Erstinformation der Bevölkerung kaum zwischengeschaltet, erst bei der Bewertung und Interpretation von Medieninhalten spielt interpersonale Kommunikation eine Schlüsselrolle. Diese Konzepte wurden vorwiegend im Rahmen von Kleingruppenstudien der Columbia-Forscher FESTINGER, ASCH, LEWIN et al. entwickelt (vgl. SCHENK 1995: 12).
FULK et al. (1987 zit. nach HÖFLICH 1996) legten mit dem Social Information Processing Model einen der ersten Impulse der Theorien der Medienwahl und Mediennutzung.
Beispielsweise wollen die befragten Teammitglieder im IT-Unternehmen ihre neuen Ideen zu einem Projekt nur im Face-to-face-Meeting vortragen und nicht in ein Mailsystem schreiben, da der Reputationseffekt und die Möglichkeit der variantenreichen Darstellung fehlen. nisch nicht erfassbar), dass Akteure nicht rational, sondern unter Beeinflussung handeln (was auch als prinzipielle Kritik an rationalen Handlungstheorien zu verstehen ist) und umso weniger der Macht Anderer unterworfen sind, desto mehr andere Bezugsquellen sie haben. (Vgl. JANSEN 1999: 158 f.)
Im Gegensatz zur Analyse von Cliquen/Gruppen in Netzwerken, die sich durch ein dichtes internes Beziehungsnetzwerk auszeichnen, ist der sog. positionale Ansatz resp. das Konzept der strukturellen Äquivalenz darin begründet, dass die Gleichheit zweier Netzwerkeinheiten auf der exakten Gleichheit ihrer Beziehungsstrukturen besteht. Ist für die Cliquenanalyse die Gruppenbildung innerhalb von Netzwerken interessant, so sind strukturelle Äquivalenzen zweier oder mehrerer Netzwerkteile Indikatoren für gleiches Handeln. Dieses Konzept (vgl. WHITE et al. 1976) ist allerdings nur beschränkt anwendbar, da es z. B. bei biologisch definierten Rollen (Mutter) oder institutionell definierten Lehrer- oder Vorgesetztenrollen nicht funktioniert: Zwei Vorgesetzte können nie strukturell äquivalent sein, da ihre Untergebenen-Rollen anders definiert sind. (Vgl. TREZZINI1998: 383)
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Götzenbrucker, G. (2005). Der Einfluss Neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auf die Konstitution sozialer Netzwerke. In: Soziale Netzwerke in Unternehmen. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-82193-5_2
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Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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