Zusammenfassung
Die Formierung einer kollektiven Identität „Rot-Grün“ in Hessen war eingebettet in die Transformation des hessischen Parteiensystems im Anschluss an die Krisenjahre 1982/83. Anders als im Bund verlief die Transformation im Anschluss an die parteiförmige Etablierung der Grünen in Hessen ungleich krisenhafter, da hier die neue Partei von Anfang an viel stärker dem zentripedalen Sog parlamentarischer Machterwerbsmechanismen ausgesetzt war. Ein Ausruhen auf den Oppositionsbänken war kaum möglich. Legt man der Beobachtung des politischen Systems die Unterscheidung von Zentrum und Peripherie zugrunde, dann erklärt sich die Besonderheit der hessischen Strukturkrise aus dem „Überleben“ einer sozialdemokratischen (Minderheits-)Regierung nach dem Scheitern sozialliberaler Regierungen in Wiesbaden und in Bonn. Das Überleben der sozialdemokratischen (Minderheits-)Regierung hat ein Machtvakuum im Zentrum des politischen Systems erzeugt, das quasi eine Sogwirkung auf die Grünen an der Peripherie des politischen Systems ausgeübt hat. Das spezifische Bewährungsmoment der Grünen in dieser Situation war, den Weg ins politische Zentrum so zu gestalten, dass die Verluste an der Peripherie möglichst gering gehalten werden konnten. Das spezifische Bewährungsmoment der SPD nach dem Verlust ihres liberalen Koalitionspartners war, die Sogwirkung, die von der Minderheitsregierung auf die Grünen ausging, so zu gestalten, dass letztere nicht zwischen Zentrum und Peripherie zerrissen werden. Das Langgönser „Ultimatum“ der Grünen kann als eine Art Notbremse interpretiert werden, mit der das Zerreisen zwischen zentripedalem Sog und Beharrung an der Peripherie vermieden werden sollte. Die Zerreißprobe der Grünen wurde so zur Zerreißprobe der Koalition. Mit dem „Ultimatum“ wurde die Einheit der Grünen auf Kosten der Einheit der Koalition gefestigt.
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Krumm, T. (2004). Schlussbetrachtung. In: Politische Vergemeinschaftung durch symbolische Politik. Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81361-9_12
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-81361-9_12
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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