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„Raubmörderidyll“

Die Rezeptur des Trivialen in Wilhelm Raabes Horacker

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Part of the book series: Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft ((LWKW))

Zusammenfassung

Mit zunehmender Erfolglosigkeit mehrten sich Wilhelm Raabes Ausfälle gegen ein „widerwilliges Publikum“1. Die „leider so spezifisch deutsche niederträchtige Manier des Totschweigen W o 1 1 e n s“sei auch an der 1876 entstandenen Erzählung Horacker statuiert worden: „Den richtigen,Lesepöber“‘, notierte Raabe in jener Zeit, habe „einzig und allein das,Volk der Denker‘aufzuweisen“2. Verletzte Eitelkeit entschuldigt teilweise die Bitterkeit, die bis ans Lebensende den mitunter verächtlichen Habitus des greisen Schriftstellers gegenüber Leserinnen und Lesern prägte. Nun aber, da der 45-jährige von seiner Kunst Frau und vier Töchter zu ernähren hoffte - „für’s Erste noch schreibe ich meine Horacker etc. für’s tägliche Brod“3 - wurden die hohen Erwartungen in den verlegerischen Erfolg enttäuscht. Raabe erhielt für eine Auflage von 2000 Exemplaren des Bandes, den er ironisch „zum eisernen Bestände, der deutschen Humoristik“zählte (BAE 2, 504), 1.200 Mark, gemessen an den Honoraren des befreundeten Paul Heyse (15.000 Mark für den Vorabdruck von Kinder der Welt in der Spenerschen Zeitung) oder Friedrich Spielhagens (je 10.000 Mark von fünf verschiedenen Zeitungen für den Roman Sturmflut 4) ein bescheidener Betrag. Der Absatz verlief schleppend, eine weitere Auflage kam erst spät zustande. „Ein redendes Beispiel für mein litterarisches Schicksal ist mir ganz besonders der,Horacker‘“, resümierte Raabe vor seinem Tod 1910. Von Hunderttausenden sei da die Rede im Brief des Verlegers Grote gewesen, die „ihre Freude an dem Buche haben“würden, „- und das Resultat? es fiel todt und ist auch heute noch eine Leiche“(BAE 2, S. 504).5

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Literatur

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Sigrid Thielking

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© 2002 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden

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Zeller, C. (2002). „Raubmörderidyll“. In: Thielking, S. (eds) Raabe-Rapporte. Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81274-2_2

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