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Kommentar

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Zusammenfassung

Was Canetti hier auf knapp zwei Seiten mit wenigen Worten, aber doch abgerundet und in vielen Facetten schildert, ist keine Persönlichkeit, kein bestimmter Charakter, auch keine bestimmte psychische Störung, sondern ein Prinzip der menschlichen Affektregulation. Offenbar hat es eine erleichternde, kathartische Wirkung, Trauer zu empfinden und Tränen fließen zu lassen. Dieses Prinzip ist alt und hat eine hohe Attraktivität — denken wir an die griechische Tragödie oder die zentrale Bedeutung des Leidens in vielen Religionen, insbesondere natürlich der christlichen, aber z.B. fast noch ausgeprägter in der schiitischen Variante des Islam. Und dieses Leiden wird ja nicht in der Stille ertragen, sondern fast lustvoll inszeniert, von Passionsspielen bis zum Glaubensbekenntnis. Gerade in der christlichen Religion findet sich die zentrale Denkfigur, dass durch die Teilhabe am Leiden (Jesu) und der Trauer Erlösung erst möglich wird. Dasselbe Prinzip findet sich im Kleinen wieder, etwa beim Kinobesuch. „Ach, haben wir schön geweint!“, seufzte immerhin fast eine ganze Generation bei dem Kinokassenhit der 70er Jahre, der rührseligen „Love Story“. Das Kinospektakel bietet die Erlösung in 90 Minuten, die so angenehme Lösung der Gefühle in einer Konvulsion eigener Dynamik, einer Katharsis.

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© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Steinert, T. (2003). Kommentar. In: Köpf, G., Faust, V. (eds) Psychiatrie in der Literatur. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81230-8_4

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  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

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