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Von der Kombinationsschaltung zum Von-Neumann-Rechner

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Zusammenfassung

Die Realisierung von Funktionen durch Kombinationsschaltungen hat zwei wesentliche Mängel. Zum einen müssen die Funktionswerte vor dem Entwurf der Schaltung bekannt sein. Zum anderen ist es bei einer Erweiterung der Funktionstafel, beispielsweise bei Erhöhung der Genauigkeit der Funktionswerte, nicht mit einer Erweiterung der Schaltung getan, vielmehr muss sie völlig neu entworfen und aufgebaut werden. Beide Mängel werden durch die Verwirklichung der dritten Grundidee des elektronischen Rechnens, der Idee des programmierbaren Rechners behoben.

Unbeschränkt erweiterbare Funktionstafeln (z.B. die Additionstafel) lassen sich bei binär-statischer Codierung nur durch zirkuläre boolesche Netze in Form von KR-Netzen (Netze aus Kombinationsschaltungen und Registern) realisieren. Der Prototyp des programmierbaren Rechners ist ein als Von-Neumann-Rechner bezeichnetes KR-Netz. Seine Hauptbestandteile sind ein Prozessor und dessen Arbeitsspeicher, Hauptspeicher genannt. Der Prozessor kann imperative Algorithmen abarbeiten, die als Maschinenprogramme, d.h. als Folge von Maschinenbefehlen formuliert sind. Dabei holt sich der Prozessor die Befehle und die notwendigen Operanden der Reihe nach aus dem Hauptspeicher und liefert die Ergebnisse an den Hauptspeicher zurück. Prozessor und Hauptspeicher liegen in einer (äußeren) Rückkopplungsschleife. Die Datenübergabe in beiden Richtungen erfolgt über eine einzige Verbindung, den sog. von-neumannschen Flaschenhals.

Der Prozessor enthält eine innere Rückkopplungsschleife, in welcher die ALU (arithmetisch-logische Einheit), der Akkumulator (AC) und ein oder mehrere Datenregister für die schnelle Zwischenspeicherung von Operanden liegen. Die ALU, der Akkumulator, die Datenregister und einige weitere Register sind zu einem KR-Netz verbunden und bilden eine funktionelle Einheit, RALU genannt, die ihrerseits zusammen mit einem Steueroperator den Prozessor bildet. Aus den ALU-Operationen werden durch Steuerung des Operandenflusses, der durch das RALU-Netz fließt, die Maschinenoperationen komponiert. Die Flusssteuerung wird zum Teil von der RALU selbst (dezentral), zum Teil vom Steueroperator (zentral) durchgeführt. Dabei können die Operanden sowohl in der inneren als auch in der äußeren Rückkopplungsschleife zirkulieren.

Der Steueroperator kann als Matrixsteuerwerk ausgebildet sein, d.h. er kann eine oder mehrere ROM-Bausteine enthalten, in denen Programme (als sog. Firmware) gespeichert sind, sodass ein Maschinenbefehl eventuell eine umfangreiche Kompositaktion auslöst. Damit ein Maschinenbefehl vom Prozessor ausgeführt werden kann, muss er das Format des Befehlsregisters besitzen, in das der Prozessor jeden aus dem Hauptspeicher geholten Befehl einliest. Das Format legt fest, welche Teile des Befehls die Operation und welche die Operandenadressen darstellen (codieren). Die Befehle einer Zwei-Adress-bzw. Drei-Adress-Maschine enthalten zwei bzw. drei Adressen.

Der Prozessor komponiert Operatoren (Operationen) auf zwei Ebenen. Auf der unteren Ebene komponiert er Maschinenoperationen aus den ALU-Operationen und auf der oberen Ebene Kompositoperationen aus den Maschinenoperationen gemäß den Vorgaben von Maschinenprogrammen. Ein Maschinenprogramm ist eine Folge von Maschinenbefehlen; es stellt also keinen Datenflussplan, sondern einen Aktions-folgeplan dar, und die Komponierung erfolgt nicht nach den Prinzipien der USB-Methode. Demgegenüber erfolgt die Komponierung der Maschinenoperationen durch Steuerung des Operandenflusses in der RALU nach den Prinzipien der USB-Metho-de.

Dennoch kann der Von-Neumann-Rechner jeden Datenflussplan realisieren und folglich jede rekursive Funktion berechnen. In diesem Sinne ist er universell. Der Datenflussplan als solcher tritt nicht zutage, weil die Operandenplätze im Hauptspeicher zentralisiert sind (wie im Falle des endlichen Automaten) und die Operationen sequenziell ausgeführt werden. Voraussetzung der Universalität ist die Existenz eines Sprungbefehls zur Simulierung von Zweigeweichen. Ein Sprungbefehl veranlasst das Herausspringen aus der normalen Befehlsfolge und die Fortsetzung der Abarbeitung an einer anderen Stelle des Programms.

Mit Hilfe des Sprungbefehls lassen sich Iterationsschleifen programmieren. Theoretisch sind Iterationsschleifen ohne Abbruchkriterium denkbar. Eine Iteration, die nicht terminiert, hat zwar keinen praktischen Sinn und widerspricht dem Realisierbarkeitsprinzip, doch hat sie theoretische Bedeutung. Mit Hilfe nichtterminierender Iterationen lassen sich Funktionen mit abzählbar unendlicher Wertetafel definieren und programmieren. Die Ausführung der Vorschrift ist ein nicht endender Prozess, d.h. eine abzählbar unendliche Folge von Ereignissen.

Eine Funktion, für deren Berechnung eine Vorschrift angebbar ist, welche von einem realen Operator ausgeführt werden kann, der mit statischer Codierung arbeitet, heißt statisch berechenbare Funktion. Die Klasse der statisch berechenbaren Funktionen ist mit der Klasse der rekursiven Funktionen und der Klasse der mittels Von-Neumann-Rechner berechenbaren Funktionen identisch.

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© 2001 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden

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Jungclaussen, H. (2001). Von der Kombinationsschaltung zum Von-Neumann-Rechner. In: Kausale Informatik. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81220-9_15

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  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag

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