Zusammenfassung
Auf die Frage eines ausländischen Journalisten, ob China sein mörderisches Wachstumstempo nicht drosseln müsse, um das ökonomisch Erreichte erst einmal zu konsolidieren, antwortete ein chinesischer Wirtschaftspolitiker einmal lakonisch, er stehe an der Spitze eines jährlich wachsenden Zuges von Millionen Arbeitssuchenden — bleibe er stehen, trampelten die ihn einfach nieder (DIE ZEIT Nr. 11, 7. März 1997, S. 28). Diese wenigen Worte umreißen ein ernsthaftes Dilemma, das die Volksrepublik auf Jahre hinaus in Atem halten könnte: den Zwang zum andauernden Wirtschaftswunder. Von den gegenwärtig etwa 650 Millionen Arbeitskräften des Landes, zu denen jährlich noch mindestens 12 Millionen neu hinzukommen, sind mehr als Hälfte (52 Prozent) in der Landwirtschaft tätig. Bereits heute haben schätzungsweise 120 Millionen ehemalige Bauern ihre meist nur winzigen Ackerflächen — nur ein Zehntel des chinesischen Territoriums ist landwirtschaftlich effektiv nutzbar, statistisch gesehen entfällt auf jeden Bewohner mit 0,085 Hektar Boden nur etwa ein Viertel des Weltdurchschnitts — in den West- und Zentralprovinzen verlassen und dringen in der Hoffnung auf ein Stück vom neuen Reichtum als Wanderarbeiter bis in die reichen Küstenprovinzen und großen Ballungszentren im Osten des Landes vor. Bis zur Jahrtausendwende wird sich allein die Zahl dieser Binnenmigranten auf etwa 300 bis 400 Millionen mehr als verdreifachen — eine unkontrollierte „innerchinesische Völkerwanderung“ (Bork 1996:57) ist in Gang gekommen, der die um politische und soziale Stabilität besorgte Regierung nicht länger gewaltsam, sondern allein durch die Beseitigung des allzu großen Wohlstandsgefälles von Ost nach West beikommen können wird.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Vgl. für den gesamten Abschnitt: Grimm, K.: Chancen für Kooperationen deutscher mittelständischer Un ternehmen in China. - In: Deutsch-chinesisches Wirtschaftsforum, Januar 1997, S. 10–16.
Bonnet, A. u.a.: Kooperationsmöglichkeiten deutscher Unternehmen in der VR China. Gießen, 1996.
Siemsen, H.; Geissbauer, R.: Direktinvestitionen in China, Indien und Indonesien. Hrsg. vom DIHT. Bonn, 1996.
Rights and permissions
Copyright information
© 2000 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Gebhardt, C. (2000). Der Wirtschaftsraum China. In: Option China?. DUV Wirtschaftswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81045-8_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-81045-8_3
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8244-0519-0
Online ISBN: 978-3-322-81045-8
eBook Packages: Springer Book Archive