Ernst Fraenkel und die Struktur faschistischer Herrschaft. Zur Kritik der Doppelstaats-These

Zusammenfassung

Ein „Schlüssel zum Verständnis der nationalsozialistischen Herrschaftsordnung“, so Ernst Fraenkel 1974, sei im „Nebeneinander eines seine eigenen Gesetze im allgemeinen respektierenden ‘Normenstaats’ und eines die gleichen Gesetze missachtenden ‘Maßnahmenstaats’“ zu finden; das auf dieses Nebeneinander gegründete NS-System sei aus diesem Grund kein Staat wie etwa die USA oder Großbritannien, sondern ein „Doppelstaat“.¹ Die im Buch dieses Titels entwickelte These ist seit ihrer Erstpublikation im Jahre 1941 zahllose Male wiederholt und bekräftigt, selten aber systematisch erörtert worden. Die ihr gewidmeten Abhandlungen lassen sich an einer Hand abzählen und beschränken sich überdies auf rechtstheoretische Aspekte oder Fragen der Marxismusrezeption (bibliographische Hinweise: von Brünneck 2000; Vorwort zu Fraenkel 1999, GS 2). Gerade die Seite der staatlichen Organisation, die dem Buch immerhin den Namen verliehen hat, ist bisher fast gänzlich unthematisiert geblieben. Die nachstehenden Überlegungen sollen diesem Mangel abhelfen.