Zusammenfassung
Die systemtheoretische Dekonstruktion des heroischen Paradigmas politischer Gesellschaftssteuerung stößt in der klassischen Gesellschaftstheorie bislang weitgehend auf Ablehnung, hinterfragt sie doch ein über Jahrhunderte gewachsenes Verständnis von Politik als regulatives Gegenüber der Gesellschaft. Insbesondere die in ihrer Mehrheit handlungstheoretisch orientierte Politikwissenschaft fühlt sich durch das Luhmannsche Steuerungsverdikt provoziert und rezipiert die neuere Systemtheorie entsprechend ablehnend. Jenseits dieser Verweigerung gibt es allerdings auch Bemühungen, den kapriziösen systemtheoretischen Ansatz wieder in den im Kuhnschen Sinne „normalen“ sozialwissenschaftlichen Diskurs zu integrieren oder zumindest einige seiner unabweislichen Erkenntnisse in einen handlungstheoretisch anschluß-fähigen Kontext zu übernehmen.464 Andere Ansätze versuchen wiederum, den steuerungstheoretischen Problemen des Politischen durch ihre Externalisierung in meta- oder subpolitische Räume zu entkommen. In den folgenden Kapiteln widmen wir uns daher der Auseinandersetzung mit diesen Ansätzen, die die intrinsische Dissensualität des Politischen in konsensorientierten Verhandlungssystemen, in zivilgesellschaftlichen Subpolitiken oder dem Dritten Weg einer „neuen Mitte“ aufzuheben suchen.
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Literatur
Vgl. Kuhn, 1967, 22ff. und passim.
Vgl. Mayntz, 1996, 154f. und Mayntz/Scharpf, 1995, 39ff. Explizit spricht auch Schimank (1993, 246) von einer „akteurstheoretisch gewendeten“ Interpretation der Theorie sozialer Systeme, Es war allerdings Habermas (1995b, 303ff.), der eine Vermittlung systemtheoretischen und handlungstheoretischen Denkens für seine Theorie beansprucht hat. Hat die Theorie sozialer Systeme schon große Probleme mit der akteurstheoretisch gedachten „Kommunikation“ zwischen psychischen und sozialen Systemen, erscheint ihr die Einbeziehung der natürlichen Umwelt als transsoziales Ordnungsmuster und Kommunikationspartner in höchstem Maße unwahrscheinlich. Zwar arbeitet auch Luhmann mit Begriffen aus der Biologie, der Evolutionstheorie oder der Thermodynamik und wird für diesen semantischen Transfer auch vielfältig kritisiert (Vgl. Lipp, 1987; Bühl, 1998, 103f.; Mayntz, 1991 und Reese-Schäfer, 2000, 113f). Gleichwohl wird etwa der Topos der Autopoiesis nicht im Sinne eines Theorieholismus eingeführt, sondern begründet im Gegenteil die inkommensurable Parallelität physikalischer, organischer, psychischer und sozialer Realität.
Vgl. Scharpf, 1989, 18. Das war im übrigen schon Schmitts (1996b, 76 und 82) Argument einer politischen Theologie als „res mixta“. Vgl. mit gleichem Tenor wie Scharpf Mayntz, 1987, 102 und später Eppler, 1998, 121. Luhmann (TDG, 309) schließt lebensweltliche Interaktionen als Klammer des Sozialen kategorisch aus. Habermas (1995b, 256) stellt sich das Problem gar nicht, weist er doch beispielsweise dem Kommunikationsmedium Geld in klassischer Systemontologie die Funktion eines „intersystemischen Austauschmediums“ zu.
Scharpf, 1989, 16. Luhmann (1989, 8) hat diese Bemühungen maliziös als „scharpfsinnig“ bezeichnet. Kritisch auch Ulrich, 1994, 47,
Scharpf, 1988, 67. Daß Scharpf (1994, 66) in der Ressourcenabhängigkeit (hier die Alimentation mit öffentlichen Mitteln) die Achillesferse der funktionalen Autonomie erkennt, dokumentiert die klassisch ontologische Fundierung dieses Denkens.
Vgl. Scharpf, 1991, 623; 1994, 383t.; Benz/Scharpt7Zintl, 1992; Jarren, 1994a, 373 ff sowie Mayntz/Scharpf, 1995a, 49ff. Vgl. auch Willke, 1993b, 101 ff. Scharpf (1988, 77) geht von einer zunehmenden Interpenetration von Staat und Gesellschaft aus, eine These, für die es aus unserer Sicht trotz des Netzwerkcharakters von Kommunikationsstrukturen keine Indizien gibt. Im Gegenteil: Je weiter die gesellschaftlichen Kommunikationsbezüge miteinander verflochten scheinen, desto mehr müssen sie funktional differenziert sein.
Das Problem konflikthafter Verhandlungen wegen divergierender Interessen hat Scharpf (1991, 626) zwar durchaus erkannt, aber im weiteren offen gelassen. Hejl (1992b, 280) versucht das Problem der innersystemischen Akteursakkordierung durch den Begriff der „Synreferentialitat“, also einer Art innersystemischer Intersubjektivität zu lösen, begreift also Kommunikationsprozesse, wenn nicht als Gleichschaltung der beteiligten Individuen, so doch als Herstellung „vergleichbarer Zustände“. Das Modell kann freilich nur dann überzeugen, wenn man annehmen wollte, daß Akteure Teile sozialer Systeme sind und nicht selbst autopoietische Sinnsysteme.
Daß Scharpf (1989, 16) umgekehrt Luhmanns Ansatz für „unterkomplex“ hält, weil dieser die Gestaltungskraft von Subjekten, also die volitiven Aspekte von Sozialität, marginalisiert, illustriert die grundlegende Differenz der Beobachtungsperspektiven. Vgl. gleichlautend Greven, 1990, 227 und im Vergleich zu Parsons Waschkuhn, 1987, 77. Reese-Schäfer (2000, 151) wirft Luhmanns Theorie „Eindimensionalität“ vor, weil sie die Akteursebene zugunsten der Systemebene außer acht läßt.
Darauf weist auch Habermas (1993, 425f.) hin. Außerdem ist ungeklärt, wie auch Scharpf konzediert, warum sich systemische Diskurse nun ausgerechnet gemeinwohlorientiert entwickeln sollen, anstatt in informelle Klüngeleien unterlegitimierter „privater Regierungen“ auszuarten. Vgl. Scharpf, 1991, 623 und kritisch auch Waschkuhn, 1987, 204ff.
Siehe hierzu II.5. Vgl. WISDG, 32. Für Scharpf ist Steuerung hingegen Steuerungshandeln, d.h. ein zielgerichteter Prozeß rationaler Akteure, den er dann bspw. spieltheoretisch entfaltet. Unter diesen Prämissen könnte man allerdings ebenfalls annehmen, daß mit dem Vertreter einer Umweltorganisation gleichsam die natürliche Umwelt mit am Tisch sitzt. Brodocz (1996, 372) spricht in diesem Zusammenhang von fiktiver struktureller Kopplung, wobei unklar bleibt, inwieweit die entsprechenden Verbandsvertreter natürliche oder politische Interessen vertreten.
Gleichwohl gibt es nur eine Realität, wie auch Castoriadis (1984, 516) mit freilich anderen Schlußfolgerungen feststellt.
Vgl. Ulrich, 1994, 108ff. Gewohnheitsgemäß ist wohl jeder Beobachter geneigt, Kommunikationen und Handlungen auf die Intentionen eines Akteurs zuzurechnen, um sie bspw. unter Verantwortung stellen zu können..
Eindeutig bekennt sich hierzu Mayntz (1996, 155ff.), die die Funktion des Politischen im „Interdependenzmanagement“ der Teilsysteme erkennt und auf das Problem der Gouver-nanzform reduziert: „»Steuerung« im Sinne einer absichtsvollen Beeinflussung sozialer Prozesse bleibt damit dem Anspruch nach die besondere Funktion des politischadministrativen Systems“ (157). In der Folge beansprucht sie (163ff.) ihrerseits einen steuerungstheoretischen Paradigmenwechsel, der zwar auf eine politische Steuerung der Gesellschaft verzichtet, jedoch unter Ausschluß der autopoietischen Systemtheorie das Primat akteurszentrierter Koordination aufrechtzuerhalten sucht.
Auch Greven (1999, 66ff.) kritisiert die Reduktion des Politischen auf rationales Problemlösungshandeln bei Mayntz und Scharpf. Vgl. auch Beyme, 1991b, 17.
Vgl. Teubner/Willke 1984, Willke 1987, 1992, 1993b, 1996a; Vgl. auch Ulrich, 1994, 163ff. Da Teubner und Willke die zweite Generation einer explizit nie begründeten „Bielefelder Schule“ sind, steht ihr Versuch einer konvergenztheoretischen Überwindung des Luhmannschen Steuerungsverdikts hier an Stelle vieler. Kann ihr theorienahes Modell nicht überzeugen, dann sind andere eher kausal-kybernetische Ansätze, wie die etwa bei Bußhoff (1992) vorgestellten von Hejl, Druwe/Görlitz, Münch oder solche von Dahme/Grunow (1983), Eichmann (1989), Pokol (1990), Voigt (1995) für unsere Problemstellung nicht anschlußfähig. Die folgende Kritik bezieht sich explizit auf den Versuch, Luhmanns autopoietisches Verdikt diskursiv zu überwinden. Die Qualität der Beiträge (etwa Teubner, 1996 Willke, 1996b) zur Genese und Interpretation der Theorie sozialer Systeme bleibt davon unbenommen. Vgl. auch Ulrich, 1994, 185ff. und Heidenescher, 1992, 453.
Willke, 1994, 25.
Vgl. Willke, 1987, 303. Als Steuerungsfeld dient Willke die Figur einer „Interaktionsmatrix“ zwischen den Systemen.
Vgl. Willke, 1987, 302. Teubner (1992, 189ff.) betrachtet Netzwerke daher als „kollektive Akteure höherer Ordnung“, als „soziale Systeme 3. Ordnung“, die als „hybride Systeme“ die operative Geschlossenheit der Teilsysteme überbrücken sollen.
Vgl. Willke, 1996a, 78
Vgl. Willke, 1993b, 138. Vgl. Teubner/Willke 1984, 6. Auch Baecker (1993b, 19) verweist darauf, daß sich das reflektierende System zur Umwelt seiner selbst macht. Allerdings bleibt anzumerken, daß das System dabei eben nicht mehr über seine Umwelt, sondern über sich selbst erfährt. Fuchs (1992, 104) erkennt hingegen in der „Leistung“ des Systems die Systemreferenz, „(...) an der Sensibilität für die internen Lagen anderer Funktionsysteme gefordert ist und Insensibilität verheerende Folgen haben kann.“ Vgl. zu Luhmanns Reflexionsbegriff SS, 601f. und 617ff.
Vgl. Teubner/Willke 1984, 6 und 14; Willke, 1993b, 120ff. und ähnlich Schimank, 1992b, 254. Da operativ geschlossene Systeme gegenüber ihrer Umwelt im hohen Maße indifferent sind, soll die Fähigkeit zur Reflexion durch das Rechtssystem als „eingeladener Eindringling“ (Willke 1993, 50; Vgl. kritisch Nahamowitz, 1985.) implementiert werden. Vgl. für einen idealisierten Rechtsbegriff auch Habermas, 1993, 429. Ob das Recht als System mit der Aufgabe der Verfahrensimplementation und der Absicherung der Diskursfähigkeit dann im heterarchischen Kontext selbst noch „inter pares“ steht, ob sich also multirationale Diskurse erfolgreich verrechtlichen lassen, erscheint allerdings zweifelhaft. Insgesamt formulieren Teubner und Willke eine extrem voraussetzungsreiche und damit im operative Dauerbetrieb unwahrscheinliche Kausalkette: Heterarchie, wenn Kontextsteuerung, wenn Reflexion, wenn Systemdiskurse, wenn Demokratisierung der Gesellschaft, wenn Heterarchie.
Vgl. Willke 1992; 1996a, 335ff. Erstaunlicherweise interpretiert Willke (1996a, 335) diese Supervision als Beschränkung politischer Intervention. So „beschränkt sich Supervision im Fall diskursiv erwiesener Unzulänglichkeit der fraglichen Entscheidung auf »Zurückverweisung«, d.h. darauf, das Funktionssystem auf eine Revision seiner Optionen, auf eine Überprüfung seiner Optionenpolitik zu verweisen.“
Das hat sehr deutlich auch Habermas (1993, 420) festgestellt. Einer der vielen Widersprüche in diesem Theoriearrangement ist, daß Willke (1993b, 104; 1996a, 11ff.) einerseits den präzeptoralen Staat ablehnt, andererseits aber (1993b, 121) auf die Möglichkeit insistiert, daß sich soziale Systeme erziehen lassen. Bei Schimank (1993, 245) sind ebenfalls autoritäre Regressionen festzustellen: „Ein außerhalb der betreffenden Teilsysteme stehender autoritativer Koordinator — etwa eine dazu befugte staatliche Instanz — (kann) die Abstimmung vornehmen“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Ähnlich Mayntz, 1996, 156.
So wäre unter anderem zu klären, wer in einem intersystemischen Verhandlungssystem das politische System repräsentieren sollte: der Bundespräsident, die Regierung oder das Parlament? Immer bliebe auch die Frage, warum nicht etwa die Wähler, die Verwaltung, die neuen sozialen Bewegungen u.s.f. In diesem Zusammenhang führt auch der Begriff der repräsentativen Demokratie in die Irre, denn die Abgeordneten der Parlamente repräsentieren als Akteursfiktionen lediglich innerhalb des politischen Systems und dort auch nur im Rahmen des „formalen Machtkreislaufes“ (Luhmann 1981, 47ff). Für andere Funktionssysteme sind sie in ihrer politischen Funktion nicht erkennbar.
Vgl. SS, 386. Entropie bezieht sich, wie bereits erläutert wurde, auf einen Zustand vollständig dissipierter) Energie in vollständig geschlossenen Systemen, d.h. einem absoluten Stillstand im Gleichgewicht. Die vollständige Dissipation von Dissens hätte in der Analogie den „kommunikativen Wärmetod“ zur Folge. Eine politikwissenschaftlich orientierte Beobachtung der nichtlinearen Ungleichgewichts-Thermodynamik Ilya Prigogines bietet Josczok, 1989, 30ff.
In bezug auf die Intersystemdiskurse nimmt Willke (1993, 105) dann auch Abstand vom Habermasschen Konsensideal und erkennt als Diskursziel, anschlußfähige Kommunikationen zu generieren (Vgl. 1993b, 135ff).
Vgl. Willke 1993b, 101ff. Vgl. auch Mayntz, 1996, 151f. und kritisch Dubiel, 1994, 96f. Willke (1996a, 357) folgt hier dem Ideal des Hegeischen Verbändestaates. Vgl. kritisch Habermas, 1993, 416ff Bleibt zu bemerken, daß die schon gegen Habermas vorzubringende Kritik der Verschleierung latenter und damit um so virulenterer Machtverhältnisse in vermeintlich herrschaftsfreien Diskursen auch auf der Ebene von Intersystemdiskursen gelten würde.
So etwa in Lyotards (1994, 119) Kritik an Habermas: „Das soziale Band ist sprachlich, aber es ist nicht aus einer einzigen Faser gemacht.“ Vgl. Luhmann, 1987a, 164f.
Vgl. bspw. Willke 1987, 287 und 307; Vgl. BDM, 30; SS, 58 und passim. Luhmann spricht infolgedessen von der Differenz von Differenz und Einheit Vgl. SS, 111,ff; GDG, 46ff, 878. Schimank (1993, 250) bringt die differenztheoretische These auf den Punkt: „(...) Das läuft auf die Paradoxie hinaus, daß die Identität der modernen Gesellschaft in ihrer Nicht-Identitätsfähigkeit besteht.“
Vgl. Beyme, 1991b, 351; Habermas, 1993, 415ff. insb. 426f. Freilich argumentiert Habermas diametral zur Systemtheorie und wirft Willke den Mangel an lebensweltlicher Anbindung und normativer Legitimation vor.
Vgl. Teubner/Willke, 1984, 7.
Vgl. Luhmann, 1977d, 170ff.; SA4, 130 und zur Paradoxie dieser Codierungen auch PTW, 70.
Guggenberger/Hansen, 1993, 13. Vgl. ausführlich Giddens, 1997, 47ff. und 84ff. sowie zum anthropologischen Pessimismus Schmitt, 1987, 61ff.
Bobbio, 1994, 90.
Vgl. auch PDG, 65.
Zwar verstehen sich viele „ökologische“ Gruppierungen als links, können aber weder den eher rechten Elitismus ihrer Ansätze verbergen noch sich gegen naturkonservative Strömungen eindeutig abgrenzen. Vgl. etwa Giddens, 1997, 31. So wurde bald fraglich, ob es in bezug auf die natürliche Umwelt progressiv war, konservativ zu sein oder, ob die Natur mittels technologischem Fortschritt konserviert werden sollte. Vgl. zur Differenz von linken und rechten Protestbewegungen Hennig, 1997, 162ff.
Man könnte Parteien entsprechend auch als Beobachtungskondensatoren bezeichnen, als Organisationssysteme also, die politische Beobachtungen konditionalisieren. Das Phänomen der Ausdifferenzierung des Politischen wirkt im übrigen selbst differenzlos. Linke und rechte Gruppierungen müssen mit den gleichen Beschränkungen, der gleichen Komplexität und der gleichen Kontingenz ihrer Beobachtungen operieren, wenngleich sie durchaus unterschiedliche Strategien der Kontingenz-Überblendung fahren.
In Fragen der Sicherheitspolitik kommt es heute zu Positionen, die sich nicht mehr als links oder rechts bezeichnen lassen, so bspw., wenn sich Helmut Schmidt, Alfred Dregger und radikalpazifistische Gruppierungen unisono wider die Militärschläge der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien wenden, während die Mehrheit der genuin pazifistisch orientierten Grünen und auch ehemalige Exponenten der Friedensbewegung, wie z.B. Erhard Eppler, verantwortungsethisch dafür plädieren.
Vgl. Luhmann, 1977a, 158; Bobbio, 1997, 28f. und Beyme, 1993, 44ff. Beck (1993, 161) überzeichnet das Phänomen allerdings zu einem beliebigen „Jeder ist alles“: links und rechts, passiv und aktiv, usf.
Schmid, 1993, 116.
Jaschke, 1993, 56. Vgl. Guggenberger/Hansen, 1993, 18. Auffällig sind die Parallelen in der linken und rechten Verachtung der bürgerlichen Mitte der Weimarer Republik. Vgl. Bracher, 1984, 135ff.
Vgl. Giddens 1998, 5ff. Giddens (25) selbst stellt sich in die Begriffstradition des Dritten Weges, bspw. Ota Siks Markt-Sozialismus der siebziger Jahre. An die Tatsache, daß der Begriff des Dritten Wegs ideologisch nicht unbelastet ist, erinnert Reicheis (1992, 42f.) Arbeit zur Ästhetik des Nationalsozialsmus.
Giddens, 1998,26.
Vgl. Giddens, 1998, 66 und 99ff. und Giddens, 1997, 14 und passim.
Giddens, 1998, 53. Die Parallelen zu Willkes Supervisionsstaat sind unübersehbar.
Offenbar war die programmatische Besetzung der Mitte ein machtstrategischer Coup, dem die CDU/CSU im Wahlkampf nichts entgegenzusetzen hatte.
Vgl. Görner, 1993, 45. Mit dem gleichen Problem sieht sich im übrigen auch die CDU konfrontiert, wenn sie nicht nur rhetorisch „Mitten im Leben“ stehen will, sondern sich dort einer zunehmend heterogenen politischen Landschaft stellen muß.
Vgl. Bobbio, 1994, I8f.
Vgl. Spencer-Brown, 1994, passim. Da sich Giddens’ Programm gleichzeitig als Mitte und linke Mitte versteht könnte in dieser Logik etwa eine rechte Mitte einen „Vierten Weg“ markieren.
Auch Teubner und Willke (Vgl. 1984, 12 und 18) behaupten mit dem oben vorgestellten Konzept der Kontextsteuerung einen politischen „Dritten Weg“ zwischen „neoliberalen“, sprich funktionalistischen, und „sozialistischen“, sprich diskurstheoretischen Ansätzen. Der Versuch, die neuere Systemtheorie unter Aufgabe des handlungstheoretischen Subjektzentrismus mit einer Diskurstheorie systemischer Kollektivakteure zu einer institutionalistischen Systemtheorie mit „pareto-optimalen“ Ergebnissen zu verschmelzen, ist aber auch makrotheoretisch ein Dritter Weg, der nicht mehr an Luhmanns Systemtheorie anschließen kann. Vgl. zu dem diesen Ansatz begründenden Forschungsprogramm Willke, 1978, insb. 387ff.
„Are we, as Bobbio seems to suggest, just in a period of transition, before left and right reestablish themselves with full force, or has there been a qualitive change in their relevance?“ Giddens, 1998,43
Beck (1993, 231) ergänzt um die Dichotomien: „sicher-unsicher, innen-außen, politischunpolitisch“.
Bobbio, 1994, 83. Allerdings impliziert Bobbios pragmatischer Freiheitsbegriff eine Engführung auf die prozessuale Freiheit demokratischer Verfahren.
In dieser stark vereinfachenden Darstellung spiegelt sich im Wunsch nach Freiheit und Gleichheit die Selbstidealisierung der linken Mitte, während man in der rechten Mitte die eher pragmatisch-skeptizistische Position erkennen kann.
Kelsen, 1981, 10f. Folglich kann auch der Schmittsche Antiparlamentarismus durchaus demokratisch sein, ist auf jeden Fall aber dezidiert anti-liberal. Vgl. zur Differenz von Demokratie und Liberalismus auch Hayek, 1996, 239f, der einer illiberalen Demokratie — aus seiner Sicht primär einer sozialistischen — allerdings nur eine kurze Übergangsfrist zum totalitären Autoritarismus, dem Gegenstück einer liberalen Demokratie, voraussagt.
Doppeldeutig bleibt hier wiederum Giddens’ Position (1998, 41): „Bobbio’s definition, however, needs some refining. (...) Rather than speaking of social justice as such, it is more accurate to say that to be on the left is to believe in a politics of emancipation.“ Ganz »modern« erkennt Giddens (10) in der „pursuit of equality“ eine Position der wohlfahrtsstaatlich, korporatistischen „old-style social democracy“. Gleichzeitig aber wird die linke Tradition bedient: „Third way politics should preserve a core concern with social justice (...)“ (65).
Jaschke, 1993, 57. Auch für Sarcinelli (1987, 231) ist der Links-Rechts-Dualismus das nach wie vor dominierende politische Wahrnehmungsraster.
Guggenberger, 1993a, 96. „Mitte steht für Offenheit nach allen Seiten; sie stellt sich als ein entschieden anti-dogmatisches Projekt dar (...)“, befindet auch Görner (1993, 46). Enzensberger (1993, 205) hält das politische System vor allem in seiner institutionellen Ausprägung für das System mit der geringsten Lernfähigkeit. Politik sei daher „(...) auf radikale Minderheiten geradezu angewiesen, die als einzige fähig und bereit sind, rücksichtslos zu übertreiben. Der politische Außenseiter wird zum Spezialisten einer Überdosierung, ohne die in den Apparaten keine wesentliche Rückmeldung mehr registriert wird.“
Vgl. Dubiel, 1994, 67ff. Dubiel (75) bezeichnet Zivilgesellschaft als Ensemble der Assoziationen, sozialen Bewegungen und Öffentlichkeiten, das dem Staat Handlungsspielräume abtrotzt. Vgl. auch GDG, 418 und Reese-Schäfer, 2000, 75ff.
Vgl. Dahrendorf, 1993; Guggenberger, 1993a. „»Civilisation« was (...) a project: a systematic, consistent action with an end in sight. That end was a rationally organized society -a transparent, predictable and managebale society, in which all human potential could be put to good use and none be wasted.“ Bauman, 1995a, 14.
Die US-amerikanische Tradition einer vorstaatlich verfaßten Ordnung begründet neben den liberal-individualistischen vor allem auch kommunitaristisch orientierte Ansätze wie Amitai Etzionis „solidarische, aktive Bürgergesellschaft“, die den sich zurückziehenden Staat durch Gemeinwohlarbeit und zivilgesellschaftliche Vereinigungen kompensieren soll. Vgl. Etzioni, 1975; in der deutschen Diskussion sehr eigenständig Münch, 1991 sowie 1998 und hierzu Habermas, 1995b, 437ff. Auffällig ist, daß sich linke und rechte Zivilgesellschaftsmodelle in konsensuelle und dissensuelle Ansätze differenzieren. Ein deutlicher Befürworter der konfliktorientierten „aktiven Mitte“ in der Tradition John Lockes ohne antietatistischen Beiklang ist Guggenberger (1993a). Zivilgesellschaft basiert hier im Gegensatz zu kommunitaristischen Modellen nicht auf vorstaatlichem Konsens, sondern auf konfliktfähiger Zivilität und ziviler Konfliktfähigkeit.
Dahrendorf, 1993, 77. Sontheimer spricht von der Einheit von Staat und Bürger: „Politisches Handeln ist nicht eine Prärogative der Staatsorgane in engerem Sinne, sondern vollzieht sich im Raume der gesamten Gesellschaft.“ (1972b, 209). Zur Kritik des Verlustes des Implikates der Zivilität in dieser Übersetzung von civil society vgl. Münkler 1994, 5ff. Vgl auch Sontheimer, 1972b, 209f.
Dahrendorf, 1993, 80. Ähnlich beschreibt Dubiel (1994, 75) die Zivilgesellschaft als Ensemble der Assoziationen, sozialen Bewegungen und Öffentlichkeiten, die dem Staat Handlungsspielräume abringt.
Vgl. hierzu einschlägig Bobbio, 1990 und Kebir, 1991.
So kritisiert beispielsweise Chantal Mouffe (1993, 100) die individualistische Dominanz in liberalen Theorien und die unweigerlich paradoxe „(...) elaboration of a non-individualistic conception of the individual.“
Vgl. Rödel, 1990,22.
Vgl. Bobbio, 1990, 38ff.
„Sobald es ständige »Repräsentanten« gibt, werden politische Autorität, Aktivität und Initiative dem Körper der Bürger entzogen und dem beschränkten Körper von »Repräsentanten« überantwortet, die gewöhnlich davon nur Gebrauch machen, um ihre Position zu konsolidieren und geeignete Bedingungen für eine entsprechend günstige Einflußnahme auf den Ausgang der nächsten »Wahlen« zu schaffen.“ Castoriadis, 1990a, 308f.
Vgl. Castoriadis, 1990a, 322f. Deutlich die Anlehnung an Gramscis „società regolata“, vgl. Kebir, 1991,70.
Castoriadis, 1990b, 334. Die marxistische Forderung nach der Diktatur einer Klasse bezeichnet Castoriadis (1990b, 351) entsprechend als „zutiefst reaktionär“. Vgl. auch Baumann, 2000, 12off.
Castoriadis. 1990b, 342.
Lefort war wie Castoriades von 1948 bis 58 Mitglied in der trotzkistisch orientierten Gruppe „Socialisme ou Barbarie“, der auch Lyotard zeitweilig angehörte. Vgl. auch Lefort, 1988b. 59ff.
Lefort/Gauchet, 1990, 96. Vgl. auch Lefort, 1990b, 46. Wo also Castoriadis die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft noch als Fragmentierung des Gemeinwesens kritisiert, behandeln Gauchet und Letort die Differenz als notwendige Fiktion oder, systemtheoretisch gewendet, als Akt der Selbstasymmetrisierung. Unverkennbar die Überschneidung mit Luhmanns Theorem der Differenz von Einheit und Differenz.
Vgl. Lefort, 1990a, 286f. Ähnlich Bauman, 1995b u.a. 57ff. Allerdings verharren Lefort und Gauchet (1990, 111ff.) in spätmarxistischer Restontologie, wenn sie hinter dem symbolischen Konflikt demokratischer Verfahren immer noch den „wirklichen’’ Konflikt des unauflöslichen Klassenwiderspruchs und eine staatliche Überformung der eigentlich autonomen Zivilgesellschaft vermuten. Demzufolge haben demokratische Verfahren durch die Asymmetrie der Macht einen ausgeprägt manipulativen Charakter (Lefort/Gauchet, 1990, 119). Dennoch erkennen auch sie keine Alternative zur prozessual legitimierten Demokratie und ihren symbolischen Konflikten.
Vgl. Sontheimer, 1996, 23ff.
Beck, 1996a, 22. Ähnlich auch Dubiel, 1994.
Vgl. Zolo, 1997, 154ff. Vgl. Schmitt, 1972, 103ff. und statt vieler Beyme, 1993, 39ff. Auch Guggenberger (1993, 95) sieht die politische Mitte in der Parteiendemokratie vor allem durch das Fehlen von profilierten Programmen, zunehmender Entpolitisierung und durch die Konzentration auf Machterwerb und -erhalt gekennzeichnet..
Bei aller offensichtlichen Übereinstimmung in dieser Kritik ist es doch bedauerlich, daß Zolo den Weg zu einer systemtheoretisch informierten politischen Theorie nur halb gegangen ist. Das zeigt sich am phänomenologischen Umgang mit dem Begriff der Selbstrefe-rentialität ebenso wie in der Raummetaphorik einer akteurstheoretisch geprägten System-ontologie (Vgl. kritisch TDG, 331). Angesichts ihrer geringen empirischen und normativheuristischen Operationalisierbarkeit (1987, 352) haben sich die neo-marxistischen Hoffnungen auf eine systemtheoretische Metatheorie in Italien nicht erfüllt. Zolo bevorzugt statt dessen die Überschaubarkeit des Input/Output-Kausalismus offener Systeme.
Vgl. Zolo, 1997, 138 und 202ft.; Hennig, 1997, 184ff. Vgl. auch Greven, 1999, 113 und 204ff. sowie zu den Folgen symbolischer Politik einschlägig Sarcinelli, 1987, 116ff. und 199ff. Zolos Studie „Die Demokratische Fürstenherrschaft“ läßt sich im übrigen auch als Kritik an Giddens’ Version der Zweiten Moderne lesen. Die ausgeprägt kassandrische Perspektive sollte jedoch vor dem Hintergrund des Phänomens der italienischen „partitocrazia“ relativiert werden. Während der Parteienstaat in den achtziger Jahren durch die Konkurrenz von Neokorporatismus und sozialen Bewegungen unter Druck geriet, scheint der Bestand der Parteien aus heutiger Sicht nicht mehr grundsätzlich gefährdet.
Vgl. Beck, 1986, 304 und ausführlich Beck, 1993, 149ff.
Vgl. Beck, 1996a, 23ff. Ähnlich Giddens, 1996b, 318. Vgl. hierzu ausführlich Etzioni, 1975, passim. Daß Beck die neuere Systemtheorie in einem Atemzug mit dem Marxismus als „linearen“ Ansatz identifiziert, muß angesichts der dissensualen Orientierung dieser Untersuchung und vor allem der auf Differenz ausgelegten Ausrichtung von Luhmanns Geamtwerk überraschen. Beck (1996b, 306) widerlegt sich selbst, wenn er definiert: „Nicht-Linearität meint: Dissens, Rationalitäts-, also Grundlagenkonflikte (...).“ Eine ganz eigene Form der Numerierung findet Richard Münch (1998, 24). In seinem neo-parsonsianischen Ansatz gilt der liberale Rechtsstaat als „erste“ und der Wohlfahrtstaat als „zweite Moderne“. Die „dritte Moderne“ reklamiert er für die „aktive Bürgergesellschaft“ jenseits von Wirtschaftsliberalismus und Sozialstaat, also wieder eher in Giddenscher Richtung.
Vgl. Beck, 1986, 300ff. Die ambivalente Ausarbeitung der Subpolitik spiegelt die schon bei Hegel zu findende Ambiguität des Begriffs der bürgerlichen Gesellschaft, die einerseits als ökonomische Struktur der freien Marktwirtschaft, andererseits als liberales Ideal individueller Freiheit gedacht wurde. Vgl. Waszek, 1995 und auch Bobbio, 1990, 45. Beck unterscheidet entsprechend eine informelle, „regelanwendende“ Subpolitik der einfachen Moderne von einer „regelverändernd“-emanzipatorischen „reflexiven“ Subpolitik. Vgl. Beck, 1986, 14; das entsprechende Schema (1993, 209) sowie Neidhardt, 1994, 7ff.
Vgl. Beck, 1986. 306ff und 364f
Vgl. Habermas, 1993, 600ff.; Habermas, 1995b, 575ff; zur Idee einer höheren Intersubjektivität der autonomen Teilöffentlichkeiten Habermas, 1985, 417ff und 435f. sowie Raschke, 1988. Vgl. für eine ausführliche Kritik des normativen Begriffs der politischen Öffentlichkeit Braun (1990), für die (115) politische Öffentlichkeit einen hochgradigen „nirvana approach“ hat.
Beck, Die Zeit, Nr. 22, 25.5 2000. Vgl. Beck 1993, 158; Giddens, 1998, 45, Waschkuhn, 1987, 210ff. und mit Blick auf die Gramscianischen Ursprünge dieses Denkens Kebir, 1991, 115ff. Mit der vollkommen unstrittigen Tatsache des erfolgreichen Agenda-Setting der NSB will Beck „die“ Systemtheorie widerlegt sehen, in der er offensichtlich ungerührt aller theoretische Entwicklungen der letzten Jahrzehnte immer noch Parsons’ normativen Bestandserhaltungsfunktionalismus zu erkennen meint. Der „Windstoß, den der Ruf nach Freiheit verursacht“ (159), brachte allerdings nicht die „Kartengehäuse der Macht“ zum Einstürzen, sondern zeigte — ganz ungeachtet normativer Präferenzen — vielmehr die Absorptionsfähigkeit und programmatische Flexibilität institutioneller Politik.
Beck, 1993, 162 (Einfügung durch den Verfasser) und 210. Vgl. auch Beck, 1986, 316. Anders gesagt, basiert die subpolitische Vision auf der Projektion vor-systemischer, lebensweltlicher Kommunikation autonomer Subjekte.
Luhmann, 1988b, 114.
Beck, 1993, 155.
Ähnlich auch Böhret, 1979, 282 und später Greven, 1999, 102 und 115.
„Politik wird nicht als Staat, sondern in Beziehung auf den Staat bestimmt. Das Politische ist immer auch am Staat, aber nie nur am Staat orientiert“, erkennt auch Luhmann (1984b, 103). Daß Macht nicht allein in Staatsapparaten lokalisiert ist, erkennt bspw. auch Foucault (1976, 115).
Das gilt auch, wenn man in Luhmannscher Polemik (PDG, 228) ausländerfeindliche Aktio- nen der Ultrarechten als soziale Bewegungen der dritten Generation beschreibt. Vgl. für eine empirienahe Untersuchung der Übereinstimmungen und Differenzen des rechten und linken Protestes bei den „Republikanern“ und den „Grünen“, Henning, 1997, insb. 175ff. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang auch die Entdeckung der außerparlamentarischen „Kampagnefähigkeif der CDU bei der Landtagswahl 1999 in Hessen im Hinblick auf die Auseinandersetzungen zu der Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechtes. Der in Teilen offen xenophobe Ausdruck zivilgesellschaftlicher Autonomie, der sich in der Unterschriftenaktion dokumentierte, war von den Auguren der Subpolitik wohl nicht intendiert.
Heute müssen bspw. die Grünen zur Kenntnis nehmen, daß sie mit den jüngeren Wählern offensichtlich ihrer systemoppositionellen Klientel verlustig gehen. Deshalb sollten soziale Bewegungen neben ihrer demokratietheoretischen Bedeutung also auch immer im Kontext der jeweiligen Moden und Trends der Jugendkultur gelesen werden. Vgl. im Überblick Raschke, 2001, 20ff. und Wiesendahl, 2001, 7ff.
Vgl. Husserl, 1996, passim sowie Habermas, 1995b, 206ff. Daß beim Subjekt auch das individuelle Gewissen situiert ist, soll dem Alltagsverstand eine höhere Moral verleihen. Wir werden allerdings unter V.3. zeigen, daß das Individuum der einzig mögliche Ort von ethischen Beobachtungen ist und damit die Prätention einer höheren Warte gegenüber der systemischen Gesellschaft sozial folgenlos bleiben muß.
„In der postmodernen Gesellschaft spiegelt sich Versagen in Schuld und Scham, nicht in politischem Protest“, beschreibt Bauman (1995b, 319) die zunehmende Privatisierung sozialer Probleme. Vgl. auch Bauman, 2000, 19ff.
Vgl. Lash, 1996b, 229ff. Eine Kritik, die wir bereits in bezug auf Willke formuliert haben.
Vgl. Etzioni. 1975, 664f; Mehlich. 1983, 126ff. und Waschkuhn 1987, 210ff.
GDG, 861. Zolo (1987, 91ff.) sieht das ultra-aristotelische „paradigma gramsiciano“ deshalb in der Krise. Hingegen befreunde sich die neo-marxistische Theorie mit der Tatsache, daß Komplexität mehr als eine ideologische Erfindung des Konservatismus oder ein Totschlagargument des Neo-Liberalismus sei.
Vgl. ÖK, 238ff. Kleger (1990, 72) erkennt in der „Furie Angst“ gar eine neue volonté générale. Vgl. kritisch auch Lübbe, 1987, 91ff.
BDM,202.
Vgl. TDG, 321; GDG, 847ff; PDG, 227f. und ausführlich, Luhmann, 1996c. Protestsysteme sind Luhmann zufolge für die Kategorisierung als Interaktionssysteme zu groß und weder auf Anwesenheit noch auf Mitgliedschaft ausgelegt, um als Organisationssysteme gelten zu können. „Organisationen sind sie schon deshalb nicht, weil sie nicht Entscheidungen organisieren, sondern Motive, commitments, Bindungen“ (GDG, 850). Luhmann übersieht dabei, daß gerade Motive und Bindungen in hohem Maße entscheidungsrelevant sind und heute zunehmend organisiert hergestellt werden. Man nehme nur die ausgefeilten Marketingstrategien der Wirtschaft oder das zunehmend professionell geführte „campaigning“ der politischen Parteien als Beispiel. Außerdem ist durchaus von hoher politischer Relevanz, welche Protest-Entscheidungen soziale Bewegungen oder professionalisierte Protestorganisationen treffen. Sie generieren im Verbund mit der Medienöffentlichkeit zum Teil erheblichen Erwartungsdruck in bezug auf politische Entscheidungen und nehmen heute vor allem deshalb als Verhandlungspartner an politischen Vermittlungsprozessen teil.
TDG, 322; GDG, 852f. (Unterstreichung durch den Verfasser) und 855. Vgl. auch ÖK, 177 sowie Japp, 1993.
Vgl. SS, 504 und Luhmann, 1996c, 194f.
Luhmann, 1996c, 185f. Vgl. auch SS, 488ff. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum Luhmann Konfliktsysteme als soziale Systeme besonderer Art modelliert, die sich „parasitär“ in anderen Systemen bilden (SS, 531), wenn gleichzeitig „alle sozialen Systeme (...) potentiell Konflikte“ sind (Luhmann, 1988b, 5). Die These eigener Kontliktsysteme als reziproke Kommunikation von Negation impliziert, daß in sozialen Systemen im Normalfall nur konsensuell kommuniziert wird. Folgerichtig müßte man zu jedem Funktionssystem mindestens ein entsprechendes Negationssystem annehmen. Konflikte sind aber in Funktionssystemen und Organisationen im hohen Maße integriert und als Dissense, wie oben entwikkelt wurde, insbesondere auch im politischen System konstitutiv für die Systemautopoiesis.
Vgl. etwa Mehlich, 1983, 135f. und auch Japp, 1993, 246ff.
Vgl. Sarcinelli, 1987, 207 und Luhmann, 1990, 176ff.
Soziale Bewegungen strukturieren individuellen Protest in bestimmte Formen und werden entsprechend als Institutionen wahrgenommen. Dafür bedürfen sie organisationstypischer Attribute und zunehmend modernste Managementmethoden, beispielsweise in den NGO wie Greenpeace oder Amnesty International. Vgl. auch Beyme 1993, 161. Schelsky (1983, 97) begreift die Grünen sogar als Publizitätspolitiker par excellence. Daß Institutionalisie-rungprozesse nicht sehr weit voranschreiten, wenn der Anlaß des Protestes hinfällig geworden ist, der Protest nicht nachhaltig zu etablieren war oder aber mit geringer Aussicht auf Revision bereits politisch entschieden wurde, spricht dabei nicht gegen diese These. Vgl. auch Etzioni, 1975, 531f., Beyme, 1994; Luhmann, 1974b; Sarcinelli, 1987, 134ff; Weischenberg, 1994.
So bspw. auch Lash, 1996a, 358. Vgl. auch Gerhards, 1993, 277 und grundlegend Guggenberger, 1980; Raschke/Heinrich, 1993 sowie jüngst Raschke, 2001, 20ff.
So auch Guggenberger (1993a, 95): „Die »Politik von unten« setzt in der Protest- und Aufklärungsphase in Bewußtsein und Wahrnehmung vieler einen ersten Anfang; in der politischen Bearbeitungs- und Gestaltungsphase schwingt das Pendel regelmäßig wieder zurück und setzt mit Nachdruck die »offizielle Politik« wieder in ihr Recht.“ Anders Nelles (1983, 97ff), der zwar die Ineffizienz kommunikativer Verständigung erkannte, aber die alternativen NSB als eine Art Experimentierfeld unter die patriarchalen Fittiche ausgerechnet von SPD und Gewerkschaften gestellt sehen wollte.
Vgl. Luhmann, 1974b, 49. Der Übergang vom Primat des partizipatorischen Selbstverständnisses einer Basisdemokratie zu einer überwiegenden Orientierung an kommunikativer Effizienz dokumentiert sich auch in der zunehmenden Personalisierung grüner Politik. Daß die Grünen einmal „charismatische Führer“ wie Joschka Fischer zulassen würden, wurde aus kritischer Distanz zwar prognostiziert, war aber im Selbstverständnis der Partei „neuen Typs“ nicht vorgesehen. Hüllen (1990, 475) kommt allerdings zu dem Schluß, „(...) daß die anti-institutionelle Formlosigkeit der Basisdemokratie das ideale Medium für rigide Steuerung der Partei durch die Strömungseliten bildet.“ Vgl. grundlegend auch Weber (1980, 140ff.) und zum heute auch in der Politikwissenschaft skeptisch beobachteten Konzept der Partizipation statt vieler Michels „Ehernes Gesetz der Oligarchie“ (1970, 92). Vgl. desweiteren Steffani (1983) und in einer elitentheoretischen Untersuchung zur Integration von Gegeneliten im Parteiensystem Beyme (1993, 157ff).
Das konzidiert zwar auch Luhmann (GDG, 851), hält aber die Motivlage bspw. der sozialistischen Bewegung für deutlich homogener und daher im Gegensatz zum heutigen, individualistisch geprägten Protest für „(...) organisations-, ja sogar theoriefähig.“
Giddens, 1998, 52. Ansonsten ist Giddens’ Verhältnis zur Zivilgesellschaft jedoch ein markantes Beispiel für den ausgeprägten Eklektizismus seines Ansatzes. Giddens sympathisiert durchaus mit zivilgesellschaftlichen Aspirationen, schränkt aber anders als Beck die Möglichkeiten von Subpolitik weitgehend ein: „Yet the idea that such groups can take over where government is failing, or can stand in place of political parties is fantasy. The nation-state and national government may be changing their form, but both retain a decisive importance in the present-day world.“ (53).
Vgl. GDG, 864. Ebenso wie die Protestbewegungen verfügen sie über „eine Art Kerngruppe“ (PDG, 228) und einen relativ passiven Sympathisantenkreis, nur daß dieser zum Teil durch Mitgliedsbücher und entsprechende Beitragszahlungen strikter angebunden ist.
Man nehme die Einführung von Frauenquoten und die Versuche der direkten Mandatierung von Kandidaten in der genuin strukturkonservativen CDU als Beispiel für diese Entwicklung. Vgl. auch Beyme, 1993, 57.
Sie steht darüber hinaus auch im Widerspruch zum ansonsten von Luhmann (z.B. WisDG, 138) gern in Anspruch genommenen „order from noise principle“ Heinz von Foersters.
Deswegen werden staatliche Institutionen, wie andere Organisationen auch, als Funktionssystemgrenzen überlagernde Systeme verstanden, die sich primär einem Funktionssystem zuordnen lassen. Vgl. etwa GDG, 826ff. Institutionstheoretisch fragt sich ohnehin, ab wann sinnvoll von Institutionalisierung zu sprechen ist. Die Figur der strukturellen Kopplung kann im Gegensatz zu den Longterm-Modellen der klassischen Institutionentheorie auch kurzfristige und strukturell instabile Bindungen berücksichtigen.
Rödel (1990. 24) behält diese Flexibilität noch allein der Zivilgesellschaft vor.
Teubner, Gunther: Das Recht der globalen Zivilgesellschaft, in: Frankfurter Rundschau, 31.10.2000. Reese-Schäfer (2000, 203f.) spricht in diesem Zusammenhang von einer Politik als optionalistischer „Markt der Möglichkeiten“. Der von statischem Bestand auf dynamische Prozesse umstellende Organisationsbegriff Baeckers ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Vgl. Baecker, 1994, 94ff. und 144ff.
Lash (1996a, 340ff.; 1996b) zufolge verlieren dabei allerdings beide Versionen die „einfachen Leute“ aus den Augen und fixieren sich zu sehr auf die Institutionen der „herkömmlichen“ repräsentativen Demokratie. Sein radikal-emanzipatorischer Ansatz der „ästhetisch-hermeneutischen Reflexivität“ kritisiert den szientistischen Kognitivismus Becks und Giddens’ und proklamiert statt dessen einen Weg „vom Ich zum Wir“, eine Sozialität ohne starre Institutionalisierung.
Vgl. Heidenescher, 1992, 450.
Beyme (1991b, 126) sieht in den zivilgesellschaftlichen Aspirationen den Spätmarxismus mit der Postmoderne zum „Postmarxismus“ fusionieren, verwirft allerdings Becks Denken (326). Vgl. auch kritisch Schieder, 1991.
So in Gramscis Dualismus vom „Konsens“ der Zivilgesellschaft und der „Gewalt“ der politischen Gesellschaft. Vgl. Kebir, 1991, 71ff. Habermas steigerte dieses Szenario bekanntlich zur drohenden Viktimisierung einer politisch überformten Lebenswelt. Siehe II.4.
Prononciert kritisiert Guggenberger (1993a, 102) dieses Denken: „Mehr als nur ein Hauch von direkter Demokratie liegt in der Luft, vielfach schwingt schon die unverbrämte Absage ans Allgemeine mit, das kaum überhörbare Auswanderungsbegehren in Richtung einer überschaubaren Mikropolitik des Wünschens und Sehnens; der deutliche Dissidenzappell wider Parteien und Verbände, wider Bürokratien und Großorganisationen.“
Tendenzen hierzu sind bspw. in den Grenzen der Verrechtlichung politischer Entscheidungen oder wissenschaftlicher Beratung zu erkennen. Einzig dem Wirtschaftssystem gelingt bislang die weitgehende Negation gesamtgesellschaftlicher Verantwortung und wahrscheinlich deshalb ein besonders folgenreicher Beitrag zur Emergenz sozialer Ordnung.
Vgl. Dubiel 1994, 101. Wäre der Begriff nicht schon semantisch besetzt, könnte Zivilgesellschaft durchaus geeignet sein, den negativ konnotierten Begriff des »Publikums« als Subsystem des Politischen abzulösen. Denn anders als Luhmann halten wir Zivilgesellschaft, Protest und sogar noch die Lebenswelt für ebenso normale, der Selbstasymmetrisierung dienende Simplifizierungen des politischen Systems wie die Figur des Staates. Als strukturelles Arrangement kann Zivilgesellschaft insofern nur innerhalb des politischen Systems funktional äquivalent sein und dann auch nur so lange, bis sie eigene Strukturen institutionalisiert, also selbst Staat ist. „Die Funktion selbst ist der Bezugsgesichtspunkt für die Limitierung funktionaler Äquivalenz, und deshalb gibt es für die Funktion selbst kein funktionales Äquivalent“ (TDG, 201). Vgl. zum Äquivalenzfunktionalismus auch SS, 83ff.
So kritisiert etwa Rödel (1990, 14) richtigerweise die politische Ontologie im materialen Politikverständnis des Staatszentrismus, verkennt aber, daß die zivilgesellschaftlichen Konzepte genau dieses Denken unter umgekehrten Vorzeichen kontinuieren.
Bauman (1995a) verweist darauf, daß Zivilisierung kein Wert an sich ist, und spricht von der „Ambivalence of civilizing“, demzufolge Zivilisation einerseits Befriedung, andererseits aber auch Rationalisierung und Perfektionierung kriegerischer Atavismen zur Folge hat.
Vgl. hierzu Münklers (1994. 20ff.) Herausarbeitung des republikanischen Charakters der Zivilgesellschaft.
Anders Mehlich (1983, 141), der Luhmanns normativen Interpretationen „normaler Politik“ aufsitzt und seine Theorie vor allem rollentheoretisch rezipiert: „Angesichts des oben vorgestellten Konzepts funktionaler Differenzierung stellt sich der Protest als eine politisch dysfunktionale Interpretation der Publikumsrolle dar.“
Die System/Umwelt-Differenz ist also keine Sache, die sich gegenständlich beschreiben läßt, sondern ein Beobachtungszusammenhang: „Für die Theorie selbstreferentieller Systeme ist die Umwelt (...) Voraussetzung der Identität des Systems, weil Identität nur durch Differenz möglich ist“ (SS, 243). Luhmann verweist im übrigen darauf, daß räumliche Modelle für das Verstehen des Gesellschaftszusammenhangs generell ungeeignet sind. Vgl. Luhmann, 1992b, 140. Barben (1996, 255) sieht das Zivilgesellschaftsmodell hingegen von Luhmann „bekämpft“.
Vgl. Lefort/Gauchet, 1990, 102; vgl. auch GDG, 845. Auf die Bedeutung dieser metaphysischen Projektionen kommen wir unter V.4. zurück.
Jede Form von Politik, sei sie nun staatlicher, vorinstitutioneller oder gar spontanistischer Natur, artikuliert sich also als Kommunikation unter der Maßgabe der Bedingungen des symbolisch generalisierten Kommunikationsmediums Macht. Wie sonst wäre die Macht der Machtunterworfenen beispielsweise im informellen Machtkreislauf zu erklären? Auch Greven (1999, 31f.) wendet sich gegen den gouvernementalen und institutionalistischen Fokus in der Beobachtung des Politischen. Siehe hierzu IV.5.
Die postnormative Systemtheorie präferiert daherweder den starken Staat noch den minimal state, weder die Zivilgesellschaft noch den Neokorporatismus: „Es geht nicht mehr um eine Einheit mit bestimmten Eigenschaften, über deren Bestand oder Nichtbestand eine Gesamtentscheidung fällt; sondern es geht um Fortsetzung oder Abbrechen der Reproduktion von Elementen durch ein relationales Arrangieren eben dieser Elemente“ (SS, 86).
Gleichwohl behauptet Wirtz (1999, 186 und 189), die Systemtheorie „untersage“ den Streit um Werte und Weltverbesserungsprogramme.
Vgl. Willke, 1996a, 184ff. Gleichwohl begreift Willke (69) diesen Spagat „integrativer Vernetzung“ als dritten Weg zwischen funktionaler Differenzierung und Entdifferenzierung. Unverkennbar die Parallelen zu Etzioni (1975, 664): „(...) Differenzierung muß aufrechterhalten werden, wenn moderne Instrumentalität fortbestehen soll (...)“ Gleichwohl versucht bereits Etzioni, die Vorteile der Teildifferenzierung mit einer normativen Reintegration zu verbinden, um Gesellschaft als „komplexes, aber integriertes Ganzes“ zu entwickeln. „Oberhalb“ (582) der differenzierten Aktivitäten soll sich eine „verschmolzene Kontrollinstanz“, also etwa Willkes Supervisionsstaat, etablieren. Wie seine kontexttheoretischen und zivilgesellschaftlichen Adepten begreift also auch Etzioni soziale Differenzierung offenbar vornehmlich als segmentäre Differenzierung, also als Pluralität von Funktionssystemen, die im Zweifelsfall dem Primat der Politik unterstellt bleiben.
Beck, 1996a, 67. Vgl. auch Beck, 1986, 369ff. und Schimank, 1996, 13.
Vgl. Beck, 1993, 173ff. und 216. Beck (1993, 197ff.) führt als Beispiel für Code-Synthesen die Involvierung von Ökonomie und Politik in ökologische Probleme an. Vgl. skeptisch Gerhards, 1993, 271ff.
Vgl. Beck, 1996a, 27. Ähnlich paradox argumentieren Böhret/Konzendorf (1997, 167): Gerade weil der evolutionäre Prozeß offen ist, werde Steuerung „(...) zur herausragenden Aufgabe des Staates (...)“.
Vgl. auch Lefort/Gauchet, 1990, 104ff. Barben (1996, 248) spricht deshalb von einem rigoristischen „Funktions-Absolutismus“ der Systemtheorie.
Vgl. Mehlich (1983, 145): „Während man die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilsysteme als evolutionären Prozeß betrachten kann, handelt es sich bei Entdifferenzierungstendenzen um Devolution. Zentrales Merkmal von Entdifferenzierungsprozessen ist die Abkehr von zentralen Funktionsprinzipien moderner Gesellschaft (...).“ Vgl. auch Waschkuhn, 1987, 210ff.
„Die Märkte der Wirtschaft sind die ebenso robusten wie raffinierten Instrumente einer instituierten Osmose zwischen Wirtschaft und Gesellschaft und dies, obwohl oder gerade weil auf Märkten die Wirtschaft nur die Wirtschaft und die Gesellschaft nur die Gesellschaft zu sehen bekommt.“ Baecker, 1988, 347.
Präzise bringt Rasch (1997, 114) dieses Argument auf den Punkt: „If the system of modernity is the plurality of autonomous, incommensurable, and, therefore, horizontally ordered systems, then the threat of modernity is de-differentiation, the supervision of society from one central control tower, or worse, the collapsing of all systems into overarching totality.“
Lyotard, 1989, 27 und passim; Kleger, 1990, 95; Bonacker, 1997, 1 10f; Miller, 1992, 49. „(...) In der Regel gehen (die intrasystemischen) Konflikte sogleich in intersystemische Konflikte über“ (52, Einfügung durch den Verfasser). Miller (50), der ähnlich Scharpf einem akteurstheoretisch ontologischen Systembegriff folgt, nennt hier den Konflikt über die Wiederautbereitungsanlage in Wackersdorf als Beispiel. Vgl. auch Willke, 1993, 106. Brodocz (1996, 375) versucht, Verteilungskonflikte als Verbändekonflikte zu fassen. Das ist aus unserer Sicht aber nur insofern plausibel, als daß mit den Verbänden und Organisationen nicht gleichsam die Funktionssysteme am Verhandlungstisch sitzen, sondern die Konflikte in zumeist politisch geführten Verhandlungen zum Teil politisch, zum Teil ökonomisch und zum weiteren Teil rechtlich gehandhabt werden.
Exemplarisch für diese Denken Bußhoff (1993, 132): „Die Kommunikationsfähigkeit der anderen gesellschaftlichen Teilsysteme ist zwingend; sie ist einerseits Bedingung für ein »geordnetes Überleben« des jeweiligen gesellschaftlichen Teilsystems; sie ist Bedingung sowohl für die Selbststeuerung als auch Fremdsteuerung; sie ist Folge und Bedingung (und umgekehrt). Die gesellschaftlichen Teilsysteme müssen also im Zuge der Co-Ausdifferenzierung jeweils eine Funktion, ein Subsystem, für kommunikative Tätigkeit dieser Art ausdifferenzieren.“
Vgl. Briefs, 1972, 142.
Vgl. Schimank, 1992b, 238. „Spezifische Interessenskonsense trotz generellem Orientie-rungsdissens“ der Teilsysteme, wie Schimank (ebd.) sie für möglich hält, sind aber nur aus einer Beobachtung zweiter Ordnung zu erkennen und für die Teilsysteme selbst unsichtbar. Sie sind, wie auch Schimank beobachtet, weder durch „Zivilreligion“ im Sinne von Grundwerten als Metarationalität, durch Sprache oder übersetzende Akteure zu erzielen, noch aber, wie Schimank hingegen behauptet, durch „reflexive Interessen“ zu erreichen. Reflexive Interessen sind hier (263ff.) solche Interessen, die sich auf die generellen Bedingungen der Verwirklichungsmöglichkeit spezifischer Interessen beziehen. Schimanks Verzicht auf einem generellen Orientierungskonsens in der Gesellschaftskoordination wird mit der Vorstellung eines universalen Integrationsmechanismiis intersystemischer spezifischer Interessenskonsense bezahlt. Schimank verfängt sich dabei, ähnlich wie Willke, in dem Widerspruch, einerseits mit Luhmann die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Metaebene zu negieren (250), um sie dann mit „reflexiven Interessen“ als intersystemischen „Generalschlüssel“ (sic!) doch wieder zu behaupten (267).
Luhmann, 1985, 2. Anders wiederum Hejl (1992a, 123) und Böhret/Konzendorf (1997, 113), was Beyme (1991a, 21) als möglichen Ausweg begreift.
Beyme (1991a, 21) unterstellt der Theorie sozialer Systeme deshalb eine Scholastik, ähnlich jener der Parsonschen AGIL-Matrix oder der Staatsableitung der Marxisten.
In der Diskussion über den Ausstieg aus der Atomenergie, um in Millers (1992, 50) Beispiel zu bleiben, gibt es ohne Frage rechtliche, ökonomische und eben auch politische Differenzen. Nur liegen diese nicht miteinander in Widerstreit, sondern sind ausschließlich entlang der systemisch geltenden Rationalitätsparameter angelegt. Man kann sehr wohl zu dem Ergebnis kommen, daß ein Fortführen der Atomtechnologie ökonomisch rational, aber politisch unverantwortlich ist und zur Geltung dieser Positionen dann rechtliche oder wissenschaftliche Bedenken haben.
Eppler, 1998, 179 und 236. Vgl. auch 161ff. und 259. „Inzwischen wird schon der Verzicht auf jede Politik als modernste Form von Politik verkauft,“ konstatiert Eppler (Tanz ums vergoldete Ego, Die Zeit, 42/95, 4). Fast identisch Beck, 1995, 104f. Vgl. Giddens, 1997, 9ff; Habermas, 1993, 399ff. und Lübbe, 1971, 104ff.
Vgl. für einen Überblick das Positionspapier des Sachverständigenrats „Schlanker Staat“ Hill, 1997, 40ff. Vgl. auch Adamascheck, 1998 sowie die website: http://www.schlanker-staat.de/zum 4. Kongress und Fachmesse für Leistungsfähigkeit in Verwaltung, Verbänden und Organisationen: „Moderner Staat 2000“.
Vgl. Böhret/Konzendorf, 1997. „Aufgrund dieser Interdependenz, die zwar nicht zu einer Identität (Homogenität), aber zu einer Selbstähnlichkeit der Systeme beiträgt, kann von der Gesellschaft als Einheit gesprochen werden“ (113). Böhret/Konzendorf stellt sich das Steuerungsproblem funktional differenzierter Gesellschaft schlicht nicht, denn „Staat und Gesellschaft erweisen sich bislang in allen Phasen der Bundesrepublik als paßgerecht, d.h. als adäquat und hinreichend aufeinander bezogen“ (214).
Böhret/Konzendorf, 1997, 175. Die Paralellen zum Willkeschen Supervisionsstaat sind evident.
Vgl. Böhret/Konzendorf, 1997, 32; 119 sowie Böhret, 1979, 329ff. Luhmann (ÖK, 99) verweist jedoch darauf, daß Interdependenzen nicht auf Entdifferenzierung schließen lassen. Als ähnlich problematischer Import einer komplexitätsgeladenen Semantik erweist sich Landfrieds (1996, 263) Versuch einer steuerungstheoretischen Adaption der Chaostheorie. Demzufolge „(...) wären die Institutionen und Verfahren in Demokratien so zu gestalten und zu verändern (...), daß es möglich wird, bei der Erarbeitung politischer Programme langfristige Folgen, nichtlineare Prozesse, verschiedene Konzepte und Veränderungsgeschwindigkeiten und mehrdimensionale Vernetzungen der Variablen zu beachten.“
Böhret/Konzendorf, 1997, 216. Vgl. ähnlich auch Münch, 1992.
Palonens (1998, 99) Schema der „Topoi des Unpolitischen bei Weber“ präsentiert ein . Vgl. für eine Kritik des positivistischen Zweckrationalismus und der instrumentellen Vernunft aus der Perspektive einer normativen Vernunfttheorie Greven, 1999, 29f.
Mouffe, 1993, 115, Vgl. ebd. 1 sowie Eppler, 1998. Freilich hat auch Mouffe, wie Rasch (1997, 113) herausstellt, in ihrem Buch „The Return of the Political“ den dissensuellen Charakter des Politischen nur halb vollzogen und bleibt dem Third-Way-Konzept eines zwar kontroversen, aber auf Einheit abzielenden liberalen Sozialismus verhaftet.
Gegen den Vorwurf der relativistischen Entpolitisierung beansprucht Bauman (1995b, 339) das Politische auch für die Postmoderne: „(...) Alles, was an dem postmodernen Versprechen attraktiv ist, ruft nach mehr Politik, nach mehr politischem Engagement (...).“
Beyme, 1993, 209. Bemerkenswert ist Beymes partielle Öffnung hin zu den politisch orientierten Varianten postmoderner Theorie, in der er Luhmanns „Legitimation durch Verfahren“ sogar den Status eines Minimalkonsenses sozialer Ordnung konzediert.
Vgl. Mouffe, 1993, 131. Mouffe (117ff.) geht hier einen riskanten Weg, indem sie versucht, „to think with Schmitt against Schmitt“ (2), um eine liberalismuskritische Position zwischen Kelsen und Schmitt zu formulieren.
Entsprechend bezeichnet Beyme (1991b, 341) Lübbes Versuch, den politischen Primat zu retten, als „Neo-Schmittianismus“.
Greven, 1999, 94; vgl. ebd. 160f. Vgl. kritisch Agnoli, 1990 und Bermbach, 1990.
Vgl. Greven. 1999, 13: 40ff. und 54ff. Vgl. auch Kolakowski, 1991, 73.
Vgl. Greven, 1990, 226; 1999, 23; 62 und 103ff.
Greven, 1999, 105; vgl. auch ebd., 27. Anders als Beck, Scharpfund Willke fordert Greven (109) also keine partielle Entdifferenzierung, sondern betrachtet diese als ständige Handlungsoption gewaltbewehrter Politik.
Greven, 1999, 101; vgl. ebd., 46f, 80 und 99.
Vgl. Greven, 1990, 224ff.
Vgl. Greven, 1999, 123 und 171. Ein weiteres Indiz für den politischen Primat erkennt Greven in der politisch verordneten Schulpflicht und im politischen Eingriff in die Gesundheitsvorsorge (51).
„Der politische Raum einer Gesellschaft wird durch politische Kommunikation konstituiert“ schreibt Greven, 1999, 72. Da aber nicht alle Kommunikation politische Kommunikation ist, ist auch die Gesellschaft nicht allein oder auch nur vornehmlich politisch. „Die Erkenntnis, daß alles Politik ist, führt in die Irre, wenn sie nicht ergänzt wird durch die Einsicht, daß alles auch Ökonomie oder Kultur ist,“ kritisiert Beyme (1991b, 34) schon in der Frühphase des Grevenschen Projekts. Eine Erkenntnis, die, wie Beyme einräumt, vor allem der Systemtheorie zu verdanken ist. Vgl. auch Druwe, 1990, 234f.
Vgl. Greven, 1999, 94 und 140 sowie 2000, 41ff., „I argue, therefore,“ faßt Rasch (1997, 103f.) die Kritik an der Vergesellschaftung des Politischen zusammen, „that the political can only remain the political if it retains its autonomy, and it can only do so in a society where autonomy of spheres is the rule, not the exception.“ Rasch rezipiert Luhmanns Systemtheorie als postontologische Fortschreibung von Webers Konzept autonomer Sphären.
Greven, 1999, 55; vgl. ebd. 17.
Vgl. WDG, 346ff.
Daß die Dominanz eines Systems nur temporär vorstellbar ist, hat auch Schimank (1993, 241) festgestellt.
Arendt, 1987, 55. Vgl. zur Differenz von physischer Gewalt und systemischer Macht ausführlich 44ff. „Macht und Gewalt sind Gegensätze: wo die eine absolut herrscht, ist die andere nicht vorhanden“ (57). Daß auch Luhmann zuweilen zur Überhöhung der politischen Verfügung über physische Gewalt neigt, haben wir unter III.1. gezeigt.
Eppler, 1998,21.
Jenseits unterschiedlicher normativer Präferenzen gibt es eine Vielzahl von Beobachtungskongruenzen: Beispiele sind Grevens (1999, 69) Ablehnung eines rationalistischen, primär policy-orientierten Steuerungsbegriffs, die Anerkenntnis der grundsätzlichen Politisierbarkeit von Kommunikationen (78), die Ablehnung eines konsensualistischen Verständigungsaprioris (76), die Kritik der topologischen Vorstellung von Gesellschaftsakteuren als repräsentationsfähige Einheiten (80), die Skepsis gegenüber einer ausgeprägten Staat-Gesellschaft-Topologie (82), die Kritik eines primär institutionalistischen Politikbegriffs (86f), die Forderung nach politischer Verantwortung, Selbstbegrenzung und Bescheidenheit (159) und schließlich Grevens (1992) These des „demokratischen Dezisionismus“, die sich auf die normative Selbstreferentialität des Politischen gründet und von daher mit unserem Ansatz eines postheroischen Dezisionismus’ weitgehend übereinstimmt. Gleichwohl hält Greven (1990, 227) Luhmanns Theorie für widerlegbar und unterkomplex.
Siehe zu diesem oszillierenden „Multitasking“ psychischer Systeme II.5.
Greven (1999, 87) kritisiert, daß politisch virulente Kommunikationen von Unternehmensführern als informelle politische Akteure in der politischen Theorie kaum Berücksichtigung findet.
Greven, 1999, 225 (Hervorhebung durch den Verfasser); vgl. auch ebd. 195 und 223f. Beymes (1991b, 342) Begriff des „Linksschmittianismus“ bezieht sich auf Grevens in der Tradition der Frankfurter Schule gestellte Frage nach dem cui bono politischer Herrschaft. Daß aber ausgerechnet die materiellen Vorteile politischer Herrschaft in Form von Abgeordnetendiäten Grevens (Vgl. 110ff., insb. 118f.) These stärken sollen, scheint in Zeiten exorbitanter Managergehälter wenig überzeugend.
Vgl. LDV, 163 und Luhmann, 1977d, 167. Walter (2001, 5f.) macht darauf aufmerksam, daß eine programmatische Redifferenzierung allererst eine Reinstitutionalisierung inner-parteilcher Dissense voraussetzt.
Vgl. auch Brodocz, 1996, 363ff.
Die demokratische Wahl „(...) beschafft dem politischen System hohe Komplexität und strukturelle Unbestimmtheit, vor allem eine gewisse Unberechenbarkeit der Entscheidungslagen als Anreiz für die systeminterne Konstruktion und Eliminierung von Alternativen.“ LDV, 173. Vgl. ausführlich SA4 1271.; PTW, 44ff. und Luhmann, 1984b, 112 sowie zum Begriff der Redundanz Weizsäcker, 1984, 169 und passim.
Vgl. auch Luhmann, 1977a. Dabei liegt die Macht der Opposition in ihrer Ohnmacht, also in der Möglichkeit, nicht entscheiden zu müssen und trotzdem alles kritisieren zu dürfen.
„Nur die Auswahl unter verschiedenen Varianten führt zum Fortschritt, nicht die Beibehaltung der Uniformitäf, lautet Laskis (1972b, 76) Ergebnis. Vgl. Luhmann, 1968, 722ff.; SS, 27f. und 49; PDG, 308ff. Vgl. Beyme, 1991a, 9 und für eine evolutionstheoretische Einordnung des Fluktuationsbegriffes als Synonym für „Erstmaligkeit’’ und Fehlerfreundlichkeit Weizsäcker, 1984, 172f
Zu diesem Schluß kommen in ihrem kurzen politischen Resümee auch C. und E.U. v. Weizsäcker, 1984, 195.
Vgl. Luhmann, 1977d, 174. Habermas (1993, 406) konzediert der Systemtheorie diesbezüglich eine scharfsichtige Analyse der Aushöhlung des demokratischen Prozesses, wirft ihr allerdings vor, keine eigene Theorie der Demokratie zu bieten.
„But if the ideal of moral or political control of the social system is to be eschewed — and how can one seriously entertain an antagonistic pluralism if one also wants to reserve the right to regulate or pre-determine outcomes — then reproduction of differentiation as the condition of possibility for pluralism becomes the goal“, folgert auch Rasch (1997, 114). Anders als noch in der „Politischen Theorie des Wohlfahrtsstaates“ (PTW) hält Luhmann (PDG, 310) die programmatische Annäherung der Parteien allerdings für ein nicht zu beeinflussendes Ergebnis evolutionärer Fluktuationen.
Vgl. auch PDG, 191.
Vgl. Lefort, 1990a, 296 und Lefort/Gauchet, 1990, 109. Vgl. PDG, 309.
Vgl. BDM, 103 und Luhmann, 1992c, 384.
Daß das die funktionsspezifische Leistung von Organisationen ist, hat Baecker (1994, 93) gezeigt: „Organisationen sind Ansammlungen von Lösungen, die Probleme suchen.“ Vgl. auch PDG, 285ff.
PTW, 153f. Die anhaltend hohen Protest- und Nichtwählerquoten sind dafür lediglich ein Indiz. Siehe zum Konsensmythos II.6.
„When there is a lack of democratic political struggles with which to identify, their place is taken by other forms of identification, of ethnic, nationalist or religious nature, and the opponent is defined in these terms too.“ Mouffe, 1993, 5. Vgl. auch Luhmann, PDG, 228; Bauman, 2000, 28ff. und Hennig, 1997, 156ff.
Vgl. Walter, 2001, 5; Luthardt, 1991, 127ff. und zu Ansätzen einer Flexibilisierung der Parteiorganisationen Kießling, 2001, 34ff.
Deshalb fordert Greven (1999, 146 und 200) mehr Lernfähigkeit und „institutionelle Phantasie“.
Vgl. GDG, 164; PDG, 308ft. und Welsch, 1993, 52. Dissipative Strukturen sind u.a. suprastaatliche Konferenzen, inner-systemischeVerhandlungssysteme als Umweltantizipationsversuche, regionale Systeme, NGO, Public-Private-Partnerships, NSB, interaktive Chats und Internet-Pollings sowie virtuelle Parteitage und Landesverbände. Vgl. auch Teubner, Gunther: Das Recht der globalen Zivilgesellschaft, in: Frankfurter Rundschau, 31.10.2000..
Entsprechend formuliert auch Scamuzzi (1982, 102): „La funzione principale del potere, cosi come quella della comunicazione politica (...) sta nell’aumento della complessità dei sistemi rispetto all’ambiente di possibilità con cui essi entrano in relazione.“
Vgl. Weizsäcker, 1984, 180.
So mahnte bereits Kelsen (1981, 20) trotz der evidenten Schwächen der Weimarer Verfassung zur Vorsicht bei Eingriffen in die gewachsenen Strukturen politischer Prozesse. Bauman (1995a, 18) definiert: „Ontologically structure means a certain repititiousness, monotony of events; epistemologically, it means (...) predictability.“
Vgl. PDG, 151 und TDG, 188. C. und E.U. von Weizsäcker (1984, 173) sprechen von der „Fehlerkatastrophe“. Demzufolge ist ein Übermaß an Varianz ohne ein solides „Bestätigungsfeld“, also genügend stabiler Strukturen, „tödlich“ (184).
LDV, 161. Vgl. auch Palonen, 1998, 333.
SA4, 130. Vgl. auch ÖK, 169.
Vgl. hierzu Beyme, 1993, 44fr.
Dubiel, 1994, 112. Ähnlich C. und E.U. von Weizsäcker, 1984, 186.
Vgl. Luhmann, 1988a, 137. Vgl. für die politikwissenschaftliche Kritik auch Walter, 2001, 5 und im Überblick Beyme, 1984, 428ff.
Luhmann (SA4. 112) will entsprechend „(...) politische Theorie auffassen als Reflexion der Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung des politischen Systems.“
Vgl. Lindblom, 1979, 517ff. Vgl. auch Baecker, 1994, 116: „Fehlerfreundliche Systeme sind gleichzeitig Systeme, die sich selbst Fehler leisten, ja Fehler, falls sie isoliert werden können, sogar ermuntern, weil man nicht weiß, ob der Fehler von heute nicht der Strohhalm von morgen ist.“ Vgl. auch Dörner, 1989, 305ff.
Vgl. Lindblom, 1979, 525 und Scharpf, 1994, 386f. Etzioni suchte mit der „Zweiphasensuche“ hingegen eine dritte Alternative zwischen Rationalismus und Inkrementalismus (1975, 302 ff). Anders als Etzioni sehen wir nicht die Möglichkeit, dem Mikroinkrementalismus einen Makrorationalismus überzuordnen, sondern würden, in dieser Terminologie, umgekehrt ansetzen: Partieller Mikrorationalismus ist möglich und als Form von Komplexitätsreduktion kommunikationstechnisch unumgänglich. Diesem steht allerdings ein makrosozialer Inkrementalismus gegenüber, der jede Form gesellschaftstranszendierender Metatexte ausschließt.
Vgl. zur Kritik des Popperschen Wahrheitsbegriffs Hübner, 1993, 273ff.; Kuhn, 1967, 194ff. und zum Heroismus Napoleons Sloterdijk, 1998, 22ff. Zolo (1987, 235) spricht in bezug auf die empiristische Sozialtechnologie Popperscher Prägung vom „gnoseologischen Realismus“. Vgl. auch Bohret. 1979, 285ff. und Dörner, 1989, 254.
„Fehlerfreundlichkeit bedeutet zunächst einmal eine besondere intensive Hinwendung zu und Beschäftigung mit Abweichungen vom erwarteten Lauf der Dinge.“ Weizsäcker, 1984, I68f. Fehlerfreundliichkeit basiert demzufolge auf Fehlertoleranz, Lernbereitschaft und Exploration des Möglichen.
Habermas, 1993, 403. Ähnlich Zolo, 1997, 221. Vgl. Guggenberger, 1993b, 211.
Vgl. auch Luhmann, 1987a, 11.
Entsprechend begriff sich Hayek (1996, 321) als evolutionstheoretischer „muddler“ und „puzzler“, also als unorthodox tüftelnder Wissenschaftler. Dörner (1989, 87ff.) empfiehlt inkrementalistisches Vorgehen als Möglichkeit des Herantastens an hochverdichtete Komplexziele und der Dekomposition ihres inhärenten Reduktionismus.
PDG, 263. Vgl. SS. 441. „Damit erhöht sich die Irritabilität des Systems auf Kosten gemeinsamer Überzeugungen.“ PDG, 101.
Bateson (1995, 276) definiert: „Wenn eine Abfolge von Ereignissen eine Zufallskomponente mit einem selektiven Prozeß verbindet, so daß sich nur gewisse Ergebnisse des Zufälligen durchhalten können, dann soll diese Abfolge stochastisch sein.“ Stochastische Prozesse erzeugen also einen lose gekoppelten Bereich von Wahrscheinlichkeit, einen Viabi-litätskorridor. Das Neue muß informationshaltig sein, also different zum Bestehenden, ohne das Bestehende komplett aufzulösen.
Bateson, 1995, 64. Vgl. auch 60 und ausführlich 181ff.
WisDG, 138. „Zufall ist die Fähigkeit eines Systems, Ereignisse zu benutzen, die nicht durch das System selbst (...) produziert und koordiniert werden können“ und daraus „strukturierende Effekte“ zu gewinnen. GDG, 450. Vgl. auch TDG, 173 sowie PDG, 304. Störung im Sinne von Rauschen (noise). Vgl. hierzu Foerster, 1993b, 225ff.; Weizsäcker, 1984, 174f. und zur Einführung Baecker, 1996b.
„Ein Blick in neuere Managementtheorien lehrt, daß gerade im Stören (mehr als in anweisender Führung, die ja auch nur als Störung wirkt) die eigentliche Funktion des Managements liegt.“ PDG, 190. Daß sich Parteien durch Beratung in diesem Sinne irritieren lassen, ist allerdings noch nicht sehr wahrscheinlich. Vgl. auch Baecker, 1994, 52.
Vgl. ausführlich Josczok, 1989, 368 und Beck, 1986, 293ff.
Und Reversibilität ist Luhmann (1987a, 11) zufolge das Signum der Demokratie.
Lefort, 1990b, 52; Daß aber die Metapher des Spiels keinen leichtfertigen Umgang mit der ernsten Sache der Politik bedeutet, hat Dörner (1989, 309) gezeigt: „Wer Spiel nur als Spiel betrachtet und Ernst nur als Ernst, hat beides nicht verstanden!“ Vgl. Rorty, 1997, 78. Baecker (1993b, 140ff.) begreift Spiele im Anschluß an Huizinga als Möglichkeiten, die Dinge reichhaltiger und komplexer zu machen, um verschiedene Möglichkeiten des Umgangs zu testen. Ceruti (1991, 55) plädiert entsprechend für eine Wissenschaft des Spiels statt einer Wissenschaft der Zwangsläufigkeiten.
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Wefer, M. (2004). Politische Gesellschaft oder repolitisierte Politik?. In: Kontingenz und Dissens. Studien zur politischen Gesellschaft, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80950-6_5
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