Zusammenfassung
Eine der prominenteren Selbstbeschreibungen der Gesellschaft firmiert unter dem Begriff der Moderne als Wissensgesellschaft, worunter vereinfacht dargestellt die zunehmende Wissensbasierung der funktional ausdifferenzierten Teilbereiche gefasst wird, wie unter anderem des Wirtschaftssystems, des politischen Systems oder des Gesundheitssystems, aber auch von im Kontext dieser Systeme operierenden Organisationen. Die moderne Gesellschaft ist aber gleichwohl nicht nur wissensabhängig, sondern sie ist zudem polykon-textural strukturiert und damit kontextabhängig (Günther 1979). In diesem Sinne ist auch die Verwendung von Wissen immer kontextbezogen, oder anders formuliert: Das Wissen verändert im Übergang von einem Systemkontext in einen anderen seine Form. In der Praxis ist diese Erkenntnis nicht unbekannt, dort weiß man seit langem, dass etwa wissenschaftliche Theorien nicht unbedingt das Handeln verbessern. Aber auch in den Sozialwissenschaften hat sich diese Erkenntnis seit Mitte der 1980er Jahre im Kontext der sogenannten Wissensverwendungsforschung mehr und mehr durchgesetzt. Dort wird heute nicht mehr von einfachen Transfer modellen ausgegangen, die besonders im Zuge der Bildungsreform seit den 1960er Jahren der Wissenschaft eine höhere Rationalität als der Praxis zugeschrieben haben, sondern von differenzierteren Tranformations modellen, bei denen es vereinfacht dargestellt um die These geht, dass etwa das an der Hochschule forschungsmäßig generierte wissenschaftliche Wissen auf dem Wege in die Berufspraxis der mit diesem Wissen an den Hochschulen ausgebildeten Praktiker umgeformt und umkontextuiert werden muss.
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Kurtz, T. (2004). Wissensvermittlung im Kontext von Person, Organisation und Neuen Medien. In: Meister, D.M. (eds) Online-Lernen und Weiterbildung. Bildung und neue Medien, vol 5. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80918-6_9
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