Zusammenfassung
Die Unterstützung eines hilfebedürftigen Menschen ist ein äußerst voraussetzungsvolles Geschehen. Schon die Wohltätigkeit, die man etwa einem Bettler gegenüber übt, impliziert eine Fülle motivationaler Bedingungen, die sich im Spannungsfeld individueller und kollektiver, affektiver und affektiv neutraler, reziproker und altruistischer Vorstellungen bewegen. Erschöpft sich die erwiesene Hilfe nicht in einer punktuellen Leistung, wie etwa einer einmaligen Spendengabe an Bedürftige, sondern besteht sie in einer dauerhaften Hilfebeziehung, so eröffnet sich ein weites Feld an Motivationslagen, Kalkülen, Wissensbeständen und Erwartungen, die als wechselseitige Prozesse zwischen Helfer und Hilfeempfanger in dieses Spannungsfeld eingebettet sind. Die Hilfebeziehungen werden dabei um so voraussetzungsvoller, je mehr Hilfeempfanger und/oder Helfer am Geschehen beteiligt sind und entsprechend ihre teils ähnlichen, teils unterschiedlichen Verständnisse von den Begründungen, Bedingungen und Zielen des Helfens in die Situation einbringen. Ist Verhaltenssteuerung (z.B. im Hinblick auf Hilfeverhalten) durch Motivationslagen, Wissensbestände und Erwartungen der Beteiligten teilweise vielleicht auch biologisch-anthropologisch zu erhellenden Dispositionen geschuldet1, so muss die soziologische Analyse doch zuallererst die mit individuellem Handeln untrennbar verknüpften kollektiven Bedingungen, die Motivations-, Wissens- und Erwartungskontexte, in den Blick nehmen.
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Literatur
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Blüher, S. (2004). „Liebesdienst und Pflegedienst“ — theoretische Überlegungen und empirische Befunde zur Vergesellschaftung in häuslichen Pflegearrangements. In: Blüher, S., Stosberg, M. (eds) Neue Vergesellschaftungsformen des Alter(n)s. Alter(n) und Gesellschaft, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80902-5_2
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